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AKTUELL
Olympischen Winterspiele Anfang 2022 in Peking nicht zu gefährden . Selbst wenn nur wenige Covid- 19-Fälle auftauchen , verhängt die Regierung einen Lockdown für ganze Millionenstädte , inklusive ihrer Häfen . So entstehen Containerschiff- Staus , die sich dann global von Hafen zu Hafen fortsetzen . Das liegt unter anderem daran , dass die Löschung von Ladung gar nicht so einfach ist , wenn die Besatzung , die zwar geimpft ist , nicht von Bord darf , weil deren Impfstoff nicht in der jeweiligen Region anerkannt wird ( z . B . chinesischer Impfstoff in der EU ). Zu guter Letzt schießt China nun wieder quer , indem das Politbüro Energie rationiert . Zum einen aus Umweltaspekten ( der Himmel über Peking soll zur Olympiade blau sein ), zum anderen wegen Lockdown-bedingter Ausfälle bei der Kohleförderung . Dies belastet die Industrieproduktion in China und damit alle Abnehmerindustrien und -länder . Erst wenn sich die globale Nachfrage beruhigt hat und die Angebotsseite wieder stabil ist und ausgeweitet wurde , sollten die Inputgüterknappheit und damit der entstehende Preisdruck abnehmen .
Arbeitsmarkt und Inflation : Der Druck nimmt weiter zu
Genau diese beiden Aspekte ( Güterknappheit und Preisdruck ) spiegeln sich auch in der deutschen Wirtschaft wider . Arbeitsmarktseitig läuft es sehr gut für die Bundesrepublik . Die Arbeitslosenquote hat im Oktober 2021 wieder Vorkrisenniveau erreicht . Kurzarbeit kommt nur noch vereinzelt vor , allerdings immer wieder im Automotive-Sektor , wo durch Chipmangel wochenweise die Bänder stillstehen . Davon abgesehen bestimmt der starke Fachkräftemangel den Markt und könnte daher schon bald zu höheren Lohnforderungen führen – vor allem mit Blick auf die derzeitige Inflationsrate . Alleine um diese auszugleichen , müssten die Löhne um mehr als 4 % zum Vorjahr steigen . Mehrere Faktoren machen sich hier bemerkbar . Zum einen sind da temporäre Effekte wie die Mehrwertsteuersenkung im letzten Jahr sowie die CO2-Steueranhebung im Januar 2021 , zum anderen geben Produzenten und Händler ihre hohen Produktionskosten an die Kunden weiter . Da das letztgenannte Phänomen nicht so schnell vergeht , sollte die Inflationsrate im kommenden Jahr im Jahresdurchschnitt sogar höher ausfallen ( 3,3 % in 2022 nach 3,1 % in 2021 ).
Geldpolitik : Wird die EZB reagieren ?
Gerade die Inflationsraten bewegen die Europäische Zentralbank sehr . Denn wenn die Konsumentenpreise länger oben bleiben , könnten die Lohnabschlüsse besonders hoch ausfallen und damit eine dauerhafte Preisspirale starten . Dann wäre die EZB spätestens gezwungen , über die Verringerung von Anleihekäufen eine weniger expansive Geldpolitik durchzusetzen . Es dürfte jedoch lange dauern , bis hierfür eine Mehrheit gefunden wird . Wahrscheinlicher ist , dass die EZB die Inflation lange verdrängt , um mit ihrer Politik die Staatsfinanzen vieler Euroraum-Länder zu stärken . Somit bleibt der Einlagesatz auch im Jahr 2022 unverändert niedrig .
Unternehmen : Alles paletti ?!
Im Jahr 2021 setzte sich das Paradoxon der niedrigen Insolvenzzahlen fort . Zwar werden einzelne Branchen vom Staat gestützt , in den Umfragen zeigen sie aber keine Zahlungsprobleme an und weisen Insolvenzrückgänge aus . Dieses Phänomen sollte sich so lange fortsetzen , bis der Staat nicht mehr in den Markt eingreift . Bis dahin sind wir aber nicht aus dem Schneider . Denn obwohl die Zahl der Insolvenzen fällt , steigen die Insolvenzschäden . Gemessen an den offenen Forderungen aus Insolvenzen ( ermittelt vom Statistischen Bundesamt ) hat Deutschland im August 2021 bereits ein Niveau von 44,4 Mrd . Euro erreicht und damit den Wert , der für das Gesamtjahr 2020 zu Buche stand . Das bedeutet : Das Jahr 2021 wird das „ teuerste “ Jahr seit 2009 werden , denn es gibt zwar wenige Insolvenzen in Deutschland , dafür aber sehr große . Ein Ende dieses Trends ist auch 2022 nicht in Sicht .
Christiane von Berg Volkswirtin für Nordeuropa
Coface
christiane . von-berg @ coface . com www . coface . de
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