+3 Magazin Oktober 2018 | Page 16

+2 › Waltraut Pirker, Bedienung auf dem Münchner Oktoberfest Mittendrin dabei Ich arbeite seit 25 Jahren auf der Wiesn. Das sind in jedem Jahr 16 Tage sehr harte Arbeit. Aber ich ma- che sie wahnsinnig gern, sonst würde ich das wohl auch nicht seit so vie- len Jahren machen. Die Menschen, die einmal im Jahr hierherkommen, wollen den Besuch auf der Wiesn ge- nießen. Sie freuen sich auf eine gute Maß, eine Brezn, auf die Musik und aufs Zusammensein. Das Oktoberfest ist das größte Volksfest der Welt, mit einer langen Tradition. Darauf sind die Leute stolz und kommen in Tracht und Dirndl. Auch das genießen sie. Ich habe viele Stammgäste und ver- suche ihnen die Zeit auf der Wiesn so angenehm wie möglich zu machen. Mein Credo ist: Ich bediene so, wie ich selbst bedient werden möchte. Mit Freundlichkeit und Spaß. Dann fällt auch das Warten leichter, wenn es mit der Maß einmal etwas länger dauert. Ich selbst genieße auf der Wiesn die Stimmung, den Trubel und dass ich dort interessante und ganz unterschiedliche Menschen kennen- lerne. Das inspiriert mich. Mein ganz persönlicher Genuss kommt dann Dirk Behrends, Leser Flugmodus an Ein Blick ins Weite ohne Fokus. Ein tiefer Atemzug. Normale Dinge, die bewusst stattfinden – ohne Routi- ne und Selbstverständlichkeit. Sich die Zeit nehmen für nichts und nie- manden und sich nur mit sich selbst beschäftigen. Das ist mein Genuss. Einfach nur atmen und sein. Die Welt dreht sich so schnell. Katastrophen, Schlagzeilen und Dinge, die uns trau- rig machen. Alle permanent online und unter Strom. Wir finden leider viel zu selten zu uns selbst und schal- ten wirklich ab. Die Angst, etwas zu verpassen, und der Zwang, über alles informiert zu sein, um mitreden zu können, ist das Problem unserer Zeit. Die Welt ist bestimmt nicht schlim- mer als früher, doch ist heute alles nur einen Klick entfernt. In diesem Sinne: Handy aus und zurück in die Realität. Hermann Voigt, Leser König Fußball Für mich ist ein gutes Fußballspiel pu- rer Genuss. Das gilt auch heute noch, wo man gefühlt jeden Tag und zu je- der Uhrzeit irgendwo ein Spiel live verfolgen kann. Doch ich möchte mir den Genuss nicht durch das Überan- gebot nehmen lassen. Dafür verzich- te ich gern auf diese ganzen Freund- schafts- und Qualifikationsspiele der nach der Wiesn. Da gönne ich mir ein paar Tage auf der Alm, mit viel Schlaf, gutem Essen und Spaziergängen. Ich habe weder Strom, noch sehe ich ir- gendeinen Menschen. Es herrscht totale Ruhe, was ich wahnsinnig ge- nieße. Einige Tage an diesem Ort rei- chen mir aus und dann gehe ich gern wieder unter Menschen. Für mich macht den Genuss auch die Kombi- nation von beidem aus: der Trubel und die Intensität der Wiesn und die Ruhe danach. Sebastian Däuwel, Brotpurist NATION DER NASCHER Welche Süßigkeiten wir jede Woche essen 16 Tafelschokolade Kaugummi Schokoriegel 32,5% 32,5% 25,8% 25,2% 24,1% 23,3% Frucht- und Weingummi Schoko-Knabberartikel Kräuter- und Hustenbonbons 16,4% 15,8% 15,7% 14,8% 13,2% 13,6% Pralinen und andere Spezialitäten Gebäckriegel Müsliriegel 13,1% 12,9% 10,2% 10,1% 7,4% Kaubonbons Lakritz Marzipan 7% 6,7% 6,8% 3,8% 4,2% 2016 6,8% 7% 2017 Quellen: VuMA, Statista Das Manna des Genießers Brotgenuss fängt bei mir schon in der Backstube an. Dieser unbe- schreibliche Geruch, der den ganzen Raum erfüllt, nachdem die ersten Sauerteigbrote aus dem Ofen ge- kommen