Bonalifestyle_1-2020 | Page 32

WEGWEISEND GRÜNGUT gemeindeeigenen Kehrichtfahrzeugen montiert werden, zu Leibe rücken. Die Kamera auf dem Kehrichtfahrzeug fotografiert das aufgeladene Grüngut: Eine «künstliche Intelligenz» ist so programmiert, dass sie Fremdstoffe vom Grüngut unterscheidet. Anhand dieser Daten zeigt sich, welche Tonnen mit Fremdstoffen verunreinigt sind. Den Verursachern geht es also an den Kragen. Zwar spuckt die intelligente Grüntonne (noch) keine konkreten Namen einzelner Abfallsünder aus, doch lassen sich die Standorte zuordnen. Und das ist schon sehr viel. Der intelligente Grüncontainer, den Biomasse Suisse in Zusammenarbeit mit Contena-Ochsner entwickelt hat, ist bereits in einigen Gemeinden erfolgreich getestet worden. Das Projekt ist nahezu marktreif und wird nun in der Schweiz bereits als Testversionen vertrieben. Das Interesse der Gemeinden sei riesig, betont Utiger. Offen ist hingegen, wie die Bevölkerung auf die intelligenten Grüncontainer reagieren wird. Sicher ist: Ökologie und Klima sind heute in aller Munde. Was sich Andreas Utiger zum Plastikproblem sagt und wie gross sein persönlicher ökologischer Fussabdruck ist, erklärt er in einem spannenden Gespräch. Andreas Utiger, sind Sie mit Ihrem persönlichen ökologischen Fussabdruck zufrieden? Andreas Uriger: Ja, ich und meine Familie leben sehr umweltbewusst. So sind wir seit Jahren nicht mehr mit dem Flugzeug in die Ferien geflogen. Ich bin meistens mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs und tanke das Familenauto mit Biodiesel aus gebrauchtem Pommes-Frittes-Öl. Auf unserem Hausdach haben wir eine Photovoltaikanlage montiert, die den gesamten Strombedarf unserer Familie abdeckt. Beheizt wird das Haus durch eine Holzschnitzelheizung. Wir essen relativ wenig Fleisch und bevorzugen regionale Produkte. Trotz allem sind wir keine «Ökofundis» und respektieren auch, 30 32 31 33 LIFESTYLE bona Fremdstoffe sind für alle Recyclinganlagen ein Problem wenn jemand nicht nach ökologischen Grundsätzen lebt. Plastiksäcke, Petflaschen, Verpackungen und andere Fremdstoffe im Grüngut: wie wirkt sich das genau aus? Fremdstoffe sind für alle Recyclinganlagen ein Problem, nicht nur für die grüngutverarbeitende Branche. Im Grüngut ist dieses Problem aber im Vergleich mit PET, Glas, Papier oder Karton grösser, weil sich die Fremdstoffe relativ schlecht maschinell aus dem Grüngut trennen lassen. Dies bedeutet für die Grüngutverarbeitung, dass entweder sehr viel Handarbeit geleistet werden muss, um die Fremdstoffe auszusortieren oder aber der Kompost mit Fremdstoffen verschmutzt ist. Die Landwirte weigern sich zu Recht, ein solches Produkt auf ihrem Betrieb einzusetzen. In der Folge muss der Kompost fein gesiebt werden und die grobe Fraktion verbrannt werden, was ökologisch nicht sinnvoll ist. Mit dem intelligenten Grünconatiner ist Ihnen ein grosser Wurf gelungen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen? In einem Medienbeitrag wurde ich auf eine österreichische Firma aufmerksam, die das Prinzip der Digitalisierung im Kehricht anwendet: In Österreich landen immer noch viele Wertstoffe wie Glas, PET und Metall im Kehricht, und mit dem Scanner detektiert man diese Wertstoffe. Da dachte ich mir, dass das Prinzip ja auch im Grüngut angewendet werden könnte. So nahm ich Kontakt mit der Firma auf und in der Folge starteten wir die Zusammenarbeit mit der Entwicklung des Scanners für das Grüngut. Gehen Sie davon aus, dass Sie das Problem mit der neuen technischen Lösung definitiv in den Griff bekommen werden? Ich sehe dies als ein mögliches Mittel, sozusagen als Puzzlestein in einem Ganzen. Es ist wichtig, die Bevölkerung für dieses Thema zu sensibilisieren. Dies ist eine Aufgabe, die nicht einfach erledigt werden kann, sondern sie muss in regelmässigen Abständen wiederholt werden. Einen Teil der Bevölkerung kann man aber mit Informationskampagnen nicht erreichen. Da helfen nur Sanktionen und allenfalls ein Ausschluss aus der Separatsammlung der Grünabfälle. Dies möchten wir aber nur als «ultimo ratio». Mit der digitalen Grünguttonne können die Gemeinden nun viel zielgerichteter mit der Bevölkerung kommunizieren. Wir denken, dass bereits das Wissen, dass bei einem Fehlverhalten Rückschlüsse auf die Verursacher gezogen werden können, einen positiven Effekt bewirkt. Dies zeigen im Bereich der Abfallentsorgung andere Beispiele, die mit Erfolg angewendet werden. Wir sind überzeugt, dass die Digitalisierung in diesem Bereich positive Auswirkungen hat, sind uns aber bewusst, dass damit auch Risiken verbunden sind. So hat die Skepsis gegenüber der Auswertung persönlicher Daten generell zugenommen. Mit der Unterstützung des BAFU (Bundesamtes für Umwelt) werden wir nun in ausgewählten Gemeinden die Auswirkungen untersuchen und daraus Erkenntnisse für die ganze Schweiz gewinnen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und den weiteren Verlauf des Projektes.