DAS PFEFFER Vol. Juni 2013 | Page 24

24 DAS PFEFFER

IGS – Papenburg

Die Diskussion um eine Integrierte Gesamtschule( IGS) in Papenburg geht weiter. Das Spektrum der beteiligten Parteien ist ebenso bunt gemischt wie die Stellungnahmen zur IGS-Diskussion.
„ Nicht die IGS gefährdet die
Schulstandorte, sondern der demographische Wandel“
Die Grünen-Kreistagsfraktion will bei der Kreisverwaltung eine Umfrage unter den betroffenen Erziehungsberechtigten in Auftrag geben. Die SPD-Fraktion hält weiter an einer IGS für den Standort Aschendorf fest. Und auch die Papenburger CDU bleibt bei ihrer Entscheidung. Hermann Wessels am 23. Mai in der NOZ: „ Die rot-grüne Landesregierung setzt den Schulfrieden in der Fläche aufs Spiel und will die Einheitsschule. Im Landkreis Emsland haben wir dennoch die Chance, unser funktionierendes Schulsystem zu erhalten, wenn alle konsequent bleiben. Wer an dem Konsens ‚ Keine weitere IGS im Emsland‘ rüttelt, gefährdet die eigenen Schulstandorte und insbesondere die Gymnasien.“
Ob der populistische Begriff „ Einheitsschule“, der fast altbacken klingt, heute noch Wirkung zeigt, ist allerdings fraglich. Denn: Die IGS in Lingen erfreut sich größter Beliebtheit, und selbst die IGS in Veenhusen( Freie Christliche Schule) zieht bereits heute eine komplette Klasse aus den Bereich Papenburg in ihr Schulsystem- und das trotz langer Fahrwege und zusätzlichen Schulgebühren- Tendenz steigend, besagt die steigende Zahl der Anmeldungen. Die Möglichkeit des Schulsystems, von Gymnasialklassen problemlos in Realschulkurse zu wechseln und andersherum, erscheint gerade in der Pubertät vielen Eltern für ihre Kinder als sinnvoll, um das gewohnte Umfeld zu erhalten, während Schüler im klassischen System, die am Gymnasium für einige Zeit die Leistungen schleifen lassen, in der Regel die Schule und somit auch den Freundeskreis verlassen müssen.
Doch birgt die IGS eine Gefahr für die Schulen im Umkreis? Natürlich ist diese Frage berechtigt. Welche Schule auch immer IGS würde, sie wird mehr als gut besucht sein, denn der Wunsch nach dieser Schulform ist scheinbar nicht wegdiskutierbar. Kann der Zulauf auch aus anderen Regionen so groß sein, dass andere Schulen dadurch nur geringe Einbußen haben? Wir fragen nach bei Günter Buss, Fraktion Bündniss 90 / Die Grünen. An dieser Stelle bleibt zu erwähnen, dass die Stadt und somit ist das auch die Stellungnahme des Bürgermeisters, derzeit keine weiter Stellungnahme abgeben kann – mit Blick auf Hannover. Alle betroffenen Schuleiter haben zum Thema geschwiegen.
Günter Buss: Lassen Sie mich erst auf Ihre Einleitung eingehen. Die CDU hat doch durch ihre ewig gestrige Schulpolitik der vergangenen Jahre viele Schüler und Eltern im Regen stehen gelassen. Dr. Remmers hat absolut Unrecht, wenn er den Schulfrieden gefährdet sieht. Durch ein Blockieren der IGS wird doch erst Unfriede geschaffen, und die CDU zeigt wieder einmal, dass Elternwille für sie keine Rolle spielt. Vom Konsens, der hier besprochen wird, kann keine Rede sein, dieses Wort muss vielmehr durch „ CDU-Blockade“ ersetzt werden. Mittlerweile ist der Antrag der Grünen-Kreistagsfraktion leider abgelehnt worden, aber wir werden diesen Antrag als Stadtratsfraktion im Rat neu beantragen.
Herr Buss, Sie als Grüner sind für eine Gesamtschule. Allerdings würde ich ungern nur grüne Thesen hören. Wenn die Gesamtschule für Papenburg gefordert wird, muss man auch andere Schulstandorte berücksichtigen. Was glauben Sie, wie wirkt sich eine IGS zum Beispiel auf die Schule in Rhede aus? Heute besuchen dort- bis auf die Gymnasialschüler- alle Kinder die Oberschule. Wie lässt sich das ausgleichen, oder glauben Sie, das ist gar nicht nötig? Nicht die IGS gefährdet die Schulstandorte, sondern der demographische Wandel. Dadurch, dass wir immer weniger Schüler / Innen haben, wird es sehr wahrscheinlich sein, dass der eine oder andere Schulstandort geschlossen wird. Aus grüner Sicht werden wir aber versuchen, möglichst lange die Schulen zu erhalten.
Ist es realistisch zu glauben, dass andere Schulen ggf. keinen wirklichen Nachteil durch die IGS hätten? Der Kuchen ist nur einmal teilbar. Hat die CDU recht, wenn sie behauptet, gerade die Gymnasien seien betroffen? Und ab wann wird es problematisch? Das Gymnasium wird derzeit von rund 1.400 Schüler besucht, wie viele Schüler würde es an die IGS verlieren? Ich bin kein Wahrsager. Diese Zahlen kann man erst wissen, wenn es soweit ist. Ich glaube aber, dass die seit Jahrzehnten bestehenden Gymnasien nicht gefährdet sein werden. Die Gymnasien, die in den letzten Jahren dazugekommen sind, könnten eher betroffen sein. Aber ich glaube, dass sich ein
Gymnasium mit hoher Bildungsqualität immer durchsetzen wird.
Wie viele Schüler mehr würden durch die IGS eine Schule in Papenburg besuchen? Die IGS in Veenhusen macht gerade eindrücklich vor, dass sie aus allen Regionen Schüler zieht, scheinbar bisher ohne große Probleme. Durch eine Elternbefragung wollen wir dies herausfinden.
Warum denken Sie, ist diese Schulform für Papenburg nötig? Weil dieses Schulangebot in Papenburg fehlt und wir fest davon überzeugt sind, dass die meisten Eltern dies wollen.
Sollte die IGS beschlossen werden, steht ein nächstes Problem bereits vor der Tür. Die Heinrich-Middendorf-Schule in Aschendorf, die das Modell einst für sich sehr gut einwickelt hat, durfte sich zu Beginn Hohn und Spott anhören. Nun wollen auch andere Schulen IGS werden. Wie stehen Sie dazu? Wir wollen eine IGS in Papenburg, dabei ist der Schulstandort innerhalb Papenburgs zweitrangig. Vor einigen Jahren kam für uns auch nur die Heinrich-Middendorf-Schule in Aschendorf in Frage. Mittlerweile hat sich die Situation etwas geändert. Wir haben nun einen neuen Schulbau an der Heinrichvon-Kleist-Schule. Diese könnte sicherlich für eine IGS besser genutzt werden. Man darf aber die Eltern der IGS Apfel nicht im Regen stehen lassen und sollte einen Kompromiss finden.
Wie wichtig ist das Konzept einer IGS, um wirklich erfolgreich zu sein? Eine IGS funktioniert besonders gut, wenn Eltern, Schüler / Innen und Lehrer gemeinsam ein Bildungskonzept erarbeiten.
Wie sieht für Sie die Gesamtlösung aus? Wir brauchen einen Schulentwicklungsplan, der von der Politik seit Jahren gefordert, aber leider von der CDU blockiert wird.
Herr Buss, ich bedanke mich für das Gespräch. A. T. L