210728_KVWL Jahresbericht | Page 13

Im Austausch mit den Praxen ergaben sich wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die Strukturen und Prozesse im Fehlermanagement . Die erste Empfehlung , wenn Praxisteams ein Berichts- und Lernsystem einführen wollen , lautete deshalb : Integrieren Sie in Ihre Teamsitzung einen festen Tagesordnungspunkt „ Was läuft gut , was kann besser laufen ?“ oder „ Lernen aus Fehlern “. Vielen Praxen half es , wenn die Führungskraft mit einem Beispiel voranging und berichtete , was ihr / ihm schon einmal passiert ist , wie sie / er damit umgegangen ist und welche Maßnahmen daraus abgeleitet wurden . Auch waren klare Verantwortlichkeiten hilfreich und notwendig : Wer soll berichten ? Wer sammelt die Berichte ? Wer bereitet den Punkt für die Teambesprechung auf ? Und wenn im Team Maßnahmen abgeleitet wurden : Aufschreiben , wer was bis wann zu erledigen hat . Vielen war dies aus dem Qualitätsmanagement ( QM ) bekannt ; für diejenigen , die das QM in der Praxis leben , war das Fehlermanagement nur ein logischer weiterer Schritt .
Als unumgänglich stellte sich eine Praxiskultur heraus , in der offen über Fehler gesprochen werden kann und niemand fürchten muss , bestraft zu werden . Als Bestrafung kann das Bloßstellen im Team , eine unhöfliche Zurechtweisung oder auch ein Augenrollen gewertet werden . Eine wirklich gelebte Fehlerkultur steigerte dabei nach Einschätzung des Teams vom Projekt CIRSforte die Mitarbeiterzufriedenheit , weil alle in der Praxis an Verbesserungsprozessen beteiligt sind und sich einbringen können . Nach dem Motto „ gemeinsam an einem Strang “ wurde der Teamgedanke gestärkt . Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel bei den Medizinischen Fachangestellte ( MFA ) trägt eine gute Praxisatmosphäre – in der mit- und nicht übereinander gesprochen wird – zur Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit aller bei .
„ Beim nächsten Mal müssen wir besser aufpassen “ hilft leider nicht
Überall können im Praxisalltag kritische Ereignisse autreten . Viele kritische Ereignisse wurden im Verlauf des Projekts berichtet : Denn alles , was im Zusammenhang mit der Patientenbehandlung steht , ist risikoanfällig . Genannt seien z . B . die Dokumentation , der Umgang mit Medikamenten oder Medizinprodukten , die Kommunikation innerhalb des Teams , mit Patienten , Zuweisern oder anderen externen Personen , die an der Behandlung beteiligt sind . Die Praxisteams , die am Projekt teilnahmen , haben eine wichtige Botschaft gelernt : Wenn etwas passiert , z . B . dass der falsche Patient im Behandlungszimmer sitzt oder die falsche Impfung verabreicht wird , hilft der Appell , beim nächsten Mal besser aufzupassen , nicht weiter . Hier muss in der Praxis die Frage gestellt – und ernsthaft beantwortet – werden , wie es dazu gekommen ist . Nur so können Vorkehrungen getroffen werden , die diesen Prozess sicherer machen .
„ Wie genau ist der Fehler abgelaufen und warum ist er aufgetreten ?“
Niemand will Fehler machen , aber jeder macht sie . Das liegt in der Natur des Menschen . Dabei wird jedoch übersehen , dass in den meisten Fällen nicht eine einzelne Person , sondern die Verkettung unglücklicher Umstände und das Versagen von bestehenden Sicherheitsbarrieren ursächlich sind . Deshalb ist es notwendig , den Ablauf zu hinterfragen und die Ursachen des Ereignisses zu analysieren . Denn nur dann können gezielte Maßnahmen abgeleitet werden , mit denen das Risiko eines
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