+3 Magazin September 2021 | Page 15

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Meike Spitzner , Senior Researcher Forschungsbereich Mobilität und Verkehrspolitik , Wuppertal Institut für Klima , Umwelt , Energie
Blinde Flecken
Denken wir die neuen Mobilitätspolitiken mal von der gegenderten Ökonomie aus : Unbezahlte Hausarbeit ist bis heute gesellschaftlich weder ökonomisch noch sozial nachhaltig organisiert . Als diene sie Eigennutz . Jetzt soll die unbezahlte haushaltliche Transportarbeit , die Nahestehende mit Mobilität versorgen muss , wo die Bedingungen für autonome Mobilität nicht gegeben sind , noch teurer werden – als wäre sie schon bezahlt und gesellschaftlich verzichtbar . Dabei kostet sie Frauen bereits heute viel Kraft , Zeit und Verzicht auf eigenständige Einkommen . Gerade althergebrachte E-Mobilitätsangebote dienen der Versorgungsökonomie , von kleinen bis zu großen Mobilitätssystemen . Aber was tut sich heute ? Selbst wenn man die Erwartungen auf politische Priorisierung und flächendeckenden ÖPNV-Ausbau beiseitelässt und für einen Moment die ideologische Gleichsetzung von E-Mobilität mit E- Auto-Mobilität hinnimmt , so gut wie nichts . Versorgungsökonomisch relevant wären zum Beispiel Senioren- Kleinfahrzeuge . Es gibt aber bis heute keine leicht transportierbaren Batterien und keine gebrauchsfähigen
und an niedrige Renten angepasste E-Angebote . Hausarbeit steht kein Dienstwagen und keine dreifache steuerliche Subventionierung zu Verfügung , durch die jedes Jahr mehr Autos zulasten von Umwelt und öffentlichem Raum ins Land gespült werden . Ob die geringe Innovationsfähigkeit wohl also mit Orientierung an veralteten Maskulinitätsmodellen zusammenhängt ?
Zeit , dass sich was bewegt
Anne Klein-Hitpaß , Leiterin Forschungsbereich Mobilität , Deutsches Institut für Urbanistik ( Difu )
Die Mobilitätswende ist noch lange nicht in unseren Köpfen angekommen . Und das kann sie auch nicht , solange wir in der Autologik der vergangenen Jahrzehnte verharren . Nicht nur die Infrastruktur unserer Städte ist autogerecht , auch der straßenverkehrsrechtliche Rahmen inklusive Bußgeldkatalog ist es , der es den Städten und Gemeinden erschwert , konsequent umzusteuern . Im geltenden Straßenverkehrsrecht genießt das Auto Privilegien , wenn
Gerd Riedner , Leser
Vorrang für Rad- und Fußverkehr
Zuvorderst sollte versucht werden , den Bedarf an Mobilität zu reduzieren – durch die räumliche Nähe von Wohnen , Arbeiten , Bildung und Erholung . Der Individualverkehr mit dem Pkw kann innerorts nicht nur durch ein gutes ÖPNV-Angebot reduziert werden . Auch Maßnahmen wie die Verdrängung von „ Laternen-Parkern “ auf Privatgelände oder öffentliche , gut ans ÖPNV-Netz angeschlossene Sammelparkplätze sowie am Grundstücksmarktpreis orientierte Parkgebühren einschließlich der entsprechenden Verwarnungsgelder mindern das Fahren
es beispielsweise heißt , dass der „ fließende Verkehr “ nur bei einer besonderen Gefahrenlage eingeschränkt werden darf . Das Auto ist die Norm und das Normale – mit der Folge , dass die Förderung von Alternativen zum Auto oft als ideologisch abgetan wird , ohne dabei wahrzunehmen , dass auch diese Autozentriertheit einer Ideologie folgt . Aber besonders in den Kommunen und in der Zivilgesellschaft bewegt sich etwas . So haben sich unlängst mehrere Städte in Deutschland zu einem Bündnis
mit dem Auto . Die vielfältigen Versuche zur Reduzierung des Lieferverkehrs müssen intensiviert und beschleunigt werden , damit sie nach einer Entscheidung zügig realisiert werden können . Um den verbleibenden Individualverkehr möglichst umweltfreundlich zu gestalten , ist eine weitgreifende Förderung des Fuß- und Radverkehrs – einschließlich Lastenrädern – notwendig . Die entsprechenden Verkehrsflächen müssen dabei ausreichend breit und barrierefrei sein . Fußverkehr sollte gegenüber dem Fahrverkehr weitgehender Vorrang eingeräumt werden . Mit Arkaden , Sitzbänken , Pflanzen , Brunnen , genügend Fahrrad-Abstellflächen und weiterem mehr kann es gelingen , dass öffentliche Flächen verstärkt zum Aufenthalt einladen und so die Mobilität deutlich entschleunigt wird .
zusammengeschlossen , um Tempo 30 als stadtverträgliche Geschwindigkeit zu fordern . Ganz einfach , um lebendige und lebenswerte öffentliche Räume zu schaffen . Immer mehr Städte schließen sich der Initiative an . Und in einer wachsenden Zahl an Kommunen erwirken aktive Bürgerinnen und Bürger Radentscheide , drücken aufs Tempo und fordern sichere Radwege und ein Verkehrssystem für alle . Das macht Mut , dass sich langsam etwas in den Köpfen bewegt .
