10 TITELSTORY
IM INTERVIEW
STATUSSYMBOL TV
„ Wie ein Gemälde an der Wand“
Es hat sich einiges getan, seit der Fernseher Einzug ins deutsche Wohnzimmer gehalten hat. Vom raren Luxusgut wurde er zum Massenphänomen, mittlerweile stehen in jedem Haushalt durchschnittlich zwei TV-Geräte.
Doch die Art zu wohnen und zu leben ändert sich, Räume werden anders genutzt, das soziale Leben hat sich verändert und der Computer samt Internet ist unverzichtbar – ändert das auch unsere Art und Weise fernzusehen? Das wollten wir von der bekannten Münchner Wohnexpertin Juliane Lehnicke wissen.
Denkt man an Wohnzimmer früherer Jahrzehnte, denkt man an Familien, die sich auf dem Sofa versammeln, um gemeinsam fernzusehen. Gibt es das heutzutage überhaupt noch?
Der Fernseher ist nach wie vor das zweitliebste Möbelstück, gleich nach dem Sofa. Die beiden Möbelstücke gehören nach wie vor zusammen. Das möglichst wohnliche und bequeme Sofa, oder besser gesagt die Sitzlandschaft, werden wie eh und je vor dem TV-Gerät platziert. Die Achse Fernseher – Sofa ist ungebrochen. Freunde und Familie sitzen gemeinsam vor dem Gerät. Aber es hat sich trotzdem viel verändert in der Art zu wohnen. Denn Fernseher sind zwar größer geworden, aber nicht mehr so platzraubend und auch nicht mehr platzgebunden, weil das Gerät nicht zwingend nah bei der Empfangsbuchse platziert werden muss. Man kann den Fernseher also überall in den Raum stellen oder ihn wie ein Gemälde an die Wand hängen. Dadurch wird man bei der Einrichtung freier in der Gestaltung. Beliebt sind auch Fernseher an Schwenkarmen. Denn im urbanen Raum ist Platz ein kostbares
Gut. Früher hatte jeder Raum eine feste Funktion: Esszimmer, Küche, Wohnzimmer. Das hat sich aufgelöst. Die Räume verschmelzen miteinander, manchmal ist es ein einziger großer Raum, nur vielleicht durch eine Säule getrennt. Da wird der Fernseher auf den flexiblen Arm montiert und ist dann von überall im Raum her einsehbar.
Gibt es neue Trends bei der Einrichtung?
Vor allem im hochpreisigen Einrichtungssegment gibt es einen Trend, den Fernseher fest in Möbel einzubauen, da kooperieren moderne Möbeldesigner wie interlübke oder Musterring mit TV-Herstellern. Die Geräte werden fest in die Wohnsysteme integriert, man kann sie auch einmal hinter einer Schiebetür verdecken oder im Unterschrank versenken, wenn der Fernseher unsichtbar werden soll – zum Beispiel bei einem gesetzten Essen oder einer Party.
Ein verdeckter Fernseher? Ist der Fernseher nicht eher ein Statussymbol?
Bei technikaffinen Männern ist er das auf jeden Fall – vor allem im Segment des Heimkinos. Da wird auch nichts verdeckt. Der große, elegante Fernseher mit perfektem Bild und vielen Funktionen in Kombination mit einer tollen Soundanlage, das wird schon gerne den Freunden vorgeführt. Vor so einem Gerät sitzt der Freundeskreis und schaut Fußball oder
Filmklassiker. Generell ist es so: Je länger die Leute auf einen Fernseher sparen müssen, umso wichtiger wird er für sie. Bei geringeren Einkommen steht ein schönes, großes TV-Gerät noch stärker für Erfolg. Es ist irgendwie paradox – ich höre immer wieder in Gesprächen: „ Ich schaue eigentlich nicht mehr so viel fern“, aber die Leute kennen dann doch jede Serie und auch die statistischen Zahlen zeigen, es wird in Deutschland mehr Zeit vor dem TV- Gerät verbracht denn je. Da ändert auch der Computer nichts daran.
Was glauben Sie, was die Zukunft bringt?
Ich glaube, der Trend geht dahin, den Fernseher als Kommandozentrale für das Smart Home zu sehen. Dort laufen die Fäden zusammen, auf dem großen Bildschirm wird das gesamte Haus verwaltet. Und danach wird wieder gemeinsam ferngesehen. Das wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern.
ÜBER JULIANE LEHNICKE
Juliane Lehnicke ist Inhaberin der Münchner Home Staging Agentur. Als Expertin für Home- Staging und Einrichtungsberatung berät sie Kunden, die ihr Zuhause verändern, stimmungsvoller gestalten oder verkaufen möchten. Weitere Infos unter: www. muenchen-homestaging. de.