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Stefan Hell,
Chemienobelpreisträger
Mehr als
nur Stereotype
Verlässlichkeit in Kombination mit
einer gesunden Portion Pragmatismus sind meiner Meinung nach die
beiden typisch deutschen Eigenschaften, die unser Land im internationalen Vergleich gut dastehen
lassen – zumindest, wenn es um Forschung geht. Na klar, Stereotype sind
immer mit Vorsicht zu genießen, aber
tatsächlich ist Deutschland im direkten Vergleich mit anderen Ländern
Forschern und Entdeckern eher positiv eingestellt. Das zeigt sich nicht
nur an der überdurchschnittlich hohen Dichte an Wissenssendungen im
Fernsehen, sondern baut auf langer
Tradition auf: In den vergangenen
200 Jahren haben deutsche Forscher maßgeblich zu dem Kenntnisstand über die Welt beigetragen,
über den wir heute verfügen. Dieser
Wissensvorsprung ist es auch, der
unser eigentliches Vermögen ist und
den wir nach Möglichkeit ausbauen
sollten. Unser heutiger Wohlstand
ist schließlich kein Glücksfaktor,
sondern das Ergebnis einer langen
gesellschaftlichen Entwicklung, die
auf ihrem Weg viele Opfer gefordert
hat. Wer hier geboren ist, neigt dazu,
das alles als selbstverständlich zu
empfinden, aber das ist es nicht: Ich
wurde als Mitglied einer deutschen
Minderheit in Rumänien geboren
und hatte als Banater Schwabe alles andere als eine rosige Zukunftsperspektive. Meinen Eltern ist es zu
verdanken, dass ich hier aufwachsen
durfte – und meinen Erfahrungen in
der Kindheit, dass ich jeden Tag zu
schätzen weiß, welche Möglichkeiten
mir hier geboten werden.
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
Michael Ruck,
Geschäftsführer,
Fritz Ruck
Ophthalmologische
Systeme GmbH
Neue Tugenden
Typisch deutsch? Die üblichen Verdächtigen: Angela Merkel, Jogi Löw,
Helene Fischer – natürlich. Also
Beharrlichkeit, Fleiß, Pünktlichkeit
und Präzision – klar. Aber in Zeiten
wie diesen wird eine weitere „typisch
deutsche“ Errungenschaft immer
wichtiger: Leben und leben lassen in
einer Konsenskultur.
Um es gleich zu sagen: Nein, ich bin
kein Gewerkschafter. Und sicher
auch kein Sozialromantiker. Ich bin
Unternehmer, wir entwickeln und
vertreiben Systeme für die Augenchirurgie – und sind stolz auf „Made in
Germany“.
Die Spatzen pfeifen es von allen
Unternehmensdächern: Überall ist
Wettbewerb, je globalisierter, desto mehr. Da zählen auch die Preise.
Und damit die eigene Kostenstruktur. Da beginnt manch einer, Druck
auszuüben: auf Mitarbeiter, Lieferanten, Partner, auf den eigenen
Service. Denn was die nicht kosten,
muss im Markt nicht erlöst werden.
Robert Bosch sah das anders: „Ich
zahle nicht gute Löhne, weil ich viel
Geld habe, sondern ich habe viel
Geld, weil ich gute Löhne zahle.“
Und: „Ich verdanke meinen Erfolg
weniger meinen Kenntnissen als
meinem Charakter.“ Recht hatte er.
Denn das Wirtschaftswunder kam
mit sozialer Marktwirtschaft und
Mitbestimmung, mit selbstbewussten, kaufkräftigen, weil gut bezahlten
Arbeitnehmern und Konsumenten.
Auch „typisch deutsche“ Qualitäten.
Und damit nicht Erfolgshindernisse,
sondern Erfolgsgeheimnisse.
Deutscher wirD es nicht mehr: Der Durchschnittsbürger im Querschnitt
… ist 45 Jahre alt und verheiratet, hat 1,4 Kinder und
lebt in einer 92 qm großen
Stadtwohnung zur Miete
… steht um 6:30 Uhr auf
und trinkt Kaffee,
natürlich mit Milch
und Zucker
… ist Lehrer, Beamter oder
Selbstständiger, fährt mit
dem Auto zur Arbeit und
braucht dafür 20 Minuten
… kommt um 18 Uhr nach Hause und
sieht dann noch 3:42 Stunden
fern, während er 0,27 Liter Bier und
2,76 Zigaretten raucht (entspricht
100 Litern Bier und 1008 Zigaretten
im Jahr)
DeutschlanDs
Durchschnittsbürger
…
… gibt 75 Prozent seines Verdienstes
für Konsum aus: zum Beispiel
für 55 Kilo Kartoffeln und 52 Kilo
Schweinefleisch
Quelle: Statistisches Bundesamt, Jahrbuch 2014
… hat einen 8-Stunden-Vertrag,
arbeitet in der Regel aber 9
Stunden und verdient damit
45.500 Euro brutto jährlich
… macht um Punkt
12:30 Uhr
Mittagspause