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Wolfgang Lucht,
Leiter Abteilung
Erdsystemanalyse,
Potsdam-Institut
für Klimafolgenforschung
Zivilisiert euch
Um die Erde in der Umwelt- und Kli-
makrise zu retten, müssen wir konse-
quent die Folgerungen aus unserem
Wissen ziehen und zum Beispiel jetzt
ein starkes Klimaschutzgesetz verab-
schieden und die weitere Vergiftung
der Natur stoppen. Vor allem aber müs-
sen wir uns selbst retten. Wir könnten
uns in die Augen sehen und uns fragen,
wie wir eigentlich gemeint waren, wie
es steht mit unseren Ambitionen und
Vorstellungen. Atemlosigkeit, Selbst-
bezogenheit und Kurzsichtigkeit sind
das Gegenteil der Ideale, die uns wich-
tig sind. Das Ausmaß der Umweltzer-
störung weist auf tief gestörte Macht-
strukturen hin. Die Umweltkrise ist
längst zur Systemkrise geworden. Das
zivilisatorische Versprechen eines er-
füllten und vielfältigen guten Lebens
wird von den Strukturen der kapitalis-
tischen Moderne überwältigt. Was uns
retten kann, ist daher mehr als nur ver-
bessertes Wissen, mehr als Manage-
ment und Technologien. Wir brauchen
eine Kultur der Nachhaltigkeit. Die
Integrität des eigenen Ichs, des Pla-
neten und der Bedingungen, unter de-
nen wir leben, sind dafür zentral. Wer
vermeintliche Freiheiten verteidigt,
indem er Raubbau, Verwüstung und
Wegsehen fördert, hat nicht verstan-
den, dass vielmehr Verbundenheit mit
Natur und Zukunft, Mitmenschlich-
keit, Mitgeschöpflichkeit und Nach-
denklichkeit überzeugende Antworten
auf die Herausforderung unserer Zeit
enthalten. Nur eine Gesellschaft, die
dies versteht, kann sich zurecht noch
als Zivilisation bezeichnen.
Hannes Jaenicke,
Schauspieler und
Umweltaktivist
Keine Ausreden mehr
Plastik ist die Pest der modernen Zi-
vilisation. Inzwischen sprechen wir
von einer Umweltverschmutzung von
katastrophalem Ausmaß. Jede Stun-
de landen 675 Tonnen Plastikmüll im
Meer, acht Millionen Tonnen davon
sind das Gesamtgewicht der Plastik-
flaschen, die jedes Jahr in unseren
Weltmeeren – und letztlich wieder
auf unseren Tellern – landen. In je-
dem Quadratkilometer schwimmen
rund 18.000 Plastikteile und 100.000
Meeressäuger verenden qualvoll
durch Müll, den sie verschlucken.
Es kann doch nicht sein, dass das
immer so weitergeht. Die Bundesre-
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Ihr Name,
Leser
Volker Knittel,
Leser
Schreiben Sie uns Ihre Antwort und viel-
leicht erscheinen Sie im nächsten Heft. Emissionsverzicht
muss sich auszahlen
gierung muss endlich mehr aktiven
Einsatz gegen den Plastikwahnsinn
zeigen – aber auch wir Verbraucher.
Es muss sich jeder bewusst machen,
dass pro Stunde allein in Deutsch-
land zwei Millionen Plastikeinweg-
flaschen verbraucht werden. Jeder
Einzelne muss daher seinen eigenen
Plastikverbrauch hinterfragen und
nach Alternativen suchen, diesen zu
reduzieren. Und das geht doch so ein-
fach: Plastiktüten durch Baumwoll-
beutel ersetzen, Gemüse mit Schale
nicht nochmal in Plastik einpacken
und so weiter. Und auch abgefüll-
tes Wasser zu kaufen, macht abso-
lut keinen Sinn, denn bestes Wasser
kommt bereits aus dem Hahn. Eine
Familie verbraucht schnell Tausende
Einwegplastikflaschen. Sind wir ei-
gentlich noch zu retten? Man merkt,
dass schon einiges im Wandel ist in
Deutschland – aber das ist einfach
noch nicht genug. Da sind uns andere
Länder meilenweit voraus. Die weltweite Wirtschaft beruht auf
einem gut funktionierenden System
von Angebot und Nachfrage. Leider
sind dabei sogenannte öffentliche Gü-
ter wie saubere Luft, sauberes Trink-
wasser oder Artenvielfalt bisher ohne
Preis, welcher der individuellen Nut-
zung oder gar dem (endgültigen) Ver-
brauch zugeordnet werden könnte.