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Vernetzte Mobilität : Ladeinfrastruktur braucht mehr Schutz vor Cyberangriffen

Christoph Erni , CEO Juice Technology
Viele Getränkeautomaten seien heute besser vor Cyberangriffen geschützt als Ladestationen , sagt die Juice Technology AG . Christoph Erni , CEO des weltweit führenden Herstellers mobiler 22-kW-Ladestationen , erklärt im Interview , dass das nicht nur für private E-Auto-Besitzer zum Problem werden kann .
Für die meisten E-Auto-Besitzer ist wohl der „ Worst Case “ an einer Ladestation , dass sie morgens zum Termin losfahren wollen und feststellen , sie hat nicht geladen .
Was extrem ärgerlich wäre , keine Frage . In der Tat ist für die meisten die Ladestation immer noch so eine Art On-Off-Schalter – übrigens auch für viele unserer Mitbewerber , die aus dem Stecker- und Schaltschrankbusiness kommen . Tatsächlich können Angreifer aber auch Daten oder Vorgänge in schlecht gesicherter Elektronik auslesen oder manipulieren , so die Kontrolle über das System erlangen und es für alle möglichen kriminellen Aktivitäten nutzen .
Welche sind das zum Beispiel ?
Es geht darum , dass man so ein ganzes Netz , einen Landstrich oder sogar ein ganzes Land lahmlegen kann . In großen Firmen könnten etwa alle Fließbänder stillstehen , weil man die Zuleitung überlasten und die Hauptsicherung auslösen kann . Man könnte sich aber auch bei einer einzelnen Familie einhacken und sich die tägliche Auslastung ihrer Ladestation anschauen . Wird diese dann plötzlich mehrere Tage nicht mehr genutzt , ist diese Familie womöglich in den Ferien und wird so zu einem dankbaren Opfer für einen Einbruchsdiebstahl .
Was tun Sie bei Juice Technology dagegen ?
Wir haben am Anfang das Gefühl gehabt : Wenn man das weiterdenkt , dass jetzt so viele Leute elektrisch fahren , muss das ja im ganzen Netz gemanagt werden . Will man das schaffen , braucht man sehr viel Software , sehr viel Vernetzung . Daher verfolgen wir einen konsequenten „ Software First “ - Ansatz , was bedeutet , dass bei uns die Software im Vordergrund steht . Sie ist der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Ladeinfrastruktur , zugleich bietet sie jedoch neue Einfallstore , weshalb wir die Cybersicherheit bereits in der Entwicklung unserer Produkte berücksichtigen und auf „ Security-by- Design “ setzen .
Ein weiteres Schlagwort ist „ ISO / IEC 27001 “. Was verbirgt sich dahinter ?
Die internationale Norm ISO / IEC 27001 gilt als die wichtigste Cyber-Security-Zertifizierung weltweit . Wir haben diese als Unternehmen erhalten , was bedeutet : Die Kunden können sich darauf verlassen , dass ihre Daten bei uns sicher sind . Sie können nicht nur eine einwandfreie , physisch sichere Ladestation erwerben , sondern haben auch den Beleg dafür , dass IT-Sicherheit generell für das Unternehmen einen hohen Stellenwert hat .
Und das ist nicht überall in Ihrer Branche der Fall ?
Leider nein . Wir sind eine relativ neue Branche , in der sich viele junge Unternehmen oder Hardwareorientierte Anbieter tummeln , die der Cybersicherheit noch nicht die Wichtigkeit zuschreiben wollen oder können , die sie braucht . Wir sehen sämtliche Infrastrukturhersteller ganz klar in der Verantwortung , die Sicherheit auf drei Ebenen zu betrachten : Anwendungssicherheit , mechanische Sicherheit und – aufgrund der zunehmenden Vernetzung – eben auch Cybersecurity . In diesem Jahr hat sich auf dem Markt der Elektromobilität gezeigt , dass es richtig nach vorn geht , also muss jetzt etwas für umfassende Sicherheit getan werden .
Mehr Informationen unter : juice-world . com