Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Gathas - Weisheit der Sufis | Page 31

Teil I – Gatha I – Vom Ursprung des Brauchs des Verbergens der Frau die in der Einsamkeit meditierten und getrennt von der Welt lebten. Die Anziehungs- und Einflusskraft, die sie in solcher Weltabgeschiedenheit entwickelten, war geradezu ein Wunder. Sie gab ihrem Blick und ihren Worten Kraft und durchdrang ihre Atmosphäre. Dieser Brauch des Verbergens wurde dann von Königen und hochgestellten Persönlichkeiten nachgeahmt. Sie pflegten sich auf zwei verschiedene Arten zu verschleiern, wenn sie ausgingen. Bei der einen zogen sie von hinten her eine Bedeckung über den Kopf, die so gemacht war, dass sie vorn über die Stirn hinunter hängen und die Augen zur Hälfte bedecken konnte. Bei der anderen verhüllten sie das Gesicht mit einem Schleier, der an einer Art Umhang befestigt war, den sie sich über den Kopf legten. Die Propheten Israels trugen dies, und auf alten Bildern von jüdischen Propheten sieht man den Kopf immer mit einem Umhang bedeckt. Bei den Hindus gab es viele Yogi-Gemeinschaften, wie auch buddhistische Orden, deren Mitglieder eine Kopfbedeckung trugen. Dieser Schleier, – miqna genannt, – den auch Könige gebrauchten, wurde mit der Zeit im Osten zur Gewohnheit, und Damen von hohem Rang trugen den yashmak, wie er auf Türkisch heißt. Mehrere tausend Jahre lang war es bei den Priestern der Parsen Brauch, während des Gottesdienstes den Kopf mit einem Turban und einem Umhang zu bedecken. Die Frauen der Parsen haben lange Zeit die Gewohnheit beibehalten, den Kopf mit einem weißen Tuch zu verhüllen, was heutzutage jedoch weniger befolgt wird. In Indien ist es bei den Hindus wie bei den Muslimen Sitte, das Antlitz von Braut und Bräutigam mit einem Schleier aus Jasminblüten zu verdecken. Hinter all diesen verschiedenen Arten der Verschleierung von Kopf und Gesicht findet sich eine mystische Bedeutung. Nach Auffassung der Sufis besteht die menschliche Gestalt aus zwei Teilen: dem Kopf und dem Leib, – der Leib zum Handeln, der Kopf zum Denken. Da der Kopf zum Denken bestimmt ist, ist seine Ausstrahlung viel stärker als die des Körpers; die Haare sind in physischer Form gleichsam die Strahlen dieser Ausstrahlung. Es findet ein ständiges Ausströmen von Licht statt, dass man im Leben des Menschen wahrnehmen kann. Jede Tätigkeit – Sehen, Atmen, Sprechen – 31