+3 Magazin September 2021 | Page 4

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WIR FRAGEN :

WAS VERBINDET STADT UND LAND ?

Forschende aus den USA haben herausgefunden , dass die Leute in Parks positivere Botschaften auf Twitter verschicken .
Quelle : People and Nature © iStock ./ Orbon Alija
Patrick Burghardt , Digitalstaatssekretär und Chief Information Officer , Land Hessen
Überall verbunden
Die Digitalisierung bietet nicht nur das Potenzial , Stadt und Land zu verbinden , sondern zu erreichen , dass Stadt und Land erst gar nichts trennt . Im digitalen Raum sind Begegnungen und Zusammenarbeit nämlich unabhängig davon möglich , wo Menschen leben oder arbeiten . Dafür muss dieser digitale Raum entsprechend gestaltet und genutzt werden und die technische Infrastruktur sowie digitale Kompetenzen vorhanden sein . Dafür setzen wir uns in Hessen mit der Umsetzung unserer Digitalstrategie „ Digitales Hessen – Wo Zukunft zuhause ist “ ein .
Als Chief Information Officer ( CIO ) des Landes Hessen ist mir dabei die Digitalisierung der Verwaltung ein besonderes Anliegen . Mit neuen Konzepten und integrierten Arbeitsplätzen wird Verwaltungsarbeit von jedem Ort aus gestaltbar . Behörden werden für Unternehmen wie auch für Bürgerinnen und Bürger attraktiver , die immer mehr Behördengänge einfach online vom Sofa aus erledigen können . Auch digitales Arbeiten innerhalb der Verwaltung verbindet Stadt und Land , indem Behörden oder ihre Zweigstellen verstärkt im ländlichen Raum angesiedelt werden . Die Arbeitsplätze kommen also näher zu den Menschen , was Bürobedarf und Verkehrsaufkommen in Ballungsräumen reduziert . Dies steigert nicht nur die Arbeitgeberattraktivität , sondern auch den persönlichen Freiraum eines jeden , sich für ein Leben in der Stadt oder auf dem Land zu entscheiden .
Juli Zeh , Schriftstellerin und Juristin
Über Menschen
Menschen aus urbanen und ländlichen Räumen leben aktuell in verschiedenen Realitäten , was dazu führt , dass sie sich nicht verstehen . Damit meine ich nicht , dass sie sich nicht mögen , sondern sich mitunter fremd sind . Als ich vor vielen Jahren von der Stadt aufs Land gezogen bin , wurde ich mit offenen Armen empfangen . Die Menschen dort hatten keine Angst vor der Neuen . Sie hatten Angst vor dem eigenen Aussterben . Inzwischen ist eher eine Umkehr zu spüren : von der Landflucht zur Stadtflucht . Ich persönlich begrüße eine solche Entwicklung . Zum einen , damit auf dem
Land wieder das aufgebaut wird , was viel zu lange vernachlässigt wurde : die technische und soziale Infrastruktur . Zum anderen , damit sich Menschen aus Stadt und Land mehr durchmischen . Tatsächlich bemerke ich , dass gerade die jungen Leute lieber in ihren Dörfern leben wollen , um etwa dem städtischen Leistungsdruck fernzubleiben . Damit sich Stadt und Land wieder näherkommen , müssen auch Politik und Medien ländliche Diskurse viel mehr miteinbeziehen . Es kann ja nicht sein , dass eine grüne Landwirtschaft gefordert und gleichzeitig nichts getan wird , wenn internationale Investoren Agrarfläche kaufen , dort eine Scheinwirtschaft betreiben und damit die landwirtschaftliche Arbeit ganzer Generationen kaputtmachen . Darüber wird viel zu wenig gesprochen . Ich denke aber , dass uns das große Umwelt- und Klimathema , eben weil es uns alle angeht , mentalitätsmäßig zusammenbringen kann .