Armaturen Welt September 2022 Sample | Page 36

BUSINESS WORLD Ein toxischer Mix aus Risiken

Die Pandemie ist noch immer nicht ausgestanden und China hält an seiner Null-Covid-Strategie fest , was zu unterbrochenen Lieferketten führt . Die Energiepreise explodieren und haben zusammen mit den Lieferkettenunterbrechungen und dem Rohstoffmangel die Gesamtinflation in die Höhe getrieben . Darüber hinaus macht sich der Fachkräftemangel zunehmend bemerkbar und wir haben den Klimawandel . In dieser Gemengelage wirkt der Ukrainekrieg wie ein „ Brandbeschleuniger “.
Russland ist drittgrößter Erdöl- und zweitgrößter Erdgasproduzent der Welt und gehört zu den fünf größten Produzenten von Stahl , Nickel und Aluminium . Darüber hinaus ist es mit fast 20 % des globalen Handels größter Weizenexporteur . Die Ukraine ist ein wichtiger Produzent von z . B . Weizen und Sonnenblumenprodukten . Als Konsequenz sind seit der russischen Invasion die Preise für Erdöl , Erdgas , Metalle sowie Nahrungs- und Düngemittel sprunghaft angestiegen . Infolgedessen hat Coface die Wachstumsprognosen für 2022 angepasst . Erwartungsgemäß zählen Russland und die Ukraine aufgrund der Sanktionsmaßnahmen und der Lieferkettenprobleme beziehungsweise durch die Zerstörung der Produktionsstätten und -mittel zu den größten Verlierern . Eine verbesserte BIP-Prognose erhalten Länder , die reich an Rohstoffen und zugleich kaum abhängig von Importen aus Russland und der Ukraine sind . Hierzu zählen Länder im Nahen Osten wie Saudi-Arabien oder der Iran . Gleiches gilt für einzelne Länder im südlicheren Afrika . Für Deutschland mit einer starken Energienachfrage rechnen unsere Experten nur mit einem Wirtschaftswachstum von 1,4 % für dieses Jahr .
… steigende Kreditrisiken Einmal im Quartal veröffentlicht Coface das Risiko-Barometer und ein Update der Länderrisikokarte . Dabei spiegelt das Länderrisiko die Wahrscheinlichkeit von erhöhten Zahlungsausfällen bei Exportkrediten in einem Land in den kommenden sechs Monaten wider . Die Skala reicht von A1 ( sehr geringes Risiko ) bis E ( extrem hohes Risiko ). Von einer Abwärtsrevision betroffen sind einige osteuropäische Länder wie z . B . Tschechien , Ungarn und Polen , die von Risikoklasse A3 in A4 rutschen . Bei diesen Ländern sind die EU-Sanktionen gegen Russland und die Rezession in der Russischen Föderation ausschlaggebend . In Süd- und Westeuropa spielt die hohe Inflation die Hauptrolle für die Abwertung , hier wurden Deutschland , Österreich , Frankreich , Portugal und Spanien von A2 („ niedriges Ausfallrisiko “) herabgestuft in A3 („ zufriedenstellendes Risiko “). Das „ neue “ Länderrisiko von A3 entspricht der Bewertung , die Deutschland auch bei den ersten eineinhalb Pandemiejahre innehatte . Sehr hohe Energie- und Rohstoffkosten stellen die Profitabilität von Unternehmen auf die Probe . Die Kunden und Konsumenten müssen deutlich mehr zahlen und fordern höhere Löhne , die Unternehmen belasten . Hinzu kommt , dass die Zuverlässigkeit Chinas als Zulieferland abnimmt .
Russische Exporte Während die Bedeutung Russlands auf deutsche Ausfuhren zu vernachlässigen ist , erscheint seine Rolle bei den Einfuhren mit einem Anteil von 2,7 % ebenfalls überschaubar . Aber : Hierzu zählen einige kritische Rohstoffe , die für das Funktionieren wichtiger Schlüsselindustrien genauso notwendig sind wie für den Umbau der Volkswirtschaft in Richtung Klimaneutralität . Laut EU-Kommission sind von insgesamt 25 wichtigen Rohstoffen 18 kritisch in Bezug auf das Angebot .
Die Länderrisikokarte von Coface ( Stand : Juli 2022 )
Im Rahmen des ökologischen Umbaus werden besonders Nachfrage und Bedarf an Lithium , Graphit , Kobalt , Nickel und Seltenen Erden steigen . Diese Rohstoffe werden für die Produktion von z . B . Batterien , Brennstoffzellen sowie Windkraft- und Photovoltaikanlagen benötigt . Die Nachfrage nach Seltenen Erden soll sich bis 2050 bis zu verzehnfachen . Der Produktionsanteil Russlands ist mit 1 % derzeit nicht vergleichbar mit der Rolle Chinas . Jedoch wird die Produktion von Seltenen Erden in Russland seit einigen Jahren besonders gefördert . Ein Dilemma : Einerseits soll Klimaneutralität bis 2045 in Deutschland bzw . bis 2050 ( EU ) erreicht werden . Andererseits sollen die Abhängigkeit von Russland verringert oder im Extremfall Handelsembargos verhängt werden . Beide Ziele gleichzeitig zu erreichen , wird nicht möglich sein .
Mit einer Warenkredit- bzw . Forderungsausfallversicherung schützen sich Unternehmen gegen Zahlungsausfälle und vor finanziellen Verlusten . Ganz gleich , ob sich die Abnehmer im Inland oder im Ausland befinden . Dabei bietet die WKV für Versicherungsnehmer folgenden Nutzen : � Bewertung der finanziellen Situation von Geschäftspartnern � Erkennen riskanter Geschäfte � Entschädigung unbezahlter
Forderungen
� Einholen offener Forderungen mittels eines globalen Inkassonetzwerks
Gerade wenn Unternehmen investieren möchten bzw . Außenstände die Handlungsfähigkeit einschränken , kann Factoring ein passendes Instrument sein . Die Unternehmen profitieren beim Factoring von der direkten Liquidität , vom Wegfall des Ausfallrisikos und von einer Bilanzverbesserung .
Informationen das neue Gold Firmen , die ihr Risikomanagement „ inhouse “ abwickeln , möchten Geschäftsrisiken frühzeitig erkennen und die aktuelle Bonität von Geschäftspartnern bestmöglich einschätzen können . Das zentrale Wort ist „ aktuell “. Denn die Märkte sind extrem volatil und das Veränderungsrisiko ist hoch . Es ist komplexer und schwieriger geworden , die Risikosituation eines Unternehmens einzuschätzen . Daher investierten Firmen mehr Zeit in die Risikoprüfung . Wir beobachten eine Abkehr von automatisierten Kreditentscheidungen und ein steigendes Interesse an tagesaktuellen Wirtschafts- und Bonitätsauskünften . Wie kommen Unternehmen an diese Informationen ? Genau wie unsere Kunden sind wir als Kreditversicherer auf ein exzellentes Risikomanagement angewiesen , um Forderungs- oder Lieferantenausfälle zu verhindern bzw . um wie in unserem Fall dann nicht einspringen zu müssen . Um dem gestiegenen Bedarf an Business Informationen Rechnung zu tragen , hat Coface Anfang 2021 das Online- Tool iCON eingeführt . Dabei können Kunden einfach , schnell und intuitiv auf ein breites Spektrum an Informationsprodukten und Risikoanalysen zugreifen .
Ein Beitrag von Jochen Böhm , Regional Risk Underwriting Director bei dem Kreditversicherer Coface Nordeuropa .
36 ARMATUREN WELT | AUSGABE 5 | SEPTEMBER 2022