+3 Magazin Oktober 2018 | Page 24

+3 24 Dirk Schramm, Agraringenieur auf der Insel Usedom Die Mühe wert Unser Betrieb existierte zu DDR- Zeiten als LPG und arbeitet bereits seit 1992 nach den Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft. Im Laufe der Jahre haben wir viel in- vestiert, das Winterquartier für Rin- der und die Schweineställe umge- baut sowie Beton durch Büsche und Bäume ersetzt, wo es sich anbot. Auf den weitläufigen Grünflächen ist so unser drittes Standbein entstanden: die Geflügelhaltung. Wir entschie- den uns damals für die altbewähr- te Zweinutzungsrasse „Les Bleus“ und ein ökologisches Vertriebskon- zept. Alle Küken werden bei uns ausgebrütet – wir sortieren keine männlichen Küken aus. Hähne und Hennen ziehen wir gemeinsam auf. Sie leben in Gruppen von maximal 1.000 Tieren mit noch mehr Platz als bei der Standard-Ökohaltung in Mobilställen, die nach Bedarf auf frische grüne Flächen umgesetzt werden. Obligatorisch sind Bio-Fut- ter und längere Mastzeiten. Müssen wir „Les Bleus“-Geflügel daher als Abenteuer betrachten? Im Alltag Josef Karl, Leser Helden des Ackers Für mich als Hobbygärtner ist es faszi- nierend zu beobachten, wie sich Pflan- zen im Lauf der Jahreszeiten entwi- ckeln. Angefangen bei der Aussaat über das Keimen bis hin zur Ernte. Obwohl das alles wissenschaftlich untersucht ist und jedes Kind in der Schule lernt, was hier im Detail passiert, ist es im- mer wieder ein Wunder, wie neues Leben entsteht und wie wir Menschen letztendlich davon profitieren. Wenn man selber Hand anlegt, weiß man aber auch, wie viel Arbeit nötig ist, um am Ende Kartoffeln, Mohrrüben oder Erdbeeren zu ernten. Bauern leisten diesen ganzen Prozess im großen Maß- stab, zuverlässig Jahr für Jahr – und dass in einer Qualität und zu Preisen, die ein einzelner Enthusiast niemals hinbekommen kann. Leider ist vielen nicht bewusst, wie viel Arbeit in unse- ren Nahrungsmitteln steckt. Karsten Hosiner, Leser Zu Unrecht kritisiert Das Thema Klimawandel lässt uns nicht los. Im Gegenteil: Erst dieser sehr heiße und trockene Sommer hat uns mal wieder gezeigt, wohin die Reise wahrscheinlich geht. Nun haben unse- re Bauern deswegen eine Nothilfe vom Staat beantragen müssen – und zum Glück auch bekommen. Ich habe das Gefühl, dass sie dafür zu Unrecht kri- WIRTSCHAFTSFAKTOR Die Nettoumsätze der deutschen Landwirtschaft 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 36.481,84 36.205,86 37.303,74 37.260,87 35.910,66 31.194,88 27.943,51 25.144,25 34.867,11 31.641,66 28.639,6 26.136,45 24.343,05 23.468,47 23.051,13 › Quellen: Statistisches Bundesamt, Statista gibt es einige Unterschiede zu den Hybridrassen: Die Tiere legen we- niger und am Anfang viele kleine Eier, sie sind robuster und lebhafter, fressen aber mehr, zusätzlich auch durch die längere Haltungsdauer. Sie sind also mehr Lebewesen als Lebensmittel. Wir Bauern sind des- halb auf höhere Preise angewiesen. Für die Zukunft wünschen wir uns daher: bessere Vermarktung des ex- zellenten Hähnchenfleischs, mehr Landwirte, die mitmachen, und vie- le Verbraucher, die dieses Qualitäts- prinzip erkennen. tisiert wurden. Natürlich trägt die in- dustrialisierte Landwirtschaft mit der Massentierhaltung auch zur Verschär- fung der Situation bei. Doch daran sind auch wir Nichtbauern mit unseren Anforderungen schuld. Und im Gegen- satz zu einem Großteil der Bevölkerung steuern die Landwirte ihren Anteil zur Energiewende bei, da sie auf ihren Flä- chen große Anlagen zur Erzeugung von sauberem Strom betreiben. Friederike Loth, Leserin Mehr als Lebensmittel Es ist erstaunlich, wie oft man ohne nachzudenken mit Bauern und ihren Produkten in Berührung kommt. Als erstes fällt einem dabei natürlich das tägliche Essen ein. Letztendlich hat jedes Nahrungsmittel, auch in Form von Fleisch, seinen Ursprung in der Erde und wurde durch Bauern ange- baut und geerntet. Irgendwie ist es auch ein beruhigendes Gefühl, dass man diese überlebenswichtigen Pro- dukte und ihre Entstehung nicht di- gitalisieren kann, sondern dass hier immer Menschen am Werk sind. Aber auch andere Lebensbereiche werden von Landwirten mitgestaltet – ob es der Urlaub auf dem Bauernhof ist, der klassische Ausflug ins Grüne oder der Reitunterricht für Kinder. Ein