Die positive Gratiszeitung KW 46 22 | Page 6

6 15 . November 2022 • WERBUNG

Den Meistersingern auf der Spur

Im Rahmen seiner Forschung entdeckte Hermann Vinzenz spannende Hinweise auf das Innviertel .
AUROLZMÜNSTER , WIEN . Schon seit geraumer Zeit widmet sich der Germanist und wissenschaftliche Bibliothekar in Rente Hermann Vinzenz der Erforschung der Meistersinger in Österreich – sein Fokus liegt dabei besonders auf dem Nürnberger Schuhmacher Hans Sachs sowie dessen Schüler Georg Hager . Unter dem Meister ( ge ) sang werden die Gesangs- und Dichtkunst der Handwerker des 15 . und 16 . Jahrhunderts verstanden , die sich auch auf Wanderschaft begaben , um ihre Lieder vorzutragen und Ideen für neue Dichtungen zu sammeln .
GEORG HAGERS LIEDER ÜBER DAS INNVIERTEL Georg Hager hat rund 930 Meisterlieder ausgestaltet , wovon ca . 50 Bezüge zu Österreich aufweisen . Bei seiner umfangreichen Recherchearbeit stieß Hermann Vinzenz auf vier Dichtungen Hagers , welche sich auf Geschehnisse im Innviertel beziehen . Das erste davon stammt aus dem Jahr 1591 und berichtet von der Hinrichtung des Pfarrers Leonhard Kaiser in Schärding , an welche noch heute ein Gedenkstein an der Schiffsanlegestelle erinnert . Auch in „ Der Pfleger , Schuhmacher und Priester “ aus dem Jahre 1596 wird eine
Szene aus der Barockstadt am Inn geschildert . „ Der Bauer Lienl studiert “ stammt aus dem Jahr 1597 und erzählt von einer Begebenheit aus Braunau .
EINE BESONDERS FREUDIGE ENTDECKUNG Als in Ried Aufgewachsenen erfreute Hermann Vinzenz ganz speziell ein auf 1594 datiertes Meisterlied des Georg Hager , welches sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Stadt Ried im Innkreis bezieht . „ Hager wanderte durch Bayern – zu welchem ‚ Innbaiern ‘ im Mittelalter zugehörig war – und kam nach ‚ Rüet ‘ ( Ried ).
Hier fragte er den Mesner , warum der Hl . Christophorus in ganz Bayern nur außen an die Kirche gemalt würde . Dieser erwiderte dem Dichter , es sei hier Brauch , dass die Bauern am Markttag die übriggebliebenen Waren über Nacht vom Mesner in der Kirche verwahren ließen , um sie am nächsten Tag zu verkaufen . Ein Mesner jedoch habe früher Lebensmittel gestohlen und Mund sowie Beutel des Christophorus auf dem Gemälde in der Kirche mit Rahm und Milch bespritzt , als ob dieser das Fehlende verzehrt hätte . Daraufhin vertrauten die Bauern dem Heiligen nicht mehr und wiesen ihn aus dem Kircheninneren “, fasst der Historiker den Inhalt schmunzelnd zusammen .
HANS SACHS RIEDER MEISTERLIED AUS 1513 Der unermüdliche Forschungsdrang des 78-Jährigen wurde im heurigen Jahr noch ein weiteres Mal belohnt . Auf der Suche nach Antworten wandte sich Vinzenz an die Historisch-Wissenschaftliche Stadtbibliothek Nürnberg sowie den Experten Univ . -Prof . Johann Rettelbach , welcher seine These bestätigte , dass Hans Sachs ‘ Rieder Meisterlied „ O musica “ von den 6.200 Titeln seines Gesamtwerkes wahrscheinlich die älteste Überlieferung darstellt .
Auch wenn die ursprüngliche Aufzeichnung von „ O musica “ (= „ Ein Frauenlob “) verloren ging , so findet sich nach wie vor eine Abschrift des Nürnberger Meistersingers Valentin Wildenauer , der das Werk vermutlich in der ersten Hälfte des 16 . Jahrhunderts niederschrieb . Verfasst ist das Meisterlied im „ Goldenen Ton “, welchen Hans Sachs 1513 in „ Bairisch Ried “ erfand .
SELBSTVERFASSTE ODE AN DEN MEISTERSINGER Für seine unten angeführte Ballade in Sachsens und Goethes holprigem Knittelvers wurde Hermann Vinzenz im August verdient der Anerkennungspreis durch die Jury der Alberndorfer Kulturtage ( AKUT ) verliehen . Der Beitrag wird in der „ Alberndorfer Anthologie Nr . 15 “ erscheinen .
Vielen Dank für das Gespräch ! Susanne Gadermeir
„ Hans Sachs , der ‚ Tevtze Poet zv Nvrnberck ‘, schuf als Schuster ein gewaltig ‘ Werk , bestieg den Pegasus für seinen Ritt als Gesell zu Braunau und zu Ried .
Für Braunau floss aus seiner Feder , ohne Leisten , ohne Leder , über den Abt das Spiel vom ‚ Wildbad ‘, was verbot der Nürnberger Stadtrat , er sollt ‘ bei seinem Leisten bleiben und kirchliche Kritik vermeiden .
Mit Achtzehn er zu Ried aus Taufe hob ein Meisterlied , genannt das ‚ Frauenlob ‘, aus seinem Werk von halber Million – der Verse Zeilen seien Legion – die Eloge stellt uns heute dar wahrscheinlich das ältest Überlieferte gar .
Er zu Wels in blühend ‘ Jugend verjubelnd bei Gesellen seine Tugend , er solle meiden Laster eins zwei drei : ‚ Spil , trunckenheit und bulerey ‘. Dies rieten ihm in Kaisers Garten im Traumgesicht neun Musen , die aparten . Durch Poeterei auf Deutsch ohn ‘ Unterlass erklomm er nun die Stufen des Parnass .“
Hermann Vinzenz , Wien 2022