CEWE OnTour 04/2019 | Page 57

Der Schwung von Lissabon Künstler, Architekten, Designer: Die Hauptstadt Portugals ist voll von Kreativen, die ihre Stadt verändern. Mit spektakulären Bauten, aber auch mit Witz und Leichtigkeit. Text: Franz Lenze | Fotos: Lukas Spörl E Sieht aus wie eine riesige Welle, die in den Tejo schwappt: das 2016 eröffnete Kunst- museum MAAT. r springt auf, gleich bei der ersten Frage. »Das ist lustig«, sagt er, läuft ins Nachbarzimmer, seine Bibliothek, »ich habe ja«, ruft er von dort, »ein Buch darüber geschrieben«, er sucht kurz, kommt zurück, »aber so habe ich das noch nie ge- sehen.« Die Frage war eigentlich nur halb ernst ge- meint: Ist Lissabon eine weibliche Stadt? Im Fado wird sie immer als sinnliche Frau besungen, die sich an den Tejo schmiegt, den Fluss, der sich aus Spani- en herüberwindet und hier nun blau und breit in den Atlantik fließt. Aber Carrilho da Graça lächelt. Ganz klar sei die » Für mich ist Stadt weiblich. Er legt sein Archi- Lissabon ganz tektur-Buch auf den Tisch, der klar weiblich. « schlichte Titel »Lisboa«. Er blät- tert durch die Seiten, er tippt auf João Luís Carrilho da Graça, Architekt eine Zeichnung. »Hier kann man schön sehen, was ich meine. «Li- nien und Striche, die ein welliges Stadtbild formen, Lissabons Hügel und Täler, den Fluss.« Der Architekt João Luís Carrilho da Graça hat, wenn man so will, Lissabon neu erfunden. Der „Pa- villon des Wissens“, den er zur Expo 1998 errichtet hat, gilt bis heute als Musterbeispiel für Lissabons neue Architektur. Eine Reduktion der Form auf ihr Minimum, auf die gerade Linie und den rechten Winkel, die einem geschwungenen Gelände Halt geben. Er fährt sich mit der Hand über den grauen Bart. »Ich mag den Blick aufs Wesentliche.« Wir laufen runter zum Fluss, zum Terminal dos Cruzeiros, seinem neuesten Bau. Eine gigantische Schiffshaltestelle zwischen Fluss und Stadt, wei- cewe.de 57