Der Schwung
von Lissabon
Künstler, Architekten, Designer: Die Hauptstadt Portugals ist
voll von Kreativen, die ihre Stadt verändern. Mit spektakulären
Bauten, aber auch mit Witz und Leichtigkeit.
Text: Franz Lenze | Fotos: Lukas Spörl
E
Sieht aus wie
eine riesige Welle,
die in den Tejo
schwappt: das 2016
eröffnete Kunst-
museum MAAT.
r springt auf, gleich bei der ersten Frage. »Das
ist lustig«, sagt er, läuft ins Nachbarzimmer,
seine Bibliothek, »ich habe ja«, ruft er von
dort, »ein Buch darüber geschrieben«, er sucht kurz,
kommt zurück, »aber so habe ich das noch nie ge-
sehen.« Die Frage war eigentlich nur halb ernst ge-
meint: Ist Lissabon eine weibliche Stadt? Im Fado
wird sie immer als sinnliche Frau besungen, die sich
an den Tejo schmiegt, den Fluss, der sich aus Spani-
en herüberwindet und hier nun blau und breit in den
Atlantik fließt. Aber Carrilho
da Graça lächelt. Ganz klar sei die
» Für mich ist
Stadt weiblich. Er legt sein Archi-
Lissabon ganz
tektur-Buch auf den Tisch, der
klar weiblich. «
schlichte Titel »Lisboa«. Er blät-
tert durch die Seiten, er tippt auf
João Luís Carrilho da Graça,
Architekt
eine Zeichnung. »Hier kann man
schön sehen, was ich meine. «Li-
nien und Striche, die ein welliges Stadtbild formen,
Lissabons Hügel und Täler, den Fluss.«
Der Architekt João Luís Carrilho da Graça hat,
wenn man so will, Lissabon neu erfunden. Der „Pa-
villon des Wissens“, den er zur Expo 1998 errichtet
hat, gilt bis heute als Musterbeispiel für Lissabons
neue Architektur. Eine Reduktion der Form auf ihr
Minimum, auf die gerade Linie und den rechten
Winkel, die einem geschwungenen Gelände Halt
geben. Er fährt sich mit der Hand über den grauen
Bart. »Ich mag den Blick aufs Wesentliche.«
Wir laufen runter zum Fluss, zum Terminal dos
Cruzeiros, seinem neuesten Bau. Eine gigantische
Schiffshaltestelle zwischen Fluss und Stadt, wei-
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