ASO! Augsburg Süd-Ost April 2015 | Page 23

23 Stationärer Pflege – Gedanken und Denkanstöße Man läßt den Armen schuldig werden und überläßt ihn dann der Pein“ (Aeschylus 525-456 v. Ch.) Zwei Artikel in der AZ schreckten mich kürzlich auf, die an Aktualität nichts verloren haben. In jedem werden Zweifel am Handeln von Pflegekräften zum Ausdruck gebracht. Der erste: Claus Fussek wurde interviewt zu dem Thema „Überwachungskameras für Pflegezimmer“. Dabei endete die erste Frage: „...ist Ihr Misstrauen gegenüber den Pflegekräften so groß?“ Der zweite: „Polizei ermittelt im Seniorenheim“. Da wird ganz konkret auf eine möglicherweise „schuldig“ gewordene Pflegekraft hingewiesen. So eine Situation ist für alle Beteiligten und für alle Menschen, die sich berühren lassen, zum Weinen. Vieles, das ich zum Thema stationäre Pflege lese, verletzt mein soziales Gewissen. Deshalb fühle ich mich veranlasst, meine Gedanken dazu zu ordnen um Zusammenhänge besser zu verstehen. Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch, der in irgend einer Form mit der Pflege befasst ist, die würdevolle Pflege der pflegebedürftigen Mitmenschen zum Ziel hat. Mich bewegt die Frage: „Wer trägt wofür bzw. für wen Verantwortung?“, oder aus christlicher Sicht: „Wer ist (in diesem Zusammenhang) wem der Nächste?“ Als ehemalige „Angehörige“ habe ich im System stationärer Altenhilfe den Eindruck von einer Verantwortungsfolge gewonnen und zwar: ausgehend von den Pflegekräften zu Pflegedienstleitung zu Heimleitung zum Träger. Die bedeutendste Nähe besteht zwischen jenen, die auf persönliche Pflege angewiesen sind und jenen, die pflegen. Sie sind direkt aufeinander bezogen und kommen sich ganz nah. Die helfende Person ist den zu Pflegenden logischerweise der/die NÄCHSTE. Die Pflegedienstleitung hat eine Zwischenposition. Sofern sie nicht selbst an der Pflege beteiligt und Bezugsperson für die Bewohner ist, sind ihre NÄCHSTEN die Mitarbeiter/innen. Sie hat den Schlüssel für die Arbeitsatmosphäre sowie für die Fortbildung der Mitarbeitenden in der Hand. Auch ist sie Mittlerin zwischen den Angehörigen und den Pflegekräften, häufig auch zwischen Leitung und Pflegekräften. Sie ist an der Einstellung neuer Mitarbeiter/innen beteiligt. Für die Leitung sind aus meiner Sicht NICHT die Bewohner die Nächsten. Die Leiterin bzw. der Leiter stellt die Fachkräfte ein, die sie/er für geeignet hält den Anforderungen gerecht zu werden. Nicht nur die Weisungsbefugnis sowie die Aufsichtspflicht u.W., sondern auch die Fürsorgepflicht obliegt der Leitung. Somit sind ihre NÄCHSTEN die Mitarbeiter/innen. Für diese hat die Leitung die notwendigen und dem Anspruch an Pflege angemessene Arbeitsbedingungen zu bieten. Für den Träger sind die NÄCHSTEN die Leitenden. Ihnen hat er die finanzielle Sicherheit zu gewährleisten, damit sie die Voraussetzungen haben, ihrer verantwortungsvollen Funktion gerecht zu werden. Um überzeugend auf das politische Geschehen Einfluss nehmen zu können ist es für Trägervertreter zwingend notwend