Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus König Akbar und seine Tochter von Noor Inayat Khan | Page 25
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ie Hosen des Victor Hugo
A
uch der große Autor Victor Hugo war einmal klein, und
wie alle Jungen seines Alters hatte er eine Vorliebe für Kriegsspiele. Als Schlachtfeld diente ihm der Garten des Hauses Nummer 12
in der engen Feuillantinergasse in Paris. Sein Gefechtsstand war ein Kaninchenstall. Dort verteidigte sich der junge Kommandeur Victor gegen
seinen Bruder Abel, der als Feind gegen den Schutzwall des Stalls anstürmte. Sie bekriegten sich mit Rankenstäben von Hopfenpflanzen, die
sie aus der Erde rissen.
Nach beendetem Kampf waren ihre Kleider immer ziemlich ramponiert und Madame Hugo ärgerte sich schwarz über die vielen Löcher in
ihren Hosen.
„Die Jungen brauchen Lederhosen. Wenn sie die tragen müssen, werden sie sich schämen, aber das geschieht ihnen nur recht,“ dachte sie,
und rief die beiden Lausebengel zu sich: „Jungs,“ sagte sie, „wenn ihr
noch ein einziges Mal Löcher in eure Hosen reißt, dann mache ich euch
welche aus Leder, wie sie sonst nur die Drachen tragen!“
Dies war eine mächtige Drohung, und von jener Stunde an fand sich
auch nicht der kleinste Riss mehr in den Hosen der Jungen.
Eines Tages jedoch, Victor war gerade auf dem Heimweg von der
Schule, schritt ein Regiment Soldaten in goldgeschmückter Montur
durch die Straßen.
„Was ist das denn?“, fragte Victor, „diese Uniformen sehen ja toll aus!“
„Das ist ein Dragonerregiment“, antwortete das Kindermädchen.
An diesem Abend verhielt sich Victor mucksmäuschenstill. Seine
Mutter suchte überall nach ihm, umsonst, er blieb verschwunden. Endlich fand sie ihn, versteckt in einer Ecke des Gartens, wo er in aller Ruhe
dabei war, mit einer Schere Löcher in seine Hose zu schneiden.
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