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Justina Kilinski,
Leserin
Die soziale Realität abbilden
Das gängigste Wohnmodell ist heute das des Einzelhauses oder der Stadtwohnung. Es handelt sich
um Wohnstrukturen, die an das System Familie
angepasst sind und damit ein Lebenskonzept bedienen, das in der Gesellschaft längst nicht mehr
tonangebend ist. Die Idylle der Kleinfamilie ist eine
von vielen Lebensrealitäten der heutigen Zeit. Die
Zahl der Singlehaushalte nimmt europaweit stetig
zu. Hinzu kommt eine alternde Bevölkerung. Angesichts des in Zukunft zu erwartenden Bevölkerungswachstums ist hier neben architektonischem
auch politisches Umdenken erforderlich. Es gibt
neue Ideen vom gemeinschaftlichen Wohnkollektiv, die in beide Richtungen denken.
Was der japanische Architekt Riken Yamamoto,
Mitbegründer eines neuen Konzeptes gemeinschaftlichen Wohnens, als „Community Area Model“
bezeichnet, hat zum Ziel, mit geringen räumlichen
Ressourcen maximalen Komfort für die Bewohner
eines Wohnkomplexes zu schaffen. Wohnmodule
wie Küche, Kinderspielzimmer oder Terrasse werden in den gemeinschaftlichen Raum verlegt. Private Räume werden so auf die wirklich notwendige
Fläche reduziert. Das Teilen von Räumen vereint
die ökonomische mit der sozialen Komponente:
Teilhabe an einem Garten oder einem Schwimmbecken ist nunmehr auch finanzschwachen Menschen
möglich. Auch wenn die Betriebskosten für gemeinschaftliche Flächen auf alle entfallen, ist für Einzelhaushalte die finanzielle Ersparnis, die die Auslagerung bestimmter Wohnmodule mit sich bringt,
enorm. Zudem bietet das Modell sozialen Rückhalt
und wirkt dem modernen Phänomen der sozialen
Entfremdung entgegen.
Fritz Reusswig,
Potsdam-Institut für
Klimafolgenforschung (PIK)
Klimaneutrale
Metropolen
Wir haben die Wahl: Entweder wir wohnen 2050
in einer Welt des ungebremsten Klimawandels, mit
Hitzewellen nie dagewesener Heftigkeit, gerade in
den Städten, mit Klimaflüchtlingen, mit steigendem Meeresspiegel. Oder wir wohnen klimaneutral.
Und das geht – sogar in einer Metropole. Für Berlin haben wir das mit einer ganzen Expertengruppe
durchgerechnet. Knapp die Hälfte des Ausstoßes von
Treibhausgasen geht in Berlin auf das Konto des Gebäudesektors, hauptsächlich sind das Heizung und
Warmwasserbereitung. Das heißt nicht, dass wir in
Zukunft frieren und kalt duschen müssen. Sondern
dass wir deutlich mehr Wärmedämmung brauchen,
auf viel mehr Dächer Solarzellen kommen, dass die
verbleibenden Autos mit Strom fahren und dass viel
mehr Keller Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bekommen. Dafür müsste in erster Linie die Rate der
energetischen Sanierung des Gebäudebestandes von
derzeit nicht mal einem Prozent pro Jahr auf eineinhalb bis zwei Prozent gesteigert werden. In einer
Mieterstadt wie Berlin birgt so ein Umbau die Gefahr
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der Verdrängung alteingesessener Bewohner. Technik allein reicht deshalb nicht – mindestens genauso
wichtig sind neue, intelligente Regeln und Geschäftsmodelle, um die Kosten zu strecken und zu verteilen.
Hier findet die vielleicht wichtigste städtebauliche
Innovation der nächsten Jahre statt: in den Köpfen,
nicht auf den Baustellen.
Alexander Horch,
Leser
Weniger Häuser
Etwas bescheidener. Wir werden es uns nicht mehr
leisten können, große Häuser, die nur für eine Lebensphase „passen“ über Jahrzehnte zu heizen,
instand zu halten, zu bewohnen etc. Wir werden
flexibler werden, umziehen, wenn die Kinder das
Haus verlassen haben. Wir werden bescheidener
bauen, weniger energieintensiv, jedoch mit mehr
Technologie, um Häuser effizient zu betreiben. Die
ländlichen Gebiete werden schrumpfen, die Städte
wichtiger werden. Die komplette Infrastruktur wird
nicht überall betrieben werden können. Wer werden lernen, wie man Städte rückbaut.
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