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Tanja Berger, Leserin
Positive Eigenwerbung
Es dreht sich immer im Kreis: Die
Unternehmen sagen, wir verkaufen
die Produkte, weil die Kunden nach
dem Preis schauen – sei es bei Rindfleisch, bei dem die Tiere mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert
wurden, oder bei Textilien, bei deren
Herstellung nicht alles so abläuft,
dass man es mit ruhigem Gewissen
tragen könnte. Und die Konsumenten sagen, man könne ja doch nicht
nachvollziehen, was wie hergestellt
wurde. Erst Gesetze legen einen gewissen Standard fest, der nicht unterschritten werden darf. Allerdings
sehe ich durchaus die Verantwortung
von Unternehmen darin, die Entscheidung für oder gegen eine nachhaltige Produktion nicht den Kunden zu überlassen, sondern aus der
Position heraus, Lieferketten nachvollziehen und gestalten zu können,
den nachhaltigen Weg zu gehen. Dies
darf dann auch ruhig kommuniziert
werden.
WARUM SOLLTEN UNTERNEHMEN TRANSPARENT SEIN ?
Ergebnis einer Befragung von Personen zwischen 14 und 69 Jahren in Deutschland
Um Vertrauen zu gewinnen
oder zu erhalten
89
Um ein positives
Image aufzubauen
86
Um die Loyalität der
Kunden zu steigern
83
Um als vorbildlicher Arbeitgeber
wahrgenommen zu werden
81
Um langfristig einen
Imageschaden zu verhindern
78
Um die Loyalität der
Mitarbeiter zu steigern
77
Um den Verkauf der eigenen
Produkte/Dienstleistungen
zu steigern
77
Sonst bieten sie ihren
Kritikern eine Angriffsfläche
67
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Saskia Juretzek,
Nachhaltigkeitsmanagerin
Manager im Dilemma
Auch wenn sich immer mehr Unternehmen ihrer Verantwortung bewusst werden, hapert es noch sehr an
der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in der Praxis. Die größte
Herausforderung für Nachhaltigkeitsmanager sind wohl die alltäglich zu bewältigenden Dilemmata
zwischen widersprüchlichen ökonomischen Rationalitäten (Effizienz
und Nachhaltigkeit) und Konflikten
Vorreiter sein
Jeder Mensch und jedes Unternehmen steht in der Verpflichtung, nicht
nur in seinen eigenen Kategorien zu
denken, sondern bei allen Aktivitäten
die Auswirkungen auf Mitmenschen,
Umwelt und Gesellschaft im Blick zu
haben. Das gilt vor allem für Unternehmen, die sich auf ihre Weise in
einer exponierten Stellung befinden.
Fußball-Clubs sind definitiv exponiert,
für viele Fans ist „ihr“ Verein emotionale Heimat. Damit haben Clubs die
Chance, ihre öffentliche Rolle zu nutzen und initiative Beiträge zur Stärkung nachhaltigen Denkens zu leisten.
Andererseits erwächst daraus aber
40
60
Anteil der beiden höchsten Antwortkategorien (Top-Two-Boxes) in %
zwischen den Dimensionen nachhaltiger Entwicklung selbst (sozial,
ökologisch, ökonomisch). Nach meiner in 2013/14 unter Managern und
Beratern durchgeführten Studie sind
die häufigsten die zwischen Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz. Berater sagten aus, dass Manager diesen Dilemmata meistens unbewusst
ausweichen – nur ein Drittel sieht
eine bewusste Bewältigung. Dies erfordert aber bestimmte, selten umfassend vorhandene Kompetenzen
der betroffenen Entscheider. Unter
den fünf wichtigsten finden sich Beharrlichkeit, Glaubwürdigkeit, systemisches Denken, fachübergreifendes
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
Thomas Röttgermann,
Geschäftsführer
Unternehmensentwicklung,
VfL Wolfsburg
Fußball GmbH
20
auch die Verpflichtung, möglichst in
gesellschaftlichen Dimensionen zu
handeln. Und dies mit Blick auf alle
Stoßrichtu ngen der Nachhaltigkeit.
