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A S O ! Januar 2015
Pflegestärkungsgesetz entlastet pflegende Angehörige
Zum Jahreswechsel tritt das neue Pflegestärkungsgesetz in Kraft. Mehr als zwei
Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu
Hause gepflegt, meist von Angehörigen
oder ambulanten Pflegediensten. Über
folgende Leistungsverbesserungen dürfen
sich pflegende Angehörige nun freuen:
Die Pflegesachleistungen erhöhen sich um
4 %, das Pflegegeld steigt um 2,67 %. Am Beispiel der Pflegestufe 1 von 450 € auf 468 €
Erhöhung der Pflegesachleistungen und
235 € auf 244 € Erhöhung des Pflegegeldes.
Die Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege (jeweils 1.612 €/Jahr) können künftig besser miteinander kombiniert werden.
Kurzzeitpflege als begrenzter stationärer
Aufenthalt hilft, wenn die Pflege zu Hause
zeitweise nicht möglich ist, z.B. wenn der
Pflegebedarf nach einem Krankenhausaufenthalt vorübergehend höher ist oder der
Angehörige die Pflege nicht gewährleisten
kann. Verhinderungspflege dagegen findet
in den eigenen 4 Wänden statt, für den Fall,
dass die pflegende Person selbst krank ist
oder etwa in Urlaub fahren möchte. Die
Verhinderungspflege kann auch stundenweise in Anspruch genommen werden, z.B. wenn der pflegende Angehörige
einen Termin wahrnehmen möchte und für
diese Zeit jemand beim Pflegebedürftigen
bleiben muss. Ab kommendem Jahr kann
nun die Hälfte des Betrags für Kurzzeitpflege auch für Verhinderungspflege (= 2.418 €)
genutzt werden.
Die Leistungen für Tages- und Nachtpflege
werden erweitert. Zusätzlich gibt es bisher
50 % der Pflegesachleistungen noch einmal
für Tagespflege. Ab nächstem Jahr stehen
100 % zusätzlich zur Verfügung. Bei Pflegestufe 1 bisher 225 € zusätzlich für Tagespflege, ab 2015 durch die Erhöhung 468 € pro
Monat zusätzlich für Tagespflege. Dadurch
steht deutlich mehr Geld zur Verfügung.
eingeschränkter Alltagskompetenz (i.d.R.
Demenz) diese Leistungen, nun erhalten
alle Pflegebedürftigen mit einer Pflegestufe
hierfür 104 € pro Monat. Finanziert werden
können damit Alltagsbegleiter für gemeinsame Spaziergänge, Arzt- oder Behördenbesuche, Begleitung bei Einkäufen u.v.m.
Zuschüsse für Umbaumaßnahmen und
Pflegehilfsmittel werden erhöht. Pro Umbaumaßnahme stehen ab 2015 bis zu
4.000 € zur Verfügung (bislang 2.557 €). Für
Pflegehilfsmittel wie Einweghandschuhe
werden künftig monatlich 40 € erstattet,
dies sind 9 € mehr als bisher.
Fragen rund ums Pflegestärkungsgesetz? Wir helfen gern:
Joachim Bauch, Pflegedienstleiter ambulanter Pflegedienst , Tel. 08251 / 88 56-53,
[email protected]
Niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote werden gestärkt. Bisher
bekamen nur Menschen mit erheblich
Infoveranstaltung im Haus der Senioren,
Hinterm Turm 4, in Aichach am 19. Februar
2015 um 14.30 Uhr
Joachim Bauch, Pflegedienstleiter ambulanter Pflegedienst und Leitung der Tagespflege
des Bayerischen Roten Kreuzes in AichachFriedberg, kommentiert das neue Gesetz:
meinsamen Essen, Basteln, Spielen oder
Musizieren Abwechslung vom Alltag zu
Hause.
Herr Bauch, wem nützt das Pflegestärkungsgesetz?
In erster Linie entlastet es pflegende Angehörige. Die meisten Pflegebedürftigen
möchten so lange wie möglich zu Hause
bleiben. Hier leisten Familienmitglieder
oft über Jahre Enormes, ich habe hiervor
höchste Achtung. Es ist toll zu sehen, mit
wie viel Liebe und Aufwand oft ein Leben
in der gewohnten Umgebung mit vereinten Kräften gestemmt wird. Leider vergessen dabei jedoch viele Angehörige, auf sich
selbst zu achten.
Was bringen die neuen Leistungen hier
ganz konkret?
Zum einen bringen die Erhöhung von Pflegesachleistungen und Pflegegeld finanzielle
Entlastung. Mindestens genauso wichtig ist meiner Meinung
nach, dass pflegende Angehörige nun mehr Angebote
wahrnehmen können, sich
selbst Freiräume zu schaffen.
Durch die Stärkung der Tagespflege haben noch mehr
Menschen die Möglichkeit,
ihren Angehörigen für einen oder mehrere Tage pro
Woche in einer Tagespflege
betreuen zu lassen und so
mehr Zeit für sich zu haben.
Der Pflegebedürftige wird von
zu Hause abgeholt und erlebt
als Tagespflegegast beim ge-
Haben Sie – als professionelle Fachkraft –
einen Tipp für pflegende Angehörige?
Eher einen Wunsch: Leider vergessen viele,
auf sich zu achten. Der Pflegebedürftige
steht so sehr im Mittelpunkt, dass manche sich keine Zeit mehr für eigene Arztbesuche nehmen, ganz zu schweigen von
eigenen Hobbies und Kontakt zu Freunden.
Diese Belastung meinen manche aushalten
zu müssen, bis es dann oft einfach nicht
mehr geht und die Pflege zu Hause nicht
mehr geleistet werden kann. Dann bleibt
für den Pflegebedürftigen oft nur noch das
Heim – was man ja eigentlich vermeiden
wollte. Hier wünsche ich mir, dass sich die
pflegenden Angehörigen nicht mehr aufopfern, sondern rechtzeitig an sich denken.
Was heißt das ganz konkret?
Es ist durchaus legitim, für den eigenen
Frisörtermin oder einen netten Kegelabend mit Freunden stundenweise Verhinderungspflege in Anspruch zu nehmen.
Pflege darf kein „Rund-um-die-Uhr-Job“
sein, jeder braucht Erholung und Zeit für
sich. Ich hoffe, dass die Betroffenen die
Erweiterung der Leistungen auch als
Signal verstehen, dass die Gesellschaft ihrer
Pflege allergrößten Respekt entgegenbringt. Ganz wichtig: Viele Beträge für
Kurzzeit-, Verhinderungspflege, Tagespflege, zusätzliche Betreuungsleistungen
verfallen, wenn sie nicht genutzt w \