BayernTurner 02 | 2022 | Page 34

34 EHRENSACHE
weg . Man kann die Jugendlichen nicht hier halten .“ , so Werner auf die Frage , ob er Nachwuchstrainer akquirieren kann . Der Trainer steht also täglich von 14:30 Uhr bis 20 Uhr alleine in der Halle , außer Donnerstag , denn da ist „ Opatag “, gibt der 2-fache Großvater stolz zu .
Wie der Trainer das schafft ? Mit sehr viel Organisation . In seinem Kunstturnleistungszentrum behält er den Überblick über alle seine Turner , beschäftigt alle und teilt sich die Zeit auf , um jedem individuell gerecht zu werden : „ Da vergeht die Zeit aber auch sehr schnell ! Das alleine zu stemmen ist nicht einfach , es ist eine Sache der Organisation , aber natürlich nicht optimal !“
Trainernachwuchs zu finden ist nicht einfach , denn es wird viel gefordert und wenig gezahlt . Auch wenn der Verein die Kosten für die Übungsleiterausbildung übernimmt , findet Werner keinen , der sich neben der herausfordernden Schule und dem zeitintensiven Leistungssport auch noch der Übungsleitertätigkeit widmet . Zudem ist die Sportart Turnen enorm komplex : „ Man muss eine Ahnung haben , man muss gut geturnt haben , um eine Vorstellung zu haben , wie die Methodik und Technik geht . Man kann das nicht einfach in einem Buch nachschlagen . Auch bei den Trainerausbildungen lernt man das alles nicht . Das reicht alles für den Breitensport , aber leider nicht für den komplexen Leistungssport !“, meint Werner Klöpper .
Der Trainerstab in ganz Bayern hat sich verkleinert , so gibt es nur noch fünf hauptberufliche Trainer im Leistungsturnen männlich . „ Und wenn die Alten gehen , dann gibt es ein Problem ! Man muss Trainer finden , die die Jungs in den Kader bringen “, äußert der Wahl-Mühldorfer besorgt .
Mit den Beschaffenheiten ändern sich auch der Sport und die Anforderungen
Nicht nur der Trainerstab hat sich über die Jahre geändert , auch die Geräte . Wo früher ein 17-jähriger Walter seine Bodenübung auf Gummibelag geturnt hat , ist heute ein Moskauboden mit Federn . Das Sprungbrett aus Holz hat heute Federn und statt des Pferds gibt es jetzt einen Sprungtisch . Auch die Barrenstangen haben sich geändert , genauso wie die Reckstangen und sogar die Riemchen haben mittlerweile ein Loch mehr . Die Beschaffenheiten haben sich in den letzten 40 Jahren enorm geändert . Damit werden auch die Anforderungen an die Turner von Jahr zu Jahr höher . Es gibt Entwicklungen , bei denen man schon vor 20 Jahren dachte , es wäre vorbei , es gäbe nichts neues . Erst war der Doppeltsalto das Maß aller Dinge , ein Jahr später wird bereits der Dreifachsalto geturnt . Mit der Gerätentwicklung kann man jetzt noch höher herausspringen und noch eine Drehung anhängen und es gibt wohl kein Ende .
„ Der Trend ist nicht gut “
„ Was der Körper dann aushält , ist die andere Frage , einige bleiben deswegen auf der Strecke . Es gibt auch immer weniger Turner in der Turnhalle . Diese Entwicklung ist in meinen Augen nicht gut “, ergänzt Werner besorgt . Viele Vereine sind den neuen Anforderungen nicht mehr gewachsen und können nicht mehr beim Leistungsturnen mithalten . Früher konnte Leistungssport in einer Schulturnhalle , wo man die Geräte noch selber auf- und abbauen muss , betrieben werden . Heute erfordert es zumindest eine Halle mit feststehenden Geräten und hauptamtlichen Trainern : Alleine um München herum gab es damals 20 Vereine , die Leistungsturnen betrieben haben , den Anforderungen jedoch nicht mehr gerecht werden konnten . Denn nur noch wenn das Umfeld passt , gibt es eine Möglichkeit dem Leistungsdruck Stand zu halten . Zudem mangelt es enorm an guten Trainern . „ Es gibt in Deutschland keine Ausbildung , bei der man lernt , wie man Turner zu Spitzenturnern trainiert . Das muss man sich aneignen . Man muss bereit sein , volle Kanne beim Leistungssport zu arbeiten , jeden Tag , auch an den Wochenenden . Und diese Bereitschaft reduziert sich , auch durch die wachsenden Anforderungen , leider immer mehr “, stellt Werner fest . Nicht nur der Trainermangel , auch der Mangel an Leistungsturnern macht Werner Sorgen : „ Wir brauchen wieder mehr Masse , denn durch die Masse entsteht auch eine gewisse Klasse und Qualität . Irgendwann haben wir sonst zu wenig Turner , auch in den Ligen !“
Turner sind Alleinunterhalter – andere Länder gehen mit gutem Beispiel voran
Als Leistungssportler ist man nicht abgesichert , man turnt , weil es einem Spaß macht . Davon leben können in Deutschland nur die Wenigsten . Turnerinnen und Turner können , solange sie im Kader turnen , eine Ausbildung bei der Sportgruppenförderung bei der Bundeswehr oder dem Bundesgrenzschutz machen . Das ist gut ! Aber man ist an diese Berufe gebunden . Studieren neben einer erfolgreichen Turnkarriere gestaltet sich hingegen durchaus schwieriger . „ Auch mit der Sporthilfe und den Zuschüssen , die man bekommt , ist es zu wenig um beispielsweise die Miete in München zu bezahlen “, erinnert sich Werner zurück . Auch die zeitliche Organisation von Studium und Wettkämpfen kann herausfordern sein : „ Bernhard Simmelbauer , der damals Medizin studiert hat , musste frühzeitig von den Olympischen Spielen zurück , weil ein Professor darauf bestand , dass er die Prüfung an dem Tag mitschreibt !“ , erzählt der BTV-Honorartrainer .
Andere Nationen garantieren ihren Turnern , die auf internationaler Ebene turnen , einen festen Job , den sie frei wählen können . Zudem wird ein Studium und ihre Wohnung gezahlt , sie werden finanziert , und nicht alleine gelassen . Das wünscht sich Werner auch für die deutschen Turnerinnen und -turner .
„ Die Jungs müssen ja auch Spaß haben !“
Nicht nur die Finanzierung der Leistungssportlerinnen und -sportler würde Werner ändern , wenn er könnte . Er wünscht sich in Zukunft eine bessere Bezahlung und Anerkennung für Trainer sowie eine studienmäßige Ausbildung speziell für den Leistungssport Turnen , „ auch wenn es heutzutage natürlich den Vorteil von YouTube gibt , und man sich durch die Videos einige Methoden und Techniken aneignen kann “