Der VfL Wolfsburg engagiert sich daher bereits seit über zehn Jahren im
Bereich Corporate Social Responsibility. Unter dem Claim „Gemeinsam
bewegen“ initiieren wir konzeptionell
ausgerichtete Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Integration, Gesundheit und Umwelt. Unter anderem mit
der Nutzung von Ökostrom und Grauwasser, der Unterstützung von Flüchtlingen oder dem Pflanzen von Bäumen
übernimmt der VfL Wolfsburg konkret
Verantwortung. Mit der Veröffentlichung des dritten Nachhaltigkeitsberichtes machen wir unsere Planungen
und Fortschritte transparent. Diese
Transparenz macht uns glaubwürdig
und motiviert alle Mitarbeiter des VfL,
proaktiv zu bleiben und unsere Vorreiterrolle in der Bundesliga unter Beweis
zu stellen.
Nachhaltigkeitswissen und Kommunikationsfähigkeit. Eine erfolgreiche
Umsetzung erfordert letztlich ein
Bewusstsein für Dilemmata zu entwickeln, alle gesetzten Nachhaltigkeitsziele langfristig zu verfolgen und
die erforderlichen Kompetenzen der
Manager zu trainieren. Unternehmen müssen erkennen, dass es oft
weniger relevant für einen Nachhaltigkeitsmanager ist, Erfahrung in einem bestimmten Unternehmen oder
einer Branche zu haben, sondern ein
fundiertes fachübergreifendes Nachhaltigkeitswissen zu besitzen.
Sahra Wagenknecht,
Fraktionsvorsitzende
der Linken im Deutschen
Bundestag
Marktwirtschaft ohne
Kapitalismus
Streng genommen können Unternehmen keine Verantwortung übernehmen. Das können nur handelnde
Personen: Unternehmer, Manager
und Arbeitnehmer. Die aber müssen heute – insbesondere in großen
Betrieben – die Vorgaben der Kapitalgeber berücksichtigen. Nicht selten haben Unternehmensgründer
und technische Pioniere, wie schon
der Ingenieur Gottlieb Daimler, so
in ihren Firmen ihre Selbständigkeit
eingebüßt. Das ist fatal, denn die Interessenunterschiede sind immens.
Kapitalgeber wollen Rendite sehen
und Geld aus dem Unternehmen zie-
80
Quellen: Klenk & Hoursch, Statista
Sieghard Brender, Leser
Schwarze Schafe
Zu den Unternehmen, die am stärksten gefährdet sind unverantwortlich
zu handeln, gehören sicherlich diejenigen, die metallische oder mineralische
Rohstoffe importieren. Konkret geht
es um Umweltprobleme vor Ort, Korruption und ausbeuterische Arbeitsbedingungen – und im Kongo außerdem
um die Finanzierung des Bürgerkriegs
durch den Handel mit Rohstoffen wie
Coltan, Kupfer, Zinn und Gold.
hen. Faktisch ist das leistungsloses
Einkommen, das dann für Investitionen oder gute Löhne fehlt. Ein von
der Zentralbank finanzierter öffentlicher Wagniskapitalfonds könnte diese Abhängigkeit überwinden helfen.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen dagegen können Kapitalgeber in
ihrem Interesse starken Druck ausüben. Rendite kann nicht nur durch
überlegene Qualität und Produktivität gesteigert werden, sondern auch,
indem auf langfristige Investitionen
verzichtet, der Preis bei Zuliefern
gedrückt oder auch mal bei der Erfüllung von Abgasnormen betrogen
wird. Unternehmer, Manager und
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben sicherlich eine Mitverantwortung. Aber damit sie wirklich
Verantwortung für die Ziele und Prioritäten des Wirtschaftens übernehmen können, muss ihre Abhängigkeit
von externen Eigentümern überwunden werden. Anders ausgedrückt:
Wir brauchen eine Marktwirtschaft
ohne Kapitalismus.
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