weiteres Bestätigungsfeld ist der Energiesektor. Felder und Hofgebäu- de dienen als Standort für Wind- und Sonnenergie, Abfallprodukte werden zu Biogas und nachwachsende Roh- stoffe können zu Kraftstoff verarbei- tet werden. Brigitte Scherb, Präsidentin Deutscher Landfrauenverband (dlv) Herz und Motor der Betriebe Die Aufgaben der Frauen in der Landwirtschaft haben viele Facet- ten. Sie leiten erfolgreich landwirt- schaftliche Betriebe, treffen dabei mutige Entscheidungen und bauen ideenreich neue Standbeine auf. Sie sind es, die der Landwirtschaft ein Gesicht verleihen und oft die ers- te Ansprechpartnerin rund um das Thema Landwirtschaft sind – sei es im Kindergarten, in der Schule oder im Supermarkt. Nicht immer eine leichte Aufgabe. Das erinnert mich an meine Mutter, die in schwierigs- ten Zeiten mit meinem Vater unse- ren Hof wieder in Schwung brachte. Und uns Kindern eine glückliche Kindheit auf dem Hof ermöglichte – arbeitsreich, voll früher Verant- wortung und so schön, dass auch wir nur eines wollten: Landwirtschaft machen. Das gilt übrigens auch für meinen Sohn und meine zwei Töch- ter. Beide haben in einen Hof einge- heiratet, wo sie gleichberechtigt den Betrieb mitleiten. Hier wird deut- lich, warum Frauen häufig nicht als Chefin in der Statistik auftauchen. Die Zahl der Betriebsleiterinnen liegt laut statistischer Erhebung bei 8,6 Prozent, aber in der Realität sind mehr Frauen in der Betriebsführung aktiv. Der Deutsche Landfrauen- verband setzt sich mit Kraft dafür ein, dass es bald selbstverständlich ist, dass eine Chefin das Sagen hat. Denn eines ist sicher: Ob landwirt- schaftliches Studium oder prakti- sche Ausbildung, gut qualifiziert sind die jungen Frauen und sie wol- len mitbestimmen. Stefan Pieper, Leser DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Gute alte Zeit? Dr. Matthias Baum, Leiter KompetenzCenter AgrarPartner, R+V Versicherung Früher war alles besser. Das ist doch das klassische Totschlagargument von allen, die Angst vor Veränderungen ha- ben und sich am liebsten mit dem Sta- tus quo zufriedengeben. Gerade in der Landwirtschaft wird schnell klar, dass ohne Veränderungen und Fortschritt die heutige Gesellschaft nicht möglich wäre. Im Mittelalter hat sich eine Bau- ernfamilie selbst versorgt und musste mit ihren Überschüssen den Klerus und den Adel durchfüttern. Durch die Verbesserungen in der Landwirtschaft ist es heute so, dass sich ein Bruchteil der Bevölkerung um den Anbau der Nahrungsmittel kümmert und die gro- ße Mehrheit die Möglichkeit hat, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Wenn man sich allerdings ansieht, wel- che Auswirkungen das auf die Umwelt hat und wie viel unnötiger geistiger und materieller Unsinn verzapft wird, wünscht man sich doch das ein oder andere Mal in die gute alte Zeit zurück. Gut abgesichert Ich habe große Hochachtung vor dem, was landwirtschaftliche Unter- nehmen heute leisten. Die Bauern stehen unter einem enormen Druck. Die Konkurrenz ist groß, regional wie international, und es gibt im- mer mehr Restriktionen. Diese sind, wie zum Beispiel im Umweltschutz, nachvollziehbar. Sie können aber ein landwirtschaftliches Unterneh- men an den Rand der Existenz brin- gen. Dazu kommen Wetterschäden wie in diesem Jahr die Dürreperio- de. Sich dagegen zu versichern, ist, wenn man es versicherungstech- nisch kalkuliert, kostenintensiv. Aktuell wird diskutiert, ob der Staat mit einem erheblichen Beitragszu- schuss einspringen sollte. In eini- gen europäischen Ländern passiert das schon. Die Bauern schaffen es immer wieder, sich neu anzupassen und den Druck, dem sie unterliegen, in positive Energie umzuwandeln. Wir als Versicherer stehen ihnen da- bei zur Seite – mit Produktinnovati- onen und unseren Fachberatern vor Ort. Wir haben uns aus der Land- wirtschaft entwickelt. Daher arbei- ten wir eng mit den entsprechenden Gremien und Verbänden zusammen und können so die Risiken, die auf die Landwirte zukommen, früh ein- schätzen und das entsprechende Versicherungskonzept entwickeln. Daneben haben wir momentan bun- desweit 130 speziell für den Agrar- sektor ausgebildete Fachberater – da sind wir auf dem Markt einzigartig. So unterstützen wir als Partner die Landwirte vorausschauend und di- rekt vor Ort.