+3 Magazin Oktober 2020 | Page 10

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WIR FRAGEN :

WAS REVOLUTIONIERT

DEN VERKEHR ?

So stellte man sich die Zukunft in den 1960ern vor . Allerdings ist knapp daneben auch vorbei : Magnetschwebebahnen haben nie den Durchbruch geschafft – zumindest nicht in Deutschland .
Quelle : diezukunft . de
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Andreas Keßler , Auto-Journalist
Mehr Realitätssinn
Die „ Verkehrsrevolution “ wird es nicht geben . Eine Revolution muss schnell gehen . Veränderungen der aktuellen Verkehrssysteme bräuchten Dekaden . Die Gründe dafür sind ausgiebig diskutiert worden , revolutionär sind davon nur wenige . Um den Verkehr , zu dem vor allem die selbstbestimmte individuelle Mobilität gehört , schnell und nachhaltig zu revolutionieren , bedürfte es einschneidender Maßnahmen . Einen Vorgeschmack dafür lieferte im Frühjahr dieses Jahres der Lockdown , der den Verkehr zwar nicht zum Versiegen , aber immerhin nur noch zum Tröpfeln brachte .
Würde versucht werden , den Verkehr ebenso drastisch zu verändern , würde das scheitern . Wer einer Verkehrswende – ein viel diplomatischeres Wort als Verkehrsrevolution – näherkommen will , muss sich zunächst von der Ziel- und Maßnahmenkakophonie verabschieden und dann realistische Perspektiven aufzeigen . Wem nicht klar ist , wann was erreicht werden soll , der macht nicht mit . Geht es gegen den Lärm ? Oder die Schadstoffe ? Oder den CO 2 -Ausstoß ? Oder generell gegen die Blechlawine ? Oder wird etwa eine „ Einheitsmobilität “ angestrebt ? Und das ganze morgen oder erst in zehn Jahren ? Und bleiben Fahrrad , Tempolimit und E-Auto die Heilsbringer oder gibt es doch Alternativen , die bei allen spontane Zustimmung hervorrufen ? Bislang fehlt eine ideologiefreie und ehrliche Kommunikation der Mobilitätsziele und -möglichkeiten . Revolutionär wäre es , wenn diese auch realisiert würden .
Kraftstoff 2.0
Julia Hartmann , Professorin für nachhaltiges Lieferketten-Management , EBS Business School
In seiner jetzigen Form ist der Verkehr für einen substanziellen Teil der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich . Ungefähr 25 Prozent der jährlichen Emissionen entfallen auf den Transport von Gütern und Personen . Bis heute sind Verkehr und Treibhausgasemissionen eng miteinander verzahnt : Wächst der Verkehrssektor , steigen die Emissionen und umgekehrt . Um dem Klimawandel zu begegnen , müssen wir es schaffen , diese beiden Bereiche voneinander zu trennen . Aber wie ? Synthetische Kraftstoffe wären eine Möglichkeit , unser Emissionsproblem anzugehen .
Rein technisch ist es möglich , CO 2 aus der Luft zu extrahieren , zu verflüssigen und als Treibstoff für verschiedene Verkehrsträger einzusetzen . Damit entstehen keine neuen Kohlenstoff- Emissionen , sondern es werden bereits emittierte wieder und wieder im Verkehr eingesetzt . Sofern das CO 2 nach Verbrennung direkt wieder aufgefangen und für die erneute Kraftstoffherstellung verwendet wird , ist diese Technik CO 2 -neutral . Für die Herstellung von synthetischem Kraftstoff benötigt man neben CO 2 allerdings auch Wasser und erneuerbare Energie . Leider sind unsere erneuerbaren Energiekapazitäten bis heute nicht ausreichend und die Kosten für die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen zu hoch . Aber irgendwie hat die Menschheit es ja geschafft , die Kosten für die Herstellung und Verteilung fossiler Kraftstoffe zu stemmen . Also schaffen wir das ja wohl auch , oder ?