Thomas PROROK
Good Governance : Ein Demokratiemotor für den Westbalkan ?
Wie gut ein Staat funktioniert , zeigt sich oft anhand unserer Erfahrungen im Umgang mit Behörden und Ämtern . Thomas PROROK weiß um die Probleme des öffentlichen Sektors in den Westbalkanstaaten . Der Verwaltungsexperte erklärt , an welchen Schrauben gedreht wird und warum Eigeninitiative und Transparenz dabei wichtig sind .
Thomas Prorok ist stellvertretender Geschäftsführer des KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung . Seine Expertise umfasst seit 20 Jahren die Themen Verwaltungsreform , Dezentralisierung , lokale Selbstverwaltung und EU-Integration . Er ist Mitglied des Vorstandes des IDM und des Beirates der Regional School for Public Adminstration des Westbalkans ( ReSPA ). Seit 2015 leitet er das BACID- Programm zum Aufbau von Verwaltungskapazitäten im Westbalkan und der Republik Moldau .
Zwei Drittel der BürgerInnen der Westbalkan-Länder * vertrauen ihren Regierungen und Parlamenten nicht . 71 % geben an , dass die Regierungen Korruption nicht effektiv bekämpfen . Diese Zahlen stammen aus dem neuesten Balkan Barometer , das jährlich die öffentliche Meinung in Albanien , Bosnien-Herzegowina , Kosovo , Montenegro , Nordmazedonien und Serbien zu wichtigen Fragen von Politik und Wirtschaft erhebt . Es sind Zahlen , die nachdenklich machen , vor allem , weil sie sich in den letzten Jahren nicht verbessert haben . Gleiches gilt für die Worldwide Governance Indicators : Hier misst die Weltbank in fast allen Ländern der Welt verschiedene Aspekte der Regierungsführung und Verwaltung . Auf einer Skala von -2.5 ( geringe Effektivität ) bis 2.5 ( hohe Effektivität ) rangieren die Länder des Westbalkans im Kriterium Government Effectiveness bei -0,62 bis 0,01 . Hierzu zählen zum Beispiel die Qualität der öffentlichen Services und des öffentlichen Dienstes . Der Vergleichswert Österreichs liegt bei 1,49 . Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Fragen der Rechtsstaatlichkeit und politischer Mitbestimmung .
Abwanderung der Unzufriedenen Die wohl dramatischste Konsequenz dieser Entwicklungen ist die Abwanderung , von der die gesamte Region betroffen ist . Die Weltbank sowie das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche haben zwischen 1989 und 2015 einen Bevölkerungsrückgang von 4,4 Millionen Menschen in der Region ausgemacht . Und das bei nur 18 Millionen BürgerInnen . Die Europäische Kommission
hat die Problematik erkannt und 2020 eine EU-Erweiterungsstrategie für den Westbalkan inklusive Roadmap für das Funktionieren der demokratischen Institutionen und eine Verwaltungsreform präsentiert . Diese macht den Zusammenhang von funktionierenden demokratischen Strukturen und einer » guten « öffentlichen Verwaltung sichtbar : Good Governance ist ein wichtiges Fundament für die demokratische Prosperität eines Staates . Das KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung engagiert sich am Westbalkan gemeinsam mit seinen Partnern mit drei wichtigen Initiativen , die in der Folge kurz vorgestellt werden .
Zivilgesellschaft als Korrektiv Das Projekt WeBER ist ein Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Organisationen des Westbalkans , welche die Fortschritte der Verwaltungsreformen in der Region überprüfen . Dabei legt das von der EU unterstützte Projekt besonderen Wert auf die Sichtweisen von BürgerInnen und der Zivilgesellschaft . Es verwundert nicht , dass insbesondere Transparenz , Partizipation und Offenheit der Verwaltung eingefordert werden . Die Ergebnisse sind zum Teil ernüchternd : So finden nur 13 % der befragten zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Region , dass die Entscheidungsfindung ihrer Regierung im Allgemeinen nachvollziehbar ist . Ein spezifischer Fokus liegt auf der Haushaltstransparenz , die sehr unterschiedlich ausgeprägt ist . In allen Ländern gibt es zwar Bestrebungen , die Transparenz der öffentlichen Budgets zu verbessern – in Nordmazedonien und im Kosovo wurden hierfür sogar
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