GEBÄUDETECHNOLOGIE
Interview mit Frank Ernst , Geschäftsführer von BTGA , FGK und RLT-Herstellerverband Gebäudeautomation für mehr Effizienz
Der Aufstieg von Wärmepumpe und Fernwärme ist beschlossene Sache – dafür ebnet die Bundesregierung mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes den Weg . „ Systeme , die regenerative Energien nutzen , sind als Ersatz ökologisch und ökonomisch sinnvoll – beispielsweise können Systeme mit Wärmepumpen in Kombination mit einem weiteren regenerativen oder konventionellen Wärmeerzeuger die Energie aus der Umwelt besonders effizient nutzen “, erklärt Frank Ernst , Geschäftsführer des Bundesindustrieverbandes Technische Gebäudeausrüstung e . V . ( BTGA ), des Fachverbandes Gebäude-Klima e . V . ( FGK ) und des Herstellerverbandes Raumlufttechnische Geräte e . V . ( RLT-Herstellerverband ), im Interview mit der „ Armaturen Welt “. Gleichzeitig werde die Komplexität der Anlagentechnik in Gebäuden zunehmen und eine stärkere Gebäudeautomation für mehr Effizienz sorgen . Umbruch und Modernisierung der Gebäudetechnologie erfahren eine nie dagewesene Dringlichkeit .
Die Wärmewende hat auch großen Einfluss auf die Gebäudetechnik . Wie verfolgen Sie die politischen sowie gesellschaftlichen Diskussionen und Entscheidungen – eher mit Zuversicht oder aber mit Skepsis ? Frank Ernst : Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes sorgte bereits vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für Furore in der Gesellschaft und auch für Streit in der Regierung . Das Gesetz soll den Klimaschutz in Deutschland weiter voranbringen und Ausgangspunkt für den Umstieg auf Erneuerbare Energien beim Heizen sein . Dabei verunsichert es aktuell die Menschen und hat sogar zu einem Ansturm auf Ölund Gasheizungen geführt . Der vorläufige Stopp des sogenannten Heizungsgesetzes bietet die Möglichkeit , den Gesetzentwurf nun in einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren gründlich zu beraten . Die Verbände der Technischen Gebäudeausrüstung ( TGA ) appellieren an die Bundestagsabgeordneten , die nun zur Verfügung stehende Zeit zu nutzen , um den Inhalt zu überarbeiten und weitere Verbesserungen am Gesetz vorzunehmen .
Welche Bedeutung hat die Umstellung der Wärmeversorgung auf Wärmepumpe oder aber Fernwärme für Gebäude ? Frank Ernst : Im Gebäudebestand sind Öl- und Gasheizungen die am häufigsten vertretenen Wärmeerzeuger . Hatten diese Wärmeerzeuger aufgrund günstiger Energiepreise lange kaum Konkurrenz , sind sie heute aus umweltpolitischer Sicht nur noch bedingt zukunftsfähig . Außerdem sind viele der Ölund Gasheizungen veraltet . Oft ist die Erneuerung der Heizungs-Installation bzw . einzelner Komponenten deswegen die nachhaltigste Handlungsoption . Systeme , die regenerative Energien nutzen , sind als Ersatz ökologisch und ökonomisch sinnvoll – beispielsweise können Systeme mit Wärmepumpen in Kombination mit einem weiteren regenerativen oder konventionellen Wärmeerzeuger die Energie aus der Umwelt besonders effizient nutzen . Eine Hybridlösung kann aber auch bedeuten , zusätzlich eine Solarthermie-Anlage einzubinden . Wichtig ist hier , dass insbesondere in komplexeren Nichtwohngebäuden ein hohes Maß an Flexibilität der Versorgungsstruktur erhalten bleibt . „ One fits all “ -Vorgaben führen bei der Umstellung oft zu einem unangemessen großen Aufwand .
Welche Trends erwarten Sie zukünftig bei Klima- , Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie Trinkwassererwärmung / - versorgung ? Frank Ernst : Der Einsatz von Erdöl , Erdgas und Flüssiggas als Brückenenergieträger sollte in eine Zukunft mit regenerativen Energien führen . Aufgrund der aktuellen politischen Situation und der damit einhergehenden Verknappung von Erdgas ist dieses jedoch sehr kostspielig . Da eine sofortige und vollständige Umstellung der Gebäudewärmeversorgung auf regenerative Energien aus zahlreichen Gründen nicht möglich ist , müssen für den Übergang sinnvolle Hybridlösungen eingesetzt werden . Die Bestandsanlagen müssen dafür sinnvoll ergänzt werden . Dabei kann ein wesentlicher Bestandteil des Jahresheizwärmebedarfs bereits mit regenerativen Energien erbracht werden . Die restlichen Anteile des Jahresheizwärmebedarfs werden für die Übergangszeit weiterhin durch fossile Brennstoffe erbracht . Durch kontinuierliche Optimierungen des Heizungssystems und des Gebäudebestands kann die ( Spitzen- ) Heizlast von Gebäuden weiter verringert werden , beispielsweise durch die Erneuerung der Fenster , eine Verbesserung der Gebäudedichtigkeit , den Einbau von Be- und
Frank Ernst Foto : BTGA - Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e . V .
Entlüftungssystemen mit Wärmerückgewinnung und die Dämmung von Gebäudedecken und -wänden . Die Effizienz des regenerativen Wärmeerzeugers steigt durch diese Maßnahmen und weniger fossile Brennstoffe müssen verfeuert werden . Das Ziel muss sein , gemäß den Vorgaben der Bundesregierung bis 2045 gänzlich auf den Einsatz fossiler Brennstoffe verzichten zu können . Trinkwasser kann auf unterschiedliche Art und Weise erwärmt werden . In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene Systeme am Markt etabliert , die sich in der verwendeten Wärmequelle , dem Rohrnetzaufbau , der benötigten Vorratswassermenge , den Systemkomponenten , den Hygiene- und Komforteigenschaften , der erreichbaren Energieeffizienz und den Kosten unterscheiden . Die Auswahl des grundlegenden Systems erfolgt je nach Anforderung ( Temperatur , Durchfluss , Zapfmenge usw .) und der jeweils aktuell verbauten Technik . Der Trend , die zu bevorratende Menge an Trinkwasser so gering wie möglich zu halten , spiegelt sich auch in den marktverfügbaren Systemen wider : Speichersysteme weichen Systemen mit einer Erwärmung des Trinkwassers im
28 ARMATUREN WELT | AUSGABE 5 | SEPTEMBER 2023