Bücher über Interreligiöse Spiritualität, Meditation und Universaler Sufismus Die Gathas - Weisheit der Sufis von Hazrat Inayat | Page 28
Bei sehr vielen Menschen aus den verschiedensten Teilen der
Welt ist es Brauch, sich beim Grüssen zu umarmen. Dies hat zweifellos eine grosse psychische Bedeutung. Die beiden Arme sind die
beiden Richtungen der magnetischen Kraft, der positiven und der
negativen, und in der Brust liegt das Zentrum dieser beiden Kräfte.
Der Brauch will es, dass sie sich deutlich zweimal umarmen, einmal
von rechts und einmal von links. Das ist auch ein Austausch von
Prana, der wahren Lebensenergie, deren Zentrum sich in der Brust
befindet. In Persien und in Indien gibt es einen Brauch, wonach
eine jüngere Person, die eine ältere grüsst, den Kopf zur Brust neigt,
während die ältere sie bei den Armen nimmt und aufrichtet, als hätte die jüngere Liebe, Licht und Leben erbeten, was die ältere ihr gibt
und sie aufrichtet. Dies weist auch auf ein Gefühl der Bescheidenheit und Demut von der einen Seite und auf Hilfsbereitschaft und
Ermutigung von der anderen Seite. Bräuche wurden manchmal sehr
übertrieben, doch wenn das Gefühl echt ist, kann kein äusserer
Ausdruck je eine Übertreibung sein.
Bei Menschen mit Religion und Kultur gab es in allen Perioden
der Zivilisation den Brauch des Handkusses. Dieser Brauch entsprang einem natürlichen Instinkt des Lebens. Das Tier möchte in
alles hineinbeissen, was gut riecht, und alles, was ein Kleinkind interessiert, wandert zuerst in den Mund. Dies zeigt, dass die Lippen der empfindsamste Teil am Menschen sind und fähig, Leben
zu geben und zu nehmen, was man mit Magnetismus bezeichnen
kann. Daher wird die grösste Zärtlichkeit, die man einem andern
im Gruss erweisen kann, durch den Handkuss ausgedrückt. Diesen
Brauch kann man auf der ganzen Welt antreffen, im Osten und im
Westen.
Wenn eine Skizze vom Geist des Menschen entworfen werden
soll, kann man ihn als Sonne mit fünf Strahlen zeichnen: einer gerade nach oben, je zwei an den Seiten nach oben und zwei nach unten
gerichtet. Das Ganze bildet den fünfzackigen Stern. Der Kopf des
Menschen, die beiden Arme und die beiden Beine bilden den äusseren Ausdruck dieser Strahlen. Wenn der Hindu die gesegneten Füsse eines Heiligen berührt, wird er von dem Gedanken geleitet, dass
er zunächst in den Bereich dieser beiden Strahlen gelangen möchte,
da die drei andern dann ganz von selbst auf ihn fallen, sobald der
Heilige ihm die Hände auf den Kopf legt und sein Haupt neigt, um
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