+3 Magazin September 2018 | Page 16

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WIR FRAGEN :

WAS WOLLEN WIR FÜR UNSERE KINDER ?

... und was ist Ihre Meinung ?

www . plus-drei . de antwort @ plus-drei . de
Nur acht Prozent aller Kinder fahren mit dem Rad zur Schule – vor allem wegen der Angst der Eltern , ihre Sprösslinge könnten einen Unfall haben .
Quelle : Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
© iStock ./ Imgorthand
Gerald Hüther , Neurobiologe
Freude am Lernen
Niemand weiß heute , was unsere Kinder brauchen , um sich als Erwachsene in einer zunehmend komplexer werdenden Lebenswelt zurechtzufinden . Nur eines ist sicher : Wenn sich die Welt so schnell verändert , sollten unsere Kinder zu Hause , im Kindergarten und in der Schule vor allem diese eine Erfahrung machen können : dass es Freude macht , etwas Neues lernen zu dürfen , und dass es nichts Beglückenderes gibt , als sich gemeinsam mit anderen auf den Weg zu machen , um diese zukünftige Welt menschenwürdig zu gestalten . Diese Entdeckerfreude und Gestaltungslust
ist den Kindern angeboren . Oft geht sie ihnen aber bereits im Elternhaus verloren . Aber sie lässt sich wiederentdecken . Das zu ermöglichen , müsste zum zentralen Anliegen aller pädagogischen Bemühungen werden . An diesem Kriterium müsste sich alles ausrichten , was zu Hause , in Kindergärten und in Schulen geschieht . Grundvoraussetzung dafür ist jedoch , dass sich jedes Kind als Subjekt , als Gestalter seines eigenen Lernprozesses erlebt . Und das ist nur dann möglich , wenn Kinder und Heranwachsende von uns Erwachsenen künftig nicht mehr zu Objekten unserer Erwartungen und Bewertungen , unserer Belehrungen und Maßnahmen , unserer Belohnungen oder Bestrafungen gemacht werden . Jedes Kind müsste also spüren , dass es um seiner selbst willen bedeutsam genug ist . Oder einfacher : dass es bedingungslos geliebt wird . So einfach ist es , wir müssten es nur wollen .
Gerhard Fink , Leser
Vorbild und Vertrauen
„ Du sollst es einmal besser haben “ – mit diesem gut gemeinten , ehrenwerten Leitspruch wurden und werden leider auch viele Kinder gegängelt und in völlig falsche Richtungen gedrängt . Ziel ist es , unseren Kindern den Weg zu ebnen , eigenständige und selbstständig denkende und entscheidende Individuen zu werden . Mitläufer gibt es schon genug . Die wichtigste Frage ist , wie wir sie auf diesem Weg unterstützen können . In einer Welt der immer schnelleren Veränderungen , des kulturellen Wandels und der politischen Unsicherheit kann man leicht die Orientierung verlieren . Das wirkliche
Vorleben – nicht Vorspielen – einer ethisch-moralischen Haltung ist ein Grundpfeiler . Ein anderer ist es , den Gesprächskanal offen zu halten . Zu viele Einschränkungen , Verbote und Ermahnungen blockieren diesen Kanal . Die Kinder werden trotzdem einen Weg finden , das zu tun , was sie wollen . Aber dann sind die Eltern außen vor . Wenn Kinder zu Hause alles erzählen können , wenn sie eine vertrauensvolle Anteilnahme vorfinden und nicht gleich Verurteilung und Maßregelung , dann ist das die beste Voraussetzung , sie auf ihrem Weg wirklich begleiten zu können . Erziehung ist immer eine Gratwanderung zwischen Leitplanken , die wir setzen , und Freiheiten , die wir zulassen . Freiheiten verursachen bei Eltern Ängste , Leitplanken schränken unter Umständen die Kinder ein . Vorleben und Vertrauen sind die beiden Eckpfeiler , auf denen das Aufwachsen unserer Kinder ruhen sollte .