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Thomas Sommer,
Gault Millau - Sommelier
des Jahres 2013
Eingießen und genießen
Zu den essentiellsten und schönsten
Seiten des Lebens gehört für mich das
Schmecken! Es stimuliert mehrere Sinne zugleich und schult bei bewusstem
Genuss die Wahrnehmung von uns
selbst und unserer Außenwelt. Der gustatorische Geschmackssinn, der olfaktorische Geruchssinn und der taktile Tast-
und Temperatursinn des Mundraumes
ergeben zusammen eine unendliche
Anzahl an möglichen Geschmackserlebnissen.
Acht Geschmacksrichtungen kennen
wir, sechs davon sind wissenschaftlich
bewiesen. Bitter, salzig, süß und sauer
sind seit Langem bekannt. In den 1990er
Jahren kam umami dazu, was für das
Fleischige und Herzhafte steht und im
asiatischen Raum als „Wohlgeschmack“
beschrieben wird. Zudem wurden vor
wenigen Jahren auch Rezeptoren für
Fett nachgewiesen. In meinem Berufskreis werden zusätzlich „Wasser“ und
„Metall“ als Geschmacksrichtung behandelt, sie sind jedoch nicht bewiesen.
Alle Geschmacksrichtungen werden
von den Geschmackspapillen im Mundund Rachenraum wahrgenommen.
Entgegen der landläufigen Meinung
sind die Geschmacksbereiche nicht klar
voneinander abgegrenzt, sondern gehen
ineinander über.
Genauso wichtig für das perfekte Genusserlebnis sind die Duftstoffe. Sie werden
von einer briefmarkengroßen Rezeptorfläche in der Nasenhöhle wahrgenommen und direkt an das Gehirn gesendet.
Dieses setzt dann die Empfindungen
des Geschmacks und des Geruchs zum
Aroma zusammen. Diesen Vorgang immer wieder bewusst zu erleben und zu
fühlen, das macht mein Leben schön.
GLÜCKSBRINGER
Ihr Name,
Leserin
TÄTIGKEITEN, DIE BEI DEUTSCHEN DIE GRÖSSTE
LEBENSFREUDE AUSLÖSEN
58%
30%
Kinderbetreuung
30%
Beruf und
Lehre
Aus- und Weiterbildung
Was ist Ihre Meinung?
Schreiben Sie uns Ihre Antwort und vielleicht erscheinen Sie im nächsten Heft.
Tina S., Leserin
Freude ist zum
Teilen da
Für mich sind es besondere Momente im Leben, die ich mit den
Menschen, die ich liebe, teilen kann.
Sind wir doch einmal ehrlich zu uns
selbst. Natürlich jammern wir gerne
lauthals los bei dem Gedanken, das
Weihnachtsfest mit der stressigen
Großfamilie zu feiern, den Kindergeburtstag noch vorzubereiten oder den
Achtzigsten von Opa dieses Jahr in
Eigenregie ausrichten zu müssen.
Aber wenn dann der Zeitpunkt gekommen ist, alle beisammen sitzen,
lachen, trinken, Witze erzählen und
man im Chaos sein eigenes Wort
nicht mehr versteht, dann ist man besonders glücklich. Denn solche Momente werden erst zu etwas Unvergesslichem, wenn man sie mit lieben
Menschen teilt.
Ich versuche dann immer, etwas von
diesem wohligen Gefühl in mir zu
speichern, für die Zukunft. Denn der
nächste Zeitpunkt, an dem man sich
seines eigentlichen Glückes nicht
mehr bewusst ist und wieder zu meckern anfängt, kommt bestimmt.
Tobias Plannerer, Leser
Ying und Yang
Das Leben ist schön, wenn Freude
und Leid, Entspannung und Stress,
Optimismus und Pessimismus, Sicherheit und Risiken ein Gleichgewicht bilden. Nur so sind die Herausforderungen des Lebens zu meistern.
10%
27%
Hausarbeit
Einkaufen
29%
Heimwerken,
Gartenarbeit
Quelle: Forsa, 2012
80% Freizeitbeschäftigungen
Marcel Hunecke,
Professor für Umwelt- und
Organisationspsychologie,
Fachhochschule Dortmund
Mehr oder besser?
