+3 Magazin September 2021 | Page 18

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WIR FRAGEN :

WAS BRINGT UNS ZUM TRÄUMEN ?

Hängematten werden traditionell als Schlafgelegenheit auf Schiffen eingesetzt , nachdem Christoph Kolumbus sie im Jahr 1492 bei Bewohnern der Antillen entdeckte . Quelle : Wikipedia © iStock ./ swissmediavision
Gegenwelten
Nico Hofmann , Film- und Fernsehproduzent
Ich war dreizehn , als ich in der Garage meiner Eltern mit einem Super- 8-Projektor ein Kino für die Kinder in der Nachbarschaft einrichtete . Dort habe ich kurze Disneyfilme vorgeführt , später meine ersten eigenen Filme . Für mich und meine Freunde schien damals alles möglich . Die kleine Garage war für uns riesengroß – ein ganzer Kosmos . Seit dieser Zeit ist Filmemachen nicht nur mein Beruf geworden , sondern auch mein Weg , dieser Welt zu begegnen . Kino kann die Welt schonungslos und realistisch abbilden , und uns so die Augen öffnen für das , was ist . Vor allem aber kann
es uns zum Träumen einladen . Es kann neue Welten erfinden , Utopien entwerfen und gesellschaftliche Gegenentwürfe ausdenken . Und uns so eine Vorstellung von dem geben , was sein könnte . Eine Gesellschaft braucht diese Orte , an denen Träume durchgespielt werden , um sich weiterzuentwickeln . Während der Pandemie waren die Kinos geschlossen . Manchmal fühlte es sich deshalb so an , als hätte das Träumen keinen Raum mehr . Denn das , wovon wir in unseren Filmen träumen , kann nur Wirklichkeit werden , wenn es Zuschauer gibt . Am besten viele , die gemeinsam träumen . Anfang Oktober verleihen wir in Berlin den Deutschen Filmpreis . Einige der nominierten Filme konnten noch gar nicht oder nur kurz in den Kinos gezeigt werden . Aber diese Filme jetzt alle endlich zu sehen , erfüllt mich mit Glück . Die Träume kehren zurück . Und die Welt ist mit einem mal wieder unendlich viel größer geworden .
Hannah Schiller , Schauspielerin
Von einem kleinen Traum zum nächsten
Das will ich machen . Am besten sofort . Da war ich fünf und hatte das erste Mal Kinderdarsteller im Fernsehen gesehen . Die Schauspielerei fühlte sich nicht an wie ein Traum , sondern wie ein Ziel . Ich wollte dafür arbeiten , wusste aber gar nicht , wo ich anfangen sollte . Obwohl mir dieses Ziel zum Greifen nah vorkam , war die Arbeit als Schauspielerin wohl kaum mehr als ein weit entfernter Traum . Ein Traum , den außer mir noch tausende andere träumten . Und so greifbar er auch wirken mag , so
unerreichbar fern ist er doch zur gleichen Zeit . Denn ob man Erfolg haben wird , hängt nicht von Logik oder Fakten ab . Vielleicht ist es gerade diese Unerreichbarkeit , die die Faszination so vieler weckt . Jeder träumt vom eigenen Mythos des Schauspielerlebens , denn eine Anleitung , wie man diesen Beruf erreicht und was er eigentlich bedeutet , gibt es nicht . Egal , auf welcher Sprosse der Karriereleiter man steht , den einen Moment der Erfüllung des Traums spürt man nicht , denn was morgen kommt , das weiß man nie . Nach jedem Film steht man gewissermaßen wieder am Anfang , träumt von einem neuen Ziel und sollte sich wohl öfter erinnern an seine früheren Träume , die sich schon erfüllt haben . Die Schauspielerei ist vielleicht nicht ein großer Traum , sondern eine Reihe vieler kleiner Träume , die man erst im Rückblick , nach deren Erfüllung , als solche identifizieren kann .