+3 Magazin September 2022 | Page 17

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FACHKRÄFTEMARKT Arbeitsplatzwanderung in Pandemie-Zeiten
Ve rä n d e r u n g b e i soz i a lv e r s i c h e r u n g s p fl i c h t i g B e sc h ä f t i g te n zwischen März 2020 und April 2022
Verarbeitendes Gewerbe
Sonstige Dienstleistungen
Gastgewerbe
Verkehr und Lagerei
Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen
Erziehung und Unterricht
Baugewerbe
Heime und Sozialwesen
Information / Kommunikation
Öffentliche Verwaltung , Verteidigung , Sozialversicherung
Gesundheitswesen
Freiberufler , wissenschaftliche und technische Dienstleistungen
Sabine Bendiek , Vizepräsidentin Bitkom
Lücke schließen
1,3 Millionen Beschäftigte , 39.000 neue Jobs – das ist Deutschlands ITK-Branche 2022 in Zahlen . Sie zählt damit zu den größten Arbeitgebern hierzulande und die digitale Transformation der Wirtschaft sorgt zusätzlich dafür , dass IT-Fachkräfte auch außerhalb der Kernbranche gesucht werden . Der Bedarf ist groß : Branchenübergreifend ist
+ 60.000
+ 62.000
+ 71.000
+ 82.000
+ 92.000
+ 106.000
+ 121.000
+ 123.000
+ 142.000
-145.000
-50.000
-35.000
Quelle : Bundesagentur für Arbeit
die Zahl freier Stellen 2021 auf 96.000 gestiegen . Wie können wir diese Lücke schließen ? Erstens mit einer besseren digitalen Bildung . Dafür braucht es mehr Unterstützung des Bundes . Geld allein – wie beim Digitalpakt Schule – genügt nicht . Zweitens brauchen wir mehr Frauen in der IT . Dafür müssen weibliche Vorbilder in der Digitalwirtschaft sichtbar gemacht werden . Drittens müssen Weiterbildung und informelle Wissenserwerbe aufgewertet werden . Ein Studium ist nicht der einzige Zugang zu einschlägigen Jobs . Und viertens ist eine Strategie für qualifizierte Einwanderung nötig : Ausländische IT-Profis müssen unkompliziert für den Arbeitsmarkt gewonnen und integriert
Rainer Dulger , Präsident Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ( BDA )
Hebel umlegen
werden können . Dafür brauchen wir digitale Visa- und Verwaltungsverfahren und schnellere Prozesse in Behörden . Wichtig sind zentrale Anlaufstellen , die Unternehmen bei der Rekrutierung ausländischer Fach- und Führungskräfte unterstützen . Vor allem aber müssen wir im Ausland für den Digitalstandort Deutschland werben . IT-Profis können sich ihre Jobs international aussuchen . Für sie muss Deutschland eine Destination erster Wahl werden .
Meine Sorge ist : Die Arbeit wird uns nicht ausgehen , aber die Menschen . Eine erfolgreiche Strategie gegen den Klimawandel wird es nur geben , wenn wir eine ausreichende Anzahl von Fach- und Arbeitskräften haben . Wettbewerbsfähige Strukturen sind Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaften . Wir Arbeitgeber bieten dazu weiter attraktive Arbeitsbedingungen – und müssen auch sicher hier besser werden . Auch als Tarifvertragsparteien sind wir in der Verantwortung . Lebenslanges Lernen und Veränderungsbereitschaft
werden zudem immer wichtiger . Um erfolgreich zu bleiben , brauchen wir weniger Bürokratie und Belastungen . Wir brauchen hingegen mehr Investitionen in Bildung und Weiterbildung , einen aktivierenden Sozialstaat und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie , damit Menschen in Teilzeit – insbesondere Frauen – ihre Arbeitszeiten ausweiten können . Wir müssen offen über die Abschaffung von Frühverrentungsanreizen und eine flexiblere Lebensarbeitszeit reden . Im Tandem mit einer verbesserten Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz kann ein Lösungsweg erwachsen . Digitalisierung und Automatisierung bieten zukünftig Chancen , wenn weniger Menschen da sind , um die Arbeit zu machen . Aber all das wird nicht reichen : Ohne Zuwanderung und ein effizientes Zuwanderungssystem werden wir nicht auskommen . Die Hebel sind klar , jetzt müssen wir sie nur noch gemeinsam umlegen .
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Was können wir aus dem Fachkräftemangel lernen ? Wenn man sich die Ergebnisse einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln ( IW ) ansieht , fehlen seit Juli 2021 über eine halbe Million qualifizierte Arbeitskräfte . Auswirkungen sehen auch wir als Personalberatung , denn potenzielle Kandidat : innen treten mit veränderten Ansprüchen an Arbeitgeber heran . Höhere Gehälter , Homeoffice und Wachstumsmöglichkeiten sind gefragter denn je .
„ Ohne Krise kein Wandel “ mag abgedroschen klingen , ist aber in Bezug auf den Arbeitsmarkt so real wie schon lange nicht mehr . Da , wo Arbeitnehmende Flexibilität fordern , lechzen Arbeitgeber wiederum nach Loyalität . Früher war das anders , deshalb lohnt sich ein kurzer Blick zurück in die Arbeitswelt beispielsweise der 1970er-Jahre : Arbeitnehmer : innen waren Teil einer Firmenfamilie mit sicherem Arbeitsplatz und pünktlichem Gehalt . Zu Ehren des
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT , ALSO EINE ANZEIGE

