Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Musik - Aus mystischer Sicht von Hazrat Inayat Kha | Page 21
Der Unterschied zwischen dem materiellen und dem spirituellen
Standpunkt ist, dass der materielle Standpunkt als erstes Materie
sieht, und der Meinung ist, dass Intelligenz und Schönheit und alles andere sich daraus entwickelte. Vom spirituellen Standpunkt aus
sehen wir zunächst Intelligenz und Schönheit; und daraus geht alles
hervor, was existiert. Vom spirituellen Standpunkt aus sehen wir,
dass man das Letzte als dasselbe betrachtet wie das Erste; und deshalb wohnt der Essenz des ganzen Seins als der Grundlage all dessen,
was existiert, Musik inne. Man kann sehen, dass in der Essenz des
Samens der Rose die Rose selbst ist, ihr Duft, ihre Form und Schönheit; und obwohl sie zuletzt vielleicht nicht offenbar wird, ist sie zur
selben Zeit doch da. Und derjenige, der sich nicht nur auf das äußere, sondern auch auf das innere Sein einstimmt und auf die Essenz
aller Dinge, bekommt Einsicht in die Essenz des ganzen Seins; und
deshalb kann er in gleichem Ausmaß sogar im Samen den Duft und
die Schönheit finden, die ihn in der Rose entzücken, und sich daran
erfreuen.
Der größte Irrtum dieses Zeitalters ist, dass die Geschäftigkeit so
zugenommen hat, dass es in unserem täglichen Leben wenig Spielraum für Ruhemomente gibt. Und Ruhe ist das Geheimnis aller
Beschaulichkeit und Meditation, das Geheimnis, in Einstimmung
zu kommen mit jenem Aspekt des Lebens, der die Essenz aller Dinge ist. Wenn man nicht gewohnt ist, Ruhepausen einzulegen, weiß
man nicht, was sich hinter seinem Sein verbirgt. Diesen Zustand
erfährt man, wenn man zunächst Körper und Geist mit Hilfe
von Reinigung vorbereitet; und indem man die Sinne verfeinert, ist
man fähig, die Seele auf das ganze Sein einzustimmen.
Es scheint kompliziert, und doch ist es so einfach. Wenn man
für seinen zuverlässigen Freund im Leben offen ist, weiß man so
viel über ihn; es ist nur eine Frage der Öffnung des Herzens; es ist
die Über-Ein-Stimmung mit dem Freund. Wir kennen seine Schwächen und Stärken, aber wir wissen auch, wie man Freundschaft erfährt und genießt. Wo es Hass, Vorurteil und Bitterkeit gibt,
geht Verständnis verloren. Je tiefgründiger der Mensch ist, desto
mehr Freunde hat er. Kleinlichkeit, Engstirnigkeit und Mangel an
21