Eines unserer zentralen Motivsysteme ist auf das Erlangen lustvoller
Erlebnisse ausgerichtet. Das hedonistische Potenzial des Menschen
ist allerdings nicht unbegrenzt. So
erhöht sowohl eine Steigerung der
Erlebnisdichte als auch eine Intensivierung positiver Sinneserfahrungen
das subjektive Wohlbefinden. Beide Strategien können jedoch weder
grenzenlos noch beliebig parallel angewendet werden, weil der Mensch
auch Erholungsphasen von positiven
Sinneserfahrungen benötigt. Die modernen Konsumgesellschaften verfolgen ganz eindeutig die Strategie einer
Maximierung der Quantität und Vielfalt von positiven Sinneserfahrungen.
24%
Pflege
Allerdings gelingt es durch den hierbei verursachten Informations- und
Entscheidungsstress mittlerweile immer weniger Menschen, ihr optimales
Maß zu finden. In der Überfülle wird
die zweite Strategie der Intensivierung von Sinnerfahrungen relevant.
Praktisch lässt sich die Genussfähigkeit über das Anwenden von Genussregeln im Alltag erhöhen, wodurch
Genuss gelernt und die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Über eine Steigerung von erlebten
Genussintensitäten wird wenigstens
teilweise die Häufigkeit von Genusserfahrungen kompensiert, ohne
dabei gleichzeitig die hedonistische
Erlebnisqualität zu verringern. Dies
würde dem Nachhaltigkeitsziel entsprechen, weniger materielle Güter zu konsumieren und stattdessen
mehr subjektives Wohlbefinden aus
der sinnlichen und sensorischen Qualität von Gütern und Dienstleistungen zu ziehen.
Felicitas Then,
TV- und Eventköchin
Feuerwerke auf dem
Gaumen
Gemeinsam einkaufen, gemeinsam
kochen, gemeinsam genießen. Ich liebe es, Menschen mit meinem Essen
eine Freude zu bereiten. Darüber hinaus gibt es für mich nichts Schöneres,
als andere mit meiner Leidenschaft
anzustecken und sie von der Wertigkeit von guten, selbstgekochten Lebensmitteln zu überzeugen.
Für mich ist Essen und Kochen viel
mehr als nur eine Überlebensstrategie. Das wunderbare Gefühl eines
cremigen Schokoladenkuchens auf
der Zunge, der Duft von knusprigen
Bratkartoffeln in der Küche, die Erleichterung, wenn man die Kellnerin
mit dem bestellten Essen zum Tisch
kommen sieht. Wohlschmeckendes
Essen richtet sich sofort an das Belohnungssystem des Gehirns und
schüttet positive Hormone aus.
Wenn ich koche, versuche ich deshalb
stets, so viele Geschmäcker und Konsistenzen wie möglich in einem Gericht zu vereinen. Wenn die Kombination stimmt, ist es wie ein Feuerwerk
auf der Zunge und das stimuliert das
Gehirn auf eine sehr angenehme Art.
So findet sich auf meinem Teller immer etwas Süßes, ein wenig Schärfe,
eine gewisse Säure, eine leichte Salzigkeit sowie eine knusprige und eine
cremige Komponente. Ich liebe es,
mutig zu sein, mit meinen Gerichten
Grenzen zu überschreiten und Abgefahrenes auszuprobieren, ohne dabei
die geschmackliche Balance aus den
Augen zu verlieren.
Die drei wichtigsten Prinzipien in
meiner Küche jedoch sind immer der
Spaß, der Genuss und das Beisammensein.
Kim Mertens, Leserin
Unbezahlbare
Momente
N
GEWONNE
Ich denke, es ist eine Frage der Einstellung. Zum einen gehört die Sicherheit durch einen bestenfalls erfüllenden Job zum schönen Leben.
Zum anderen wissen wir, dass das
Wichtigste im Leben doch die Gesundheit ist. Beides zusammen ist
also eine gute Basis, um über die
wirklich schönen Dinge des Lebens
nachdenken zu können. Etwas aufzubauen und eine kleine Spur auf der
Erde zu hinterlassen, die gemeinsame
Zeit mit Freunden oder der Familie
bei einem guten Glas Wein – das ist
erstrebenswert und unbezahlbar.