BILDEN
Politikwissenschaftler Eric M . Uslaner hat es auf den Punkt gebracht , als er sagte : Vertrauen ist die Hühnersuppe des gesellschaftlichen Lebens . Vielen BulgarInnen fehlt jedoch das Vertrauen in ihre Institutionen und PolitikerInnen , da sich ihrer Auffassung nach die eigene Situation seit dem Ende des Kommunismus nicht spürbar verbessert hat . Der sogenannte Civic Health Index , ein von der Sofial Platform Foundation erarbeitetes Instrument , misst das Vertrauen der BürgerInnen in politische Institutionen . Demnach liegt im März 2021 das Vertrauen in das bulgarische Parlament bei knapp 12 %, jenes in die Parteien bei 15 %. Aber auch den eigenen MitbürgerInnen wird wenig Vertrauen entgegengebracht . Überspitzt formuliert scheint für viele die vermeintliche Lösung darin zu liegen , vorteilhafte Beziehungen zu Mitmenschen aufzubauen und auf Gefälligkeiten zu setzen . Es fehlt zudem die Gewissheit , dass alle BürgerInnen die Gesellschaft aktiv mitgestalten können . Selbst wenn dieser Wille zur Veränderung vorhanden ist , verhindert der aktuelle Mangel an institutioneller Kooperation frühzeitig das Engagement vieler Bürgerinitiativen .
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In Lehrpläne und Fortbildungen investieren Wie ändern wir diese Situation ? Ich denke es gibt zwei Optionen , die sich gegenseitig ergänzen : Erstens , durch funktionstüchtige und vertrauenswürdige Institutionen . Und zweitens , in dem wir Engagement als einen Wert etablieren und verantwortungsvolles , demokratisches , aktives Handeln fördern . Hier liegt unser Fokus . Aus unserer Arbeit haben wir gelernt , dass man am meisten bewirken kann , wenn man an den formalen Bildungsbereich anknüpft . Neben unseren Aktivitäten im non-formalen politischen Bildungsbereich haben wir uns deshalb dafür entschieden einen Schwerpunkt auf die Verbesserung des Geschichtsunterrichts und die politische Bildung an Schulen zu setzen .
Schon vor der Einführung des Schulfachs Politische Bildung haben wir mehr als zwei Jahre lang Lehrpläne an 15 Schulen getestet . Dahinter steht ein Unterstützungsnetzwerk aus LehrerInnen , lokalen Institutionen und Trägern . Seit fünf Jahren bieten wir vom Bildungsministerium zertifizierte LehrerInnenfortbildungen an und unterstützen Lehrende dabei , sich mit Kontroversen auseinanderzusetzen , die vielen Perspektiven auf die neueste Geschichte Bulgariens zu verstehen und hierfür auch ihre SchülerInnen zu sensibilisieren . Dimitars SchülerInnen nehmen im Moment an einer Reihe von Fortbildungsmaßnahmen zu Medien , öffentlichem Diskurs , Desinformation und Wahlkampfrhetorik teil . Bei Simulationen schlüpfen sie in die Rolle von PolitikerInnen oder JournalistInnen und lernen dadurch wie Politik funktioniert und was gute journalistische Arbeit bedeutet . Sie sind in ihrem vorletzten Jahr an der Schule in Kardzhali . Bald dürfen sie wählen und über die nächsten Schritte ihres Lebens entscheiden . Man sagt , dass Menschen , die in Gebirgsregionen geboren sind , eine besondere Art der Neugier und Vorstellungskraft entwickeln . Eine , die sie ermutigt auf die andere Seite der Berge zu schauen , sich von klein auf vorzustellen , wie es dort wohl aussehen könnte . Wenn Dimitars SchülerInnen im nächsten Jahr Kardzahli zum Studieren verlassen , finden sie hoffentlich genug gute Gründe , um eines Tages wieder zurückzukommen . Denn Dimitar , seine Schule , die Gemeinde und wir brauchen sie .
Schauplatz Geschichte : In Kleingruppen wird der Wiedergeburt-Prozess erarbeitet und diskutiert .
Tür zur Vergangenheit : Die SchülerInnen treten symbolisch in die Geschichte des verlassenen Dorfes Oreshari ein .
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