Das Wirtz Luftschiff Das Wirtz Luftschiff | Page 46
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gesagt, hätte er so auf Ägypten gesehen? Damals gab es noch keine ´Draufsicht´; spätere
Maler entdecken sie.
Gleichzeitig mit Bleriot und Wright und deren ersten Kurzflügen entdeckten Pariser
Expressionisten, ´man müsse wie aus dem Flugzeug malen´. Doch trieben sie es wie
Geometrie; die neuen Farbwerte, die ´von oben´, sind noch garnicht entdeckt.
Casablanca mit abenddämmerdem Hafen! Im Westen, wo Madeira liegt, schwimmt ein
langer rubinroter Ring, Westpurpur, wie ihn Europa nicht kennt, an manchen Stellen über
schwebt von einem hellvioletten Erguß. Die Intensität der Farben nimmt zu; es ist, als
wolle die Sonne nicht fortgehen, sondern noch einmal zurückkehren. Plötzlich ist ein so
helles Gelb da, als reiße einer ein Streichholz an. Es sättigt sich mit sanftem Rosa, wie
man es sonst nur vom Aufgang her kennt. Blaugrün ruht der Himmel darauf, nilgrün, in
verdichteter Reinheit, nicht fliehend, sondern sich darbringend. Die Sonne ist schon um
zehn Grad hinunter, doch noch immer paradieren die Farben…
Mondnacht über Afrika. Die kalte Kette des Anti-Atlas blitzt manchmal wie polares Eis. In
der Funkkabine wimmert die Sendung: Tiefdruckgebiet in der Inner-Sahara. Vierhundert
Meter unter uns arbeitet das Meer wie getriebenes Silber. Durch leichten Mondrauch
schießt Mogador elfenbeinerne Lichter herüber… Man sitzt im halboffenen
Navigationsraum. Man hat den Kopf in die Hand gestützt und starrt in die weiße Nacht
hinaus. Das Herz ist einem schwer vor Glück wie ein Silberklumpen, man fühlt´s bis zum
Hals… Die Offiziere, man stört sie nicht, arbeiten mit leiser Stimme.
Herrlich! Man ist mit dem fliegenden Schiff ein Stück transparenten Geistes geworden.
Irisierend wie Luft und Mond. Aber die überwirkliche Freude dieser hochge-stirnten
Stunden entspringt nicht allein dem Naturgefühl. Wer jetzt nicht daran denken mag, daß
dies auch andere erleben müßten, der besitzt kein Sozialgefühl. Das Luftschiff, das den
deutschen Kaufmann in vier Tagen nach Rio bringt, schafft ihm dreizehn Tage Ersparnis;
denn der Dampferweg. Hamburg-Brasilien macht gute siebzehn Tage aus… Und doch nur
ein einziger ´Graf Zeppelin´? Das ist ein Aristokratismus – und wirtschaft-lich, menschlich,
fast unbegreiflich! Denn seit 1926 ver-hindert keine Beschränkung mehr den Bau von
Passagierluftschiffen…Ich rede mit Kapitän Lehmann davon, der mich über den Laufsteg
führt, durch das metallische Rückgrat des Schiffes. Alles ist üppig und sparsam zugleich.
Die Schmalheit erinnert an Barke und Segel. Überall Drähte für die Hand. Über dem Kopfe
die Gasballons. Zweihundert Meter Weg, neben Tanks, Benzinreservoiren und
Wassersäcken. Traumhaft bewegen sich hier die Sehnen, die Gelenke des Riesenfisches,
die dünnen Drahtbündel zum Seitensteuer, zum Höhensteuer, die vom Gehirn aus, der
Navigation, bedient werden. ´Das Geld fehlt` sagt traurig Kapitän Lehmann. ´Vor dem
Kriege waren wir reich, aber noch nicht weit genug, um Übersee-Luftschiffe zu bauen.
Heute haben wir die Erfahrung – aber wir sind eine arme Nation.´
Da! Eine Lücke im Ballonstoff! Ein jähes Fenster in Fahrtwind und Nacht… Wer das erlebt
hat, kann nie wieder arm sein: die salzweiße Küste Westafrikas, menschenleer, tierleer wie
der Mond. Wir schweben auf Gewehrschußweite an ihr entlang – nach Süden! Noch nie
fuhr Eckener diesen Weg. Sonst flog er zu den Kanarischen Inseln. Wenn eine Landschaft
staunen könnte; Brandungswellen, Steppe und Mond müßten uns und unser Schiff für
den ´fliegenden Holländern´halten. Der Kontinent! Der Kontinent! Heute läßt er den
Eckener nicht los. Er magnetisiert uns, als müßten wir Afrika immerdar umkreisen…
Wachen wir morgen in Kapstadt auf?
Zwei Stunden später: Die Sonne kommt. Weißer Nebel. Wo sind wir denn? Was sind das
für Wellen unter uns? Gelb-rote Dünnung… das ist ja Sand! Wir kreuzen über Rio de Oro,