CEWE OnTour 04/2019 | Page 59

Fuchs am Bau: Bordalo II bringt seine »Big Trash Animals« an die Fassaden der Stadt. Klare Kanten, gut kombiniert: Das 2017 eröffnete Schiffsterminal baute Carrilho da Graça aus einer Beton- Kork-Mischung.  24 mm (KB)   f/11   1/160 s   100  ßer Beton vermischt mit Kork, ein Bauwerk, in dem Schrägen und Geraden eine harmonische Verbin- dung eingehen. Carrilho da Graça sagt, er könne hier am flachen Ufer auch wieder mit Schwüngen arbei- ten, die seinem Werk Bewegung verleihen. Oben auf der riesigen Dachterrasse weitet sich diese Dynamik in ein Panorama, das einem die Stadt zu Füßen legt. » Ich glaube, dass Rund sieben Kilometer west- meine Kunst ein lich des Terminals, ebenfalls di- organischer Teil rekt am Ufer des Tejo, erhebt sich ganz plötzlich, als sei es ei- der Stadt ist. « ne sanfte Welle, die aus dem Tejo Artur Bordalo, Künstler heraufschwappt, der neue Kunst- himmel der Hauptstadt. Das Mu- seu Arte, Arquitetura e Tecnologia ist nur zwölf Meter hoch, denn es soll die anderen Bauwerke der Umgebung nicht verdecken. Trotzdem zieht das geschwungene Gebäude alle Blicke auf sich. Ent- worfen hat das 7000 Quadratmeter große Museum die britische Architektin Amanda Levete. Sie ließ 14 936 Kacheln brennen und die komplette Fassa- de damit verkleiden. Jetzt glitzert der Fluss auf der Außenhaut des Museums wie die wild schillernden Schuppen eines Fisches. Ein paar Schritte weiter hinein nach Belém. Vor- bei am Hieronymus-Kloster und am Kulturzen- trum, dann steht man vor einer alten Hauswand, an der groß und grau ein Waschbär klebt, eine Skulptur aus Farbe und alten Plastikteilen. Dort, wo die Augen sein sollten, sprießen gelbe Blüm- chen hervor. Unten der Schriftzug: Bordalo II. Der Waschbär ist Teil der »Big Trash Animals«, die der Künstler an vielen Orten installiert hat. Nicht weit von hier, am Cais do Sodré mit seinen alten Markt- hallen, verziert ein bunter Fuchs die Mauern. In einer Fabrikhalle im Osten Lissabons steht Artur Bordalo, schwarze Hose, schwarzes Shirt, darauf der Schriftzug »Trash«. Gerade eben hat er eins seiner Werke verkauft, etwas, das aussah wie eine bunte Ratte. Er macht im Moment nur Tier- kunst. Tiere, die vom Aussterben bedroht sind. Oder die ihm gefallen. Uhus, Affen, Bären, auch Quallen. Er zertrümmert Stoßstangen, zerschnip- pelt Mülltonnen, zerschlitzt Autoreifen und fügt das alles, fein komponiert und mit Farbe besprüht, zu einem Kunstwerk zusammen. »Für viele ist es Müll«, sagt er, »für mich ein Schatz.« Sein Werk soll auf die Verschmutzung der Umwelt aufmerksam machen. Passt sein Werk nach Lissabon? »Ich glau- be«, sagt er, »dass meine Kunst ein organischer Teil der Stadt ist.« Manchmal wirkt die Stadt wie eine Inszenierung, wie eine überdimensionierte Figur von Bordalo II, eine Kulisse, in bunte Streifen zerschnitten und wild übereinandergeklebt. Jeden Monat eine Stadt, eine Region oder ein Land – das ist das Motto von MERIAN,­ das seit 1948 mit ­Reportagen, Essays und tollen Bildern Lust aufs Reisen macht. Weitere Informationen unter www.merian.de cewe.de 59