+3 Magazin September 2021 | Page 6

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Begegnungsräume
Nicht nur Schienen oder Straßen verbinden Stadt und Land . Es ist vor allem die Sehnsucht . Sehnsucht nach dem , was uns fehlt . Ich kenne viele Großstädter , die sich nach einem ruhigen Landhäuschen sehnen , während ich schon oft mit Leuten vom Land gesprochen habe , die sich eine bessere Anbindung an die Stadt wünschen . Durch meine Initiative „ Bus der Begegnungen “ habe ich Menschen kennengelernt , die in Städten wohnen , die leer sind , was man ja eigentlich nur vom Land kennt . Und ich habe ehemalige Städter getroffen , die sich proaktiv für ein Leben auf dem Land entschieden haben . Worauf ich hinauswill : Es gibt kein Leben ohne Stadt . Und es gibt kein Leben ohne Land . Wir sind alle voneinander abhängig . Nicht im negativen Sinne , sondern im positiven . Daher sollten wir innerhalb neuer Mobilitätskonzepte auch mehr
Reinhold Gütter , Leser
Shai Hoffmann , Sozialunternehmer und Aktivist
Steter Austausch
Im 19 . Jahrhundert hieß es , die Städte fräßen die Kinder des Lands . Tatsächlich suchten die ein besseres Leben . Im 20 . Jahrhundert flohen die Städter aufs Land , kamen aber meistens nur bis zum Zwischenland der Vorstädte , also ins Suburbane . Bis heute liefert das Land den Städten Energie , Erholungsraum und Nahrung . Sollte sich das Arbeiten im Homeoffice tatsächlich durchsetzen , wird das Land für manche Städter zum Lebensraum . Digitalisierung schafft Spiel-Räume .
Begegnungsmöglichkeiten schaffen . Dass sich viele Leute auf dem Land „ abgehängt “ fühlen , ist ja nicht nur eine Befindlichkeit , sondern durch den Strukturwandel bedingt . Und da gilt es , den Bedürfnissen dieser Menschen mehr Verständnis entgegenzubringen . Wer Verbindung möchte , eben auch zwischen Stadt und Land , muss sich treffen , um sich besser zu verstehen . So können Bekanntschaften entstehen . Das klingt jetzt vielleicht pathetisch , aber es ist wahr : Durch Begegnungen können auch Vorurteile abgebaut werden . Daher muss die Mobilitätswende neue gemeinsame Räume schaffen , die Stadt und Land letztlich auch näher zueinander rücken lassen .
Dagmar Hirche , Gründerin Wege aus der Einsamkeit e . V .
Das Netz versilbern
Gerade alte Menschen tun sich oft schwer mit der digitalen Welt . Und nicht selten fehlt es in Seniorenheimen oder im eigenen Heim an WLAN – die Grundvoraussetzung , um an eben dieser digitalen Welt teilzunehmen . Dabei bietet das Internet unzählige Möglichkeiten , wie etwa die Vernetzung von älteren Menschen zwischen ländlichem und urbanem Raum . Unser Verein Wege aus der Einsamkeit setzt sich seit acht Jahren dafür ein , dass auch ältere und alte Leute aktiv an der Digitalisierung teilnehmen können . Seit Frühjahr 2014 haben wir mit knapp 14.000 Teilnehmern zwischen 65 und 95 Jahren erste und weitere Schritte in die digitale Welt gesetzt . Das hat sich besonders während der Corona- Pandemie bewährt : Seit März 2020 haben wir mehrere hundert Zoom- Gespräche gestartet . In unseren
VIEL LAND , WENIG STADT Wie Flächen in Deutschland genutzt werden
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg- Vorpommern
Niedersachsen
in Jahr 2019
Baden- Württemberg
Bayern
Nordrhein- Westfalen
Rheinland- Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen- Anhalt
Schleswig- Holstein
Thüringen
0
10.000
20.000
30.000
40.000
Flächennutzung in Deutschland
29,8 %
50.000
2,3 %
14,4 %
Fläche Deutschlands : 357.581 km ²
50,7 %
60.000
Fläche für Siedlungen und Verkehr Landwirtschaftsfläche Waldfläche
Wasserfläche
„ Versilberer-Runden “ können ältere und alte Menschen digitale Schulungen oder Lesungen besuchen , im Sitzen gemeinsam Yoga machen oder tanzen . Im Gegensatz zu analogen Aktivitäten spielt es keine Rolle , wo jemand wohnt oder ob jemand mobilitätseingeschränkt ist . Wichtig ist nur , dass man Neuem gegenüber offen ist . Dabei ist auffällig , dass unsere
Sonstige Flächen
2,8 %
70.000 km ²
Quelle : Umweltbundesamt
Gäste zu 90 Prozent Frauen sind . Für die Zukunft wünschen wir uns , dass mehr Männer unser Angebot annehmen – und die Politik sicherstellt , dass Wohnanlagen , Krankenhäuser und Heime , egal ob in der Stadt oder auf dem Land , mit WLAN ausgestattet werden . Eine digitale Teilhabe soll schließlich nicht an finanziellen Mitteln scheitern .
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STÄDTE ALS ROHSTOFFMINEN

Die Art und Weise , wie wir bauen und wohnen , ist ein entscheidender Faktor für die Klimabilanz : Das ungebrochene Wachstum der Städte und der damit verbundene Bauboom müssen klimaschonender und ressourcensparender werden , um die angepeilten Ziele erreichen zu können . Wie das gelingen kann , verrät Dr . Matthias Heinrich , Experte für Urban Mining & Circular Economy bei der Drees & Sommer-Tochter EPEA .
Welchen Einfluss hat die Bau- und Immobilienbranche auf den Klimawandel ? Der Sektor verschlingt rund die Hälfte aller Rohstoffe und ist gleichzeitig für einen Großteil aller Abfälle verantwortlich , von den knapp 40 Prozent der weltweiten CO 2 -Emissionen ganz zu schweigen . Die Einsparungspotenziale sind entsprechend groß . Wir sollten genau an dieser Stelle ansetzen und handeln , um die Klimaziele nicht zu verfehlen .
Ihr Spezialgebiet nennt sich Urban Mining . Wie funktioniert das ? Kernidee ist die Rückgewinnung von Baumaterial , Recycling in großem Stil : Gebäude werden als „ Rohstoffminen “ betrachtet , durch deren Rückbau wertvolle Ressourcen zurückgewonnen werden können . So können außerdem Müllberge vermieden werden , was die CO 2 -Bilanz von Immobilien enorm verbessert . Die Zahlen sprechen für sich : Für den Münchener Stadtteil Freiham haben wir berechnet , dass in 2.400 Gebäuden rund 2,2 Millionen Tonnen Rohstoffe stecken . Ein enormes Potenzial .
Ein Urban Miner identifiziert also Rohstoffminen … … und bindet die dort „ zu gewinnenden “ Materialien wieder in den Kreislauf ein . Dafür müssen Rückbaukonzept und Materialkreislauf ineinandergreifen , und natürlich muss man Abnehmer finden , die möglichst viele Materialien auf unterschiedliche Weise wiederund weiterverwenden können .