WEGWEISEND
GRÜNGUT
gemeindeeigenen Kehrichtfahrzeugen montiert
werden, zu Leibe rücken. Die Kamera auf
dem Kehrichtfahrzeug fotografiert das aufgeladene
Grüngut: Eine «künstliche Intelligenz»
ist so programmiert, dass sie Fremdstoffe vom
Grüngut unterscheidet. Anhand dieser Daten
zeigt sich, welche Tonnen mit Fremdstoffen
verunreinigt sind. Den Verursachern geht es
also an den Kragen. Zwar spuckt die intelligente
Grüntonne (noch) keine konkreten Namen
einzelner Abfallsünder aus, doch lassen sich
die Standorte zuordnen. Und das ist schon sehr
viel.
Der intelligente Grüncontainer, den
Biomasse Suisse in Zusammenarbeit mit Contena-Ochsner
entwickelt hat, ist bereits in einigen
Gemeinden erfolgreich getestet worden.
Das Projekt ist nahezu marktreif und wird nun
in der Schweiz bereits als Testversionen vertrieben.
Das Interesse der Gemeinden sei riesig,
betont Utiger. Offen ist hingegen, wie die Bevölkerung
auf die intelligenten Grüncontainer
reagieren wird. Sicher ist: Ökologie und Klima
sind heute in aller Munde. Was sich Andreas
Utiger zum Plastikproblem sagt und wie gross
sein persönlicher ökologischer Fussabdruck ist,
erklärt er in einem spannenden Gespräch.
Andreas Utiger, sind Sie mit Ihrem persönlichen
ökologischen Fussabdruck zufrieden?
Andreas Uriger: Ja, ich und meine Familie leben
sehr umweltbewusst. So sind wir seit Jahren
nicht mehr mit dem Flugzeug in die Ferien
geflogen. Ich bin meistens mit dem öffentlichen
Verkehr unterwegs und tanke das Familenauto
mit Biodiesel aus gebrauchtem Pommes-Frittes-Öl.
Auf unserem Hausdach haben wir eine
Photovoltaikanlage montiert, die den gesamten
Strombedarf unserer Familie abdeckt. Beheizt
wird das Haus durch eine Holzschnitzelheizung.
Wir essen relativ wenig Fleisch und bevorzugen
regionale Produkte. Trotz allem sind
wir keine «Ökofundis» und respektieren auch,
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bona
Fremdstoffe
sind für alle
Recyclinganlagen
ein Problem
wenn jemand nicht nach ökologischen Grundsätzen
lebt.
Plastiksäcke, Petflaschen, Verpackungen und
andere Fremdstoffe im Grüngut: wie wirkt
sich das genau aus?
Fremdstoffe sind für alle Recyclinganlagen ein
Problem, nicht nur für die grüngutverarbeitende
Branche. Im Grüngut ist dieses Problem
aber im Vergleich mit PET, Glas, Papier oder
Karton grösser, weil sich die Fremdstoffe relativ
schlecht maschinell aus dem Grüngut trennen
lassen. Dies bedeutet für die Grüngutverarbeitung,
dass entweder sehr viel Handarbeit
geleistet werden muss, um die Fremdstoffe
auszusortieren oder aber der Kompost mit
Fremdstoffen verschmutzt ist. Die Landwirte
weigern sich zu Recht, ein solches Produkt auf
ihrem Betrieb einzusetzen. In der Folge muss
der Kompost fein gesiebt werden und die grobe
Fraktion verbrannt werden, was ökologisch
nicht sinnvoll ist.
Mit dem intelligenten Grünconatiner ist Ihnen
ein grosser Wurf gelungen. Wie sind Sie
auf diese Idee gekommen?
In einem Medienbeitrag wurde ich auf eine österreichische
Firma aufmerksam, die das Prinzip
der Digitalisierung im Kehricht anwendet:
In Österreich landen immer noch viele Wertstoffe
wie Glas, PET und Metall im Kehricht,
und mit dem Scanner detektiert man diese
Wertstoffe. Da dachte ich mir, dass das Prinzip
ja auch im Grüngut angewendet werden
könnte. So nahm ich Kontakt mit der Firma auf
und in der Folge starteten wir die Zusammenarbeit
mit der Entwicklung des Scanners für das
Grüngut.
Gehen Sie davon aus, dass Sie das Problem
mit der neuen technischen Lösung definitiv in
den Griff bekommen werden?
Ich sehe dies als ein mögliches Mittel, sozusagen
als Puzzlestein in einem Ganzen. Es ist
wichtig, die Bevölkerung für dieses Thema zu
sensibilisieren. Dies ist eine Aufgabe, die nicht
einfach erledigt werden kann, sondern sie
muss in regelmässigen Abständen wiederholt
werden. Einen Teil der Bevölkerung kann man
aber mit Informationskampagnen nicht erreichen.
Da helfen nur Sanktionen und allenfalls
ein Ausschluss aus der Separatsammlung der
Grünabfälle. Dies möchten wir aber nur als
«ultimo ratio». Mit der digitalen Grünguttonne
können die Gemeinden nun viel zielgerichteter
mit der Bevölkerung kommunizieren. Wir
denken, dass bereits das Wissen, dass bei einem
Fehlverhalten Rückschlüsse auf die Verursacher
gezogen werden können, einen positiven Effekt
bewirkt. Dies zeigen im Bereich der Abfallentsorgung
andere Beispiele, die mit Erfolg angewendet
werden.
Wir sind überzeugt, dass die Digitalisierung
in diesem Bereich positive Auswirkungen hat,
sind uns aber bewusst, dass damit auch Risiken
verbunden sind. So hat die Skepsis gegenüber
der Auswertung persönlicher Daten generell
zugenommen. Mit der Unterstützung des BAFU
(Bundesamtes für Umwelt) werden wir nun in
ausgewählten Gemeinden die Auswirkungen
untersuchen und daraus Erkenntnisse für die
ganze Schweiz gewinnen. Wir sind gespannt
auf die Ergebnisse und den weiteren Verlauf
des Projektes.