+3 Magazin September 2016 | Page 19

+2 Günther Bachmann, Generalsekretär Rat für Nachhaltige Entwicklung Idylle als Verweigerung Saubere Kinderhände halten fein gesiebten Torfboden. Ein Schmetterling fliegt in das Sonnenlicht. Ein grün gefärbter Globus. Solche Bilder beschmücken oft Texte zur Verantwortung von Unternehmen. Der Liaison aus Chefetage und Werbeagentur gilt die Nachhaltigkeit als ein Stoff aus Idylle und Ideal. Das soll die reale Verantwortung auf geräumiger Distanz halten. In der realen Welt gilt indessen anderes. Dort zählt der Mut zum Übergang, wenn nötig auch zum Alleingang. Dort müssen Produkte auch gegen harte Interessen verändert, Produktionen auch einmal eingestellt werden. Dort ist Verzicht zwar unangenehm, aber nicht ausgeschlossen. Dort schafft man Chancen und Nutzen, indem man die Maximierung von Gewinn am ge- sellschaftlichen Sinn bemisst. Längst geht es um mehr als ein paar „politisch korrekte“ Umweltmaßnahmen. Der Nachhaltigkeitskodex überprüft auch Menschenrechte, Rohstoffe und Anti-Korruption, Beteiligung von Mitarbeiter, fairen Handel. Mittlerweile gewinnt die nachhaltige Wirtschaft an Gewicht, in manchen Branchen schon sehr deutlich. Aber die 19 Mehrheit verweigert sich. Ihr gilt die Nachhaltigkeit noch als ideologischer Sonderposten. Komisch eigentlich, denn unverantwortliches Handeln gefährdet die Kultur eines Unternehmen und damit dasselbe nicht selten auch als Ganzes. Die Idylle ist ein Flucht in die Verweigerung, gelebte Nachhaltigkeit ist eine Bewährungsprobe. WELCHE ZIELE VERFOLGEN SIE MIT IHREM CSR-ENGAGEMENT? Ergebnis einer Befragung von 297 der umsatzstärksten Unternehmen mit CSR Nachhaltiger ökonomischer Nutzen 66,7 % 37 % Kommunikation sozialer Verantwortung 80,8 % Mitarbeitermotivation 43,1 % Keine Angaben Inge Lorenz, Leserin 1,3 % Unternehmen sollten Verantwortung für die Summe der „Schadschöpfung“ übernehmen, nicht die Gesellschaft. Quellen: BBDO, Statista DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Ein Job ist ein starker Hebel, um Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen. Deutsche Unternehmen, die Geflüchteten eine Beschäftigung oder Ausbildung anbieten, leisten hier Großes. Sie vereinen Integration Elena Trautmann, Leserin Feste Bindungen Soziale Verantwortung ist für große Unternehmen schon immer ein wichtiges Thema gewesen. So ist es zum Beispiel der Familie Krupp zu verdanken, dass kostengünstige Wohnungen neben der Fabrik entstanden sind und wir dadurch heute unsere Sozialsysteme haben. Krupp war es wichtig, dass sich seine Mitarbeiter wohlgefühlt haben und die Firma wie eine Familie sahen. Heutzutage gehen manche Unternehmen sogar noch etwas weiter, was mich manchmal eher an eine Sekte erinnert. Aber alles in allem ist es wichtig, dass sich Ich finde, dass gerade große Unternehmen es nicht so genau mit der Verantwortung nehmen. Man nehme zum Beispiel einen großen Elektronikhersteller, der eine Frucht im Logo hat. Die Steuermentalität dieses Konzerns ist unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung gesehen mehr als nur fraglich. Im Gegenzug wird aber mit der ökologisch nachhaltigen Produktion der Geräte geworben. Komisch. 3,4 % Integration in das gesellschaftliche Umfeld 65,3 % Verantwortungvoll integrieren Gefährliche Doppelmoral Sonstige Imageverbesserung Christina Mersch, Projektleiterin „NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ Rainer Winkelmann, Leser und unternehmerisches Denken. Im „NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ werden Lösungen entwickelt, um Geflüchtete und Unternehmen zusammenzubringen. NETZWERK-Unternehmen finden kreative Lösungen, die Geflüchteten und Unternehmen nützen. Mit wie viel Elan sie das tun, sehe ich bei unseren mittlerweile 850 Mitgliedsunternehmen. Sie nutzen Jobcenter oder private Initiativen, lassen ausländische Berufsabschlüsse prüfen und recherchieren die aktuelle Rechtslage. Pragmatisch gestalten unsere Mitgliedsunternehmen die Integration dieser Menschen in den Betrieb: Sie durch- forsten den Papierdschungel, suchen passende Ausbildungswege, organisieren Sprachkurse oder gemeinsame Aktivitäten. Im konstruktiven Dialog erkennen beide Seiten kulturelle Unterschiede und lernen, aufeinander zuzugehen. Im Projekt „NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ fügen wir diese Erfahrungen zusammen und schaffen so Synergien für alle. Unsere Erkenntnis: Unternehmen bieten Geflüchteten die Möglichkeit, sich eine eigene Existenz aufzubauen, und nehmen