Nachhaltigkeit hat aber nur dann eine
Chance, wenn diese einfach zu ver-
mitteln ist. Niemand will für jede Ent-
scheidung – ob beim Einkauf oder bei
der Mobilität – jeweils eine Ökobilanz
aufstellen oder bei einem Umweltver-
band nachfragen, ob diese oder jene
Entscheidung nun akzeptabel ist. Je-
der hat doch die Möglichkeit, seinen
individuellen ökologischen Fußab-
druck zu ermitteln. In einem nachhal-
tigen Wirtschaftssystem wäre es nur
konsequent, wenn die Personen mit
den höchsten Emissionen diejenigen
mit den geringsten Emissionen, also
für deren Verbrauchsverzicht, ali-
mentieren. Vielleicht wäre das sogar
die Grundlage für ein nachhaltiges
Steuersystem.
Was ist Ihre Meinung?
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
wir weltweit fördern müssen, um unseren Kindern
eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Und hier
ist Stahl heute schon spitze.
Aber so ein Kreislauf kann nur funktionieren,
wenn die Verbraucher mitmachen.
Richtig. In Deutschland können wir stolz darauf sein,
dass die Recyclingrate von Weißblech 91 Prozent be-
trägt. Damit ist Weißblech das meistrecycelte Verpa-
ckungsmaterial. Allein in unserem Land wird jähr-
lich so viel Verpackungsstahl wiederverwertet, dass
aus dem daraus produzierten Stahl 27 Eiffeltürme
hergestellt werden könnten. Aber natürlich gibt es
weiter Luft nach oben. Jeder Einzelne trägt Verant-
wortung gegenüber der Gesellschaft und sollte Müll
richtig trennen.
Wie kann bei der Herstellung von Stahl
die CO 2 -Freisetzung reduziert werden?
Dr. Peter Biele, CEO thyssenkrupp Rasselstein GmbH
VERPACKUNGSSTAHL STATT PLASTIKMÜLL
Die Erde ächzt unter einer immer weiter steigenden
Flut von Plastikmüll. Warum kann es so weit mit
Stahlverpackungen erst gar nicht kommen?
Verpackungsstahl wird aus natürlichen Rohstof-
fen wie Eisenerz, Kokskohle und Kalkstein sowie
einem Anteil Stahlschrott hergestellt. Die charak-
teristischen Eigenschaften dieses Metalls erlauben
es, Stahl immer wieder von Neuem einzuschmelzen
und mit Ressourcen, die in der Natur vorkommen,
zu einem neuen Stahlprodukt zu verarbeiten. Und
das alles ohne Minderung der Qualität immer und
immer wieder. Ganz plakativ gesagt: Trennt der Ver-
braucher heute seinen Abfall richtig und wirft sei-
ne Dose in den gelben Sack, so wird daraus morgen
vielleicht ein Bestandteil eines Fahrrads und über-
morgen ein Autoteil. Der Materialkreislauf ist ge-
schlossen. Einfacher als mit Verpackungsstahl geht
Recycling nicht. Daher finden wir auch alle Ansätze
richtig, bei denen Verpackungsmaterialien nicht am
Ende ihrer Nutzung deponiert oder verbrannt wer-
den. Der geschlossene Kreislaufgedanke ist es, den
Das Recycling von Verpackungsstahl spielt hier bei
der Einsparung von knappen Ressourcen und damit
von CO 2 eine große Rolle. Jede Tonne Stahlschrott,
die bei der Herstellung von Stahl eingesetzt wird,
spart das 1,5-fache ihres Gewichts an CO 2 . Auch hier
zeigt sich, wie man mit einfachen Mitteln einen star-
ken Akzent zur Vermeidung von CO 2 setzen kann. Da-
rüber hinaus verfolgen wir bei thyssenkrupp zwei An-
sätze, um die Stahlerzeugung selbst klimaneutral zu
machen. Einerseits werden wir anstelle von Kohlen-
stoff Wasserstoff als Reduktionsmittel im Hochofen-
prozess einsetzen. So wird Wasserdampf statt CO 2
freigesetzt. Zugleich wandeln wir bereits entstandene
Treibhausgase in wertvolle Chemieprodukte wie Me-
thanol oder Ammoniak um. Unser Ziel ist es, bis 2050
unsere Stahlproduktion CO 2 -neutral zu machen.
Mehr Infos unter: www.thyssenkrupp-steel.com
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