+3 Magazin September 2019 | Page 7

+1 Wolfgang Lucht, Leiter Abteilung Erdsystemanalyse, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Zivilisiert euch Um die Erde in der Umwelt- und Kli- makrise zu retten, müssen wir konse- quent die Folgerungen aus unserem Wissen ziehen und zum Beispiel jetzt ein starkes Klimaschutzgesetz verab- schieden und die weitere Vergiftung der Natur stoppen. Vor allem aber müs- sen wir uns selbst retten. Wir könnten uns in die Augen sehen und uns fragen, wie wir eigentlich gemeint waren, wie es steht mit unseren Ambitionen und Vorstellungen. Atemlosigkeit, Selbst- bezogenheit und Kurzsichtigkeit sind das Gegenteil der Ideale, die uns wich- tig sind. Das Ausmaß der Umweltzer- störung weist auf tief gestörte Macht- strukturen hin. Die Umweltkrise ist längst zur Systemkrise geworden. Das zivilisatorische Versprechen eines er- füllten und vielfältigen guten Lebens wird von den Strukturen der kapitalis- tischen Moderne überwältigt. Was uns retten kann, ist daher mehr als nur ver- bessertes Wissen, mehr als Manage- ment und Technologien. Wir brauchen eine Kultur der Nachhaltigkeit. Die Integrität des eigenen Ichs, des Pla- neten und der Bedingungen, unter de- nen wir leben, sind dafür zentral. Wer vermeintliche Freiheiten verteidigt, indem er Raubbau, Verwüstung und Wegsehen fördert, hat nicht verstan- den, dass vielmehr Verbundenheit mit Natur und Zukunft, Mitmenschlich- keit, Mitgeschöpflichkeit und Nach- denklichkeit überzeugende Antworten auf die Herausforderung unserer Zeit enthalten. Nur eine Gesellschaft, die dies versteht, kann sich zurecht noch als Zivilisation bezeichnen. Hannes Jaenicke, Schauspieler und Umweltaktivist Keine Ausreden mehr Plastik ist die Pest der modernen Zi- vilisation. Inzwischen sprechen wir von einer Umweltverschmutzung von katastrophalem Ausmaß. Jede Stun- de landen 675 Tonnen Plastikmüll im Meer, acht Millionen Tonnen davon sind das Gesamtgewicht der Plastik- flaschen, die jedes Jahr in unseren Weltmeeren – und letztlich wieder auf unseren Tellern – landen. In je- dem Quadratkilometer schwimmen rund 18.000 Plastikteile und 100.000 Meeressäuger verenden qualvoll durch Müll, den sie verschlucken. Es kann doch nicht sein, dass das immer so weitergeht. Die Bundesre- 7 Ihr Name, Leser Volker Knittel, Leser Schreiben Sie uns Ihre Antwort und viel- leicht erscheinen Sie im nächsten Heft. Emissionsverzicht muss sich auszahlen gierung muss endlich mehr aktiven Einsatz gegen den Plastikwahnsinn zeigen – aber auch wir Verbraucher. Es muss sich jeder bewusst machen, dass pro Stunde allein in Deutsch- land zwei Millionen Plastikeinweg- flaschen verbraucht werden. Jeder Einzelne muss daher seinen eigenen Plastikverbrauch hinterfragen und nach Alternativen suchen, diesen zu reduzieren. Und das geht doch so ein- fach: Plastiktüten durch Baumwoll- beutel ersetzen, Gemüse mit Schale nicht nochmal in Plastik einpacken und so weiter. Und auch abgefüll- tes Wasser zu kaufen, macht abso- lut keinen Sinn, denn bestes Wasser kommt bereits aus dem Hahn. Eine Familie verbraucht schnell Tausende Einwegplastikflaschen. Sind wir ei- gentlich noch zu retten? Man merkt, dass schon einiges im Wandel ist in Deutschland – aber das ist einfach noch nicht genug. Da sind uns andere Länder meilenweit voraus. Die weltweite Wirtschaft beruht auf einem gut funktionierenden System von Angebot und Nachfrage. Leider sind dabei sogenannte öffentliche Gü- ter wie saubere Luft, sauberes Trink- wasser oder Artenvielfalt bisher ohne Preis, welcher der individuellen Nut- zung oder gar dem (endgültigen) Ver- brauch zugeordnet werden könnte. Nachhaltigkeit hat aber nur dann eine Chance, wenn diese einfach zu ver- mitteln ist. Niemand will für jede Ent- scheidung – ob beim Einkauf oder bei der Mobilität – jeweils eine Ökobilanz aufstellen oder bei einem Umweltver- band nachfragen, ob diese oder jene Entscheidung nun akzeptabel ist. Je- der hat doch die Möglichkeit, seinen individuellen ökologischen Fußab- druck zu ermitteln. In einem nachhal- tigen Wirtschaftssystem wäre es nur konsequent, wenn die Personen mit den höchsten Emissionen diejenigen mit den geringsten Emissionen, also für deren Verbrauchsverzicht, ali- mentieren. Vielleicht wäre das sogar die Grundlage für ein nachhaltiges Steuersystem. Was ist Ihre Meinung? DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE wir weltweit fördern müssen, um unseren Kindern eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Und hier ist Stahl heute schon spitze. Aber so ein Kreislauf kann nur funktionieren, wenn die Verbraucher mitmachen. Richtig. In Deutschland können wir stolz darauf sein, dass die Recyclingrate von Weißblech 91 Prozent be- trägt. Damit ist Weißblech das meistrecycelte Verpa- ckungsmaterial. Allein in unserem Land wird jähr- lich so viel Verpackungsstahl wiederverwertet, dass aus dem daraus produzierten Stahl 27 Eiffeltürme hergestellt werden könnten. Aber natürlich gibt es weiter Luft nach oben. Jeder Einzelne trägt Verant- wortung gegenüber der Gesellschaft und sollte Müll richtig trennen. Wie kann bei der Herstellung von Stahl die CO 2 -Freisetzung reduziert werden? Dr. Peter Biele, CEO thyssenkrupp Rasselstein GmbH VERPACKUNGSSTAHL STATT PLASTIKMÜLL Die Erde ächzt unter einer immer weiter steigenden Flut von Plastikmüll. Warum kann es so weit mit Stahlverpackungen erst gar nicht kommen? Verpackungsstahl wird aus natürlichen Rohstof- fen wie Eisenerz, Kokskohle und Kalkstein sowie einem Anteil Stahlschrott hergestellt. Die charak- teristischen Eigenschaften dieses Metalls erlauben es, Stahl immer wieder von Neuem einzuschmelzen und mit Ressourcen, die in der Natur vorkommen, zu einem neuen Stahlprodukt zu verarbeiten. Und das alles ohne Minderung der Qualität immer und immer wieder. Ganz plakativ gesagt: Trennt der Ver- braucher heute seinen Abfall richtig und wirft sei- ne Dose in den gelben Sack, so wird daraus morgen vielleicht ein Bestandteil eines Fahrrads und über- morgen ein Autoteil. Der Materialkreislauf ist ge- schlossen. Einfacher als mit Verpackungsstahl geht Recycling nicht. Daher finden wir auch alle Ansätze richtig, bei denen Verpackungsmaterialien nicht am Ende ihrer Nutzung deponiert oder verbrannt wer- den. Der geschlossene Kreislaufgedanke ist es, den Das Recycling von Verpackungsstahl spielt hier bei der Einsparung von knappen Ressourcen und damit von CO 2 eine große Rolle. Jede Tonne Stahlschrott, die bei der Herstellung von Stahl eingesetzt wird, spart das 1,5-fache ihres Gewichts an CO 2 . Auch hier zeigt sich, wie man mit einfachen Mitteln einen star- ken Akzent zur Vermeidung von CO 2 setzen kann. Da- rüber hinaus verfolgen wir bei thyssenkrupp zwei An- sätze, um die Stahlerzeugung selbst klimaneutral zu machen. Einerseits werden wir anstelle von Kohlen- stoff Wasserstoff als Reduktionsmittel im Hochofen- prozess einsetzen. So wird Wasserdampf statt CO 2 freigesetzt. Zugleich wandeln wir bereits entstandene Treibhausgase in wertvolle Chemieprodukte wie Me- thanol oder Ammoniak um. Unser Ziel ist es, bis 2050 unsere Stahlproduktion CO 2 -neutral zu machen. Mehr Infos unter: www.thyssenkrupp-steel.com ›