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WANN WERDEN
WIR EUROPÄER?
WIR FRAGEN:
... und was ist
Ihre Meinung?
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Jeder zweite Grieche lebt an
oder unterhalb der Armutsgrenze
(von 432 Euro im Monat).
Quelle: Elstat
© Bettmann/CORBIS
Helmut Kohl,
Bundeskanzler a.D.
Architektur für
Frieden und Wohlstand
Wir wollen ein Europa der Vaterländer
sein – wie Frankreichs Staatspräsident
Charles de Gaulle es einst ausgedrückt
hat – in einem geeinten Europa, in
dem wir alle Europäer sind und uns
zugleich nationale Identitäten bewahren. Wir wollen also Deutsche, Italiener, Franzosen, Niederländer, Polen
und Ungarn bleiben, um nur einige zu
nennen, und zugleich Europäer sein.
Mit dem Ziel, Europa dauerhaft zu
sichern und damit auch den Frieden
und die Freiheit der europäischen Völkerfamilie, muss es jetzt darum gehen,
das Fundament Europas wieder zu
festigen, den europäischen Einigungsprozess entschlossen voranzubringen
und ihn politisch unumkehrbar zu machen. Wir müssen den Bau des „Hauses Europa“ jetzt mit neuem Schwung
angehen und Schritt für Schritt vollenden. Das Haus Europa muss so
groß sein, dass alle Völker Europas,
die dies wünschen und können, darin eine Wohnung haben. Mit unseren
Verträgen gestalten wir eine Hausordnung für ein friedliches Miteinander,
die von den Mitgliedsstaaten natürlich
eingehalten werden muss und mit der
auch unvermeidliche Auseinandersetzungen in zivilisierter und geordneter
Form geführt werden können, ohne
dass es jemals wieder Krieg gibt.
Deutschland darf nie wieder ein Wanderer zwischen den Welten werden,
sondern muss, wie es Konrad Adenauer mit der Westbindung fixiert hat, fest
im freiheitlichen Westen, in der europäisch-atlantischen Staatengemeinschaft verankert bleiben.
Barbara
Turczynski-Hartje,
Leserin
Wir sind mehr Region
als Staat
Als Numerus-clausus-Flüchtling studierte ich in Straßburg in den 1970er
Jahren Medizin. Es fiel mir manchmal schwer, mich als Deutsche zu
bezeichnen, so viel Ballast, so viel
Grausamkeiten, so viele notwendige
Entschuldigungen. Irgendwann antwortete ich dann auf die Frage nach
meiner Nationalität mit: je suis bavaroise et europeenne. Und das schuf
Nähe mit den Elsässern, Verbrüderung gegen die „da oben“ und einen
wunderbaren Austausch über Dialekt, Identität, Heimatliebe. Es ist so
viel einfacher, seine Region zu lieben,
die, die man kennt, in der man aufgewachsen ist, als irgendeinen Nationalstaat. Aber Europa ist meine Region, meine Kultur, mein griechisches
Abendland, mein französischer Wein,
mein englischer Krimi. Je mehr wir
uns begegnen, desto mehr fühlen
wir uns als Europäer. Schade, dass es
noch keinen europäischen 72v