+3 Magazin September 2016 | Page 16

+2 16 › Tanja Berger, Leserin Positive Eigenwerbung Es dreht sich immer im Kreis: Die Unternehmen sagen, wir verkaufen die Produkte, weil die Kunden nach dem Preis schauen – sei es bei Rindfleisch, bei dem die Tiere mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert wurden, oder bei Textilien, bei deren Herstellung nicht alles so abläuft, dass man es mit ruhigem Gewissen tragen könnte. Und die Konsumenten sagen, man könne ja doch nicht nachvollziehen, was wie hergestellt wurde. Erst Gesetze legen einen gewissen Standard fest, der nicht unterschritten werden darf. Allerdings sehe ich durchaus die Verantwortung von Unternehmen darin, die Entscheidung für oder gegen eine nachhaltige Produktion nicht den Kunden zu überlassen, sondern aus der Position heraus, Lieferketten nachvollziehen und gestalten zu können, den nachhaltigen Weg zu gehen. Dies darf dann auch ruhig kommuniziert werden. WARUM SOLLTEN UNTERNEHMEN TRANSPARENT SEIN ? Ergebnis einer Befragung von Personen zwischen 14 und 69 Jahren in Deutschland Um Vertrauen zu gewinnen oder zu erhalten 89 Um ein positives Image aufzubauen 86 Um die Loyalität der Kunden zu steigern 83 Um als vorbildlicher Arbeitgeber wahrgenommen zu werden 81 Um langfristig einen Imageschaden zu verhindern 78 Um die Loyalität der Mitarbeiter zu steigern 77 Um den Verkauf der eigenen Produkte/Dienstleistungen zu steigern 77 Sonst bieten sie ihren Kritikern eine Angriffsfläche 67 0 Saskia Juretzek, Nachhaltigkeitsmanagerin Manager im Dilemma Auch wenn sich immer mehr Unternehmen ihrer Verantwortung bewusst werden, hapert es noch sehr an der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in der Praxis. Die größte Herausforderung für Nachhaltigkeitsmanager sind wohl die alltäglich zu bewältigenden Dilemmata zwischen widersprüchlichen ökonomischen Rationalitäten (Effizienz und Nachhaltigkeit) und Konflikten Vorreiter sein Jeder Mensch und jedes Unternehmen steht in der Verpflichtung, nicht nur in seinen eigenen Kategorien zu denken, sondern bei allen Aktivitäten die Auswirkungen auf Mitmenschen, Umwelt und Gesellschaft im Blick zu haben. Das gilt vor allem für Unternehmen, die sich auf ihre Weise in einer exponierten Stellung befinden. Fußball-Clubs sind definitiv exponiert, für viele Fans ist „ihr“ Verein emotionale Heimat. Damit haben Clubs die Chance, ihre öffentliche Rolle zu nutzen und initiative Beiträge zur Stärkung nachhaltigen Denkens zu leisten. Andererseits erwächst daraus aber 40 60 Anteil der beiden höchsten Antwortkategorien (Top-Two-Boxes) in % zwischen den Dimensionen nachhaltiger Entwicklung selbst (sozial, ökologisch, ökonomisch). Nach meiner in 2013/14 unter Managern und Beratern durchgeführten Studie sind die häufigsten die zwischen Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz. Berater sagten aus, dass Manager diesen Dilemmata meistens unbewusst ausweichen – nur ein Drittel sieht eine bewusste Bewältigung. Dies erfordert aber bestimmte, selten umfassend vorhandene Kompetenzen der betroffenen Entscheider. Unter den fünf wichtigsten finden sich Beharrlichkeit, Glaubwürdigkeit, systemisches Denken, fachübergreifendes DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Thomas Röttgermann, Geschäftsführer Unternehmensentwicklung, VfL Wolfsburg Fußball GmbH 20 auch die Verpflichtung, möglichst in gesellschaftlichen Dimensionen zu handeln. Und dies mit Blick auf alle Stoßrichtu ngen der Nachhaltigkeit. Der VfL Wolfsburg engagiert sich daher bereits seit über zehn Jahren im Bereich Corporate Social Responsibility. Unter dem Claim „Gemeinsam bewegen“ initiieren wir konzeptionell ausgerichtete Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Integration, Gesundheit und Umwelt. Unter anderem mit der Nutzung von Ökostrom und Grauwasser, der Unterstützung von Flüchtlingen oder dem Pflanzen von Bäumen übernimmt der VfL Wolfsburg konkret Verantwortung. Mit der Veröffentlichung des dritten Nachhaltigkeitsberichtes machen wir unsere Planungen und Fortschritte transparent. Diese Transparenz macht uns glaubwürdig und motiviert alle Mitarbeiter des VfL, proaktiv zu bleiben und unsere Vorreiterrolle in der Bundesliga unter Beweis zu stellen. Nachhaltigkeitswissen und Kommunikationsfähigkeit. Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert letztlich ein Bewusstsein für Dilemmata zu entwickeln, alle gesetzten Nachhaltigkeitsziele langfristig zu verfolgen und die erforderlichen Kompetenzen der Manager zu trainieren. Unternehmen müssen erkennen, dass es oft weniger relevant für einen Nachhaltigkeitsmanager ist, Erfahrung in einem bestimmten Unternehmen oder einer Branche zu haben, sondern ein fundiertes fachübergreifendes Nachhaltigkeitswissen zu besitzen. Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linken im Deutschen Bundestag Marktwirtschaft ohne Kapitalismus Streng genommen können Unternehmen keine Verantwortung übernehmen. Das können nur handelnde Personen: Unternehmer, Manager und Arbeitnehmer. Die aber müssen heute – insbesondere in großen Betrieben – die Vorgaben der Kapitalgeber berücksichtigen. Nicht selten haben Unternehmensgründer und technische Pioniere, wie schon der Ingenieur Gottlieb Daimler, so in ihren Firmen ihre Selbständigkeit eingebüßt. Das ist fatal, denn die Interessenunterschiede sind immens. Kapitalgeber wollen Rendite sehen und Geld aus dem Unternehmen zie- 80 Quellen: Klenk & Hoursch, Statista Sieghard Brender, Leser Schwarze Schafe Zu den Unternehmen, die am stärksten gefährdet sind unverantwortlich zu handeln, gehören sicherlich diejenigen, die metallische oder mineralische Rohstoffe importieren. Konkret geht es um Umweltprobleme vor Ort, Korruption und ausbeuterische Arbeitsbedingungen – und im Kongo außerdem um die Finanzierung des Bürgerkriegs durch den Handel mit Rohstoffen wie Coltan, Kupfer, Zinn und Gold. hen. Faktisch ist das leistungsloses Einkommen, das dann für Investitionen oder gute Löhne fehlt. Ein von der Zentralbank finanzierter öffentlicher Wagniskapitalfonds könnte diese Abhängigkeit überwinden helfen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen dagegen können Kapitalgeber in ihrem Interesse starken Druck ausüben. Rendite kann nicht nur durch überlegene Qualität und Produktivität gesteigert werden, sondern auch, indem auf langfristige Investitionen verzichtet, der Preis bei Zuliefern gedrückt oder auch mal bei der Erfüllung von Abgasnormen betrogen wird. Unternehmer, Manager und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben sicherlich eine Mitverantwortung. Aber damit sie wirklich Verantwortung für die Ziele und Prioritäten des Wirtschaftens übernehmen können, muss ihre Abhängigkeit von externen Eigentümern überwunden werden. Anders ausgedrückt: Wir brauchen eine Marktwirtschaft ohne Kapitalismus. ›