Armaturen Welt September 2023 September 2023 | Page 16

ENERGIE & UMWELT

Im Interview : Dr . André Deinhardt vom Bundesverband Geothermie e . V . „ Wir stehen in Deutschland erst am Anfang “

Windkraft , Photovoltaik und Wasserkraft besitzen bei Politik , Wirtschaft und Gesellschaft seit Jahren ein wachsendes Renommee . Eine Akzeptanz , die die Geothermie lange Zeit nicht erfuhr . Die Bevölkerung machte sich vielmehr Sorgen , beispielsweise wegen der Risiken durch Erdbeben . Heute dagegen ist die Nutzung der Erdwärme ein Hoffnungsträger , um ehrgeizige Klimaziele zu erfüllen . Im Interview mit der „ Armaturen Welt “ erläutert Dr . André Deinhardt , Geschäftsführer Bundesverband Geothermie e . V ., wie das Potenzial der Geothermie einzuschätzen ist und welche Hürden trotz des Imagewechsels noch zu nehmen sind .
Lange Zeit führte die Geothermie in Deutschland eher ein Schattendasein – hatte Sie das geärgert ? Dr . André Deinhardt : Dass das volle Potenzial der Geothermie in der Vergangenheit nicht gesehen wurde , hat uns natürlich nicht erfreut . Umso mehr begrüßen wir es , dass das Thema Erdwärme im Diskurs angekommen ist – und sehen hier immer noch Luft nach oben .
Heute ist die Geothermie im Aufwind . Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat sie vor allem seit diesem Jahr deutlich stärker im Fokus . War diese Kurskorrektur überfällig ? Dr . André Deinhardt : Ja , das sieht man auch an der starken Nachfrage nach geothermischer Fernwärme . Nun gilt es , die Hürden abzubauen und Genehmigungsverfahren zu
André Deinhardt Foto : Bundesverband Geothermie e . V .
beschleunigen . Zudem braucht es Finanzierung und Förderung , gerade für kleine Kommunen und private Haushalte .
Welche Rolle gebührt der Geothermie im neuen Energiemix ? Welchen Beitrag vermag sie zu leisten ? Dr . André Deinhardt : Nur mit Geothermie und gleichzeitigem Energiesparen ist es möglich , das Ziel , bis 2045 klimaneutral zu sein , überhaupt zu erreichen . Ohne den Ausbau der Geothermie würde es , das hat eine Metastudie unserer Vizepräsidentin Prof . Dr . Inga Moeck gezeigt , eine Versorgungslücke von 138 TWh geben .
Mit dem Heizwerk Riem ging bereits 2004 die erste Geothermie-Anlage der Stadtwerke München ( SWM ) in Betrieb . Bis spätestens 2040 wollen die Stadtwerke München ( SWM ) den Münchner Bedarf an Fernwärme CO 2 -neutral decken , überwiegend durch Geothermie . Damit ist München bei dieser Nutzung deutschlandweit ein Vorreiter . Viele andere Städte werden zukünftig wohl nachziehen und ebenfalls auch auf Fernwärme setzen . Quelle SWM / Thomas Einberger
Warum sind Armaturen ein wesentlicher Bestandteil der Geothermie-Technologie – wie können sie zum Aufstieg der Erdwärme beitragen ? Welche Erwartungen gibt es an die Zulieferer ? Dr . André Deinhardt : Armaturen sind ein wichtiger Bestandteil der Geothermie-Technologie , da sie an zahlreichen Punkten , insbesondere z . B . im Thermalwasserkreislauf oder in der Energiezentrale eingesetzt werden . Sie haben zudem meist eine zentrale Aufgabe ( z . B . Druckregulierung ).
16 ARMATUREN WELT | AUSGABE 5 | SEPTEMBER 2023