CHANCEN ERGREIFEN IM WAR FOR TALENTS

Quelle : PageGroup Candidate Pulse Umfrage : „ Die Rolle von Stellenanzeigen für die Candidate Experience “
50 . Jubiläums gab es die goldene Uhr als Zeichen der Anerkennung und der langen Verdienste . Viele Unternehmen waren inhabergeführt und schafften es als große deutsche Traditionsunternehmen damit , Mitarbeitende über alle Zeiten hinweg an sich zu binden . Jahrzehnte später hat sich vieles geändert , aber noch immer sehen wir , dass Sicherheit und vor allem die gelebten Werte und authentische Führungskräfte die wichtigste Rolle im War for Talents spielen .
Goran Barić , Geschäftsführer der Personalberatung PageGroup in Deutschland
Aber wie entwickeln wir heute die treuen Arbeitnehmer : innen von damals ? Unsere Erfahrung bei der PageGroup und mit unzähligen Kunden zeigt , dass Krisen immer auch Chancen hervorrufen . Das geht heutzutage schon bei der Stellenanzeige los . In den Ergebnissen unserer Umfrage zum Thema „ Candidate Experience “ wird ersichtlich , dass sowohl Ausschreibungen gelesen als
auch die eigenen Unterlagen immer öfter über mobile Geräte versendet werden . Bewerben muss einfach sein („ Easy-Apply-Button “) und neben Informationen zu Gehältern , flexiblem Arbeiten oder dem Standort braucht es Einblicke in die jeweilige Unternehmensphilosophie . Ebenso wichtig ist eine gute Führung durch passionierte Chef : innen – „ People Manager “, die ihre Mitarbeitenden mit Werten wie Empathie , Stärkenförderung , Motivation und Verständnis führen . Gerade die jüngeren Generationen Y und Z verlangen nach Coaches , die sie menschlich begleiten und entwickeln , aber gleichzeitig auch fachlich managen . Dazu gehört , gefördert und gefordert zu werden , das Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten und eine gute Bezahlung . Das ist die Basis für den Arbeitsmarkt von heute .
Fazit Der Fachkräftemangel wird weiter zunehmen . Doch mit Rezepten von gestern lösen wir die Herausforderungen von morgen nicht . Unternehmen müssen aktiv werden , um ihm sinnvoll zu begegnen .
Mehr Informationen unter : page . com