sind. Wenn diese dann ab- gekühlt sind, sich auf dem Brotregal mit ihrer karamell- bis goldbraunen Farbe zeigen, fangen meine Augen an zu glänzen. Einfach immer wie- der aufs Neue ein schöner Anblick. Von solch einem Roggenbrot eine deutschen Nationalmannschaft oder die Gruppenspiele in der Champions League, in denen es selten ein Tref- fen auf Augenhöhe gibt. Natürlich hat punktuell auch mal die Begegnung von einem haushohen Favoriten und einem absoluten Außenseiter seinen Reiz. Aber dafür muss es dann auch wirklich um etwas gehen, beispiels- weise um den Einzug in die nächste Runde oder sogar um einen Pokal. Bei Ligaspielen genieße ich eigentlich nur die Spiele, bei denen der Ausgang komplett offen ist. Wenn beide Mann- schaften mit vollem Selbstvertrauen aufeinandertreffen und an ihrem Li- mit spielen. Wenn man das Gefühl hat, dass beide Mannschaften das Spiel gewinnen können und wollen. Dabei bin ich am liebsten ganz allein oder nur mit ganz wenigen Freunden. Denn ich hasse es so sehr, wenn mir Leute das Fußballspiel mit unreflek- tierten Äußerungen über Millionäre kaputtmachen. Man sollte zumindest anerkennen können, dass es sich trotz- dem um Menschen handelt. Mit dieser Einstellung lässt sich König Fußball auch heute noch wunderbar genießen. Sabine Reichelt, Leserin Alles und immer Wer bewusst genießen will, braucht Zeit und Ruhe. Jeder Tag bringt Glücksmomente, die wir genießen sollten. So schwer es uns in unserem Alltag fällt: ohne Ruhe keine Kraft. fingerdick geschnittene Scheibe – im Inneren noch leicht warm – zu verzehren, ist der reinste Genuss. Vielmehr noch, es ist der pure Ge- nuss und pure Geschmack. Rein, unverfälscht und ehrlich. Reduziert aufs Wesentliche: Mehl, Wasser und Salz. Puristisch eben. Ach ja, und na- türlich noch unser selbstgezüchteter Sauerteig, der für die nötige Frisch- haltung sorgt. Denn schließlich soll Genuss auch nachhaltig sein und ein Brot bis zur letzten Scheibe schme- cken. Auch am dritten, vierten und fünften Tag. Ein nicht enden wol- lender Genuss sozusagen. Genuss bedeutet aber auch, Momente zu genießen. Momente, die einem ein gutes Brot bescheren. Mit Freunden an einem lauen Sommerabend das gemeinsame Abendbrot genießen. Ein Brotkorb in der Mitte, selbst ge- machte Dips und eine gute Flasche Riesling. Oder auch zwei. So lässt es sich stundenlang aushalten. Der gemeinsame Genuss ist eben immer noch am Schönsten. Paul Müller, Leser Stefan Freund, Leser Lebe den Moment Das Wetter lässt mich genießen. So- wohl bei Sonnenschein, als auch an trüben Tagen. Wenn die Sonne lacht und die Temperaturen steigen, freue ich mich auf ein kaltes Bier. Der Grill lässt die Farbe feinsten Fleisches von zartem Rosa zu kräftigem Braun wer- den und ich genieße den Tag bis in den späten Abend. Ist der Sommer vorbei und die Temperaturen sinken, freue ich mich auf Regen, Wolken und Wind. Denn auch das lässt mich genießen. Ein stürmischer Tag im Kreise der Familie in den heimischen vier Wänden: auch der ist schön. Der Kamin wird befeuert, wir sitzen ge- meinsam und spielen oder kauern uns unter die Decke und Papa liest vor. Doch während ich in Erinnerun- gen schwelge, wird mir allzu sehr be- wusst, dass Genüsse sich ändern, so wie das Leben auch. Wichtig ist, so denke ich, sich des Moments einfach nur bewusst zu sein. Ihr Name, Leserin Anderes Wort für Glück Letztens saß ich mit zwei Freun- den auf dem Dach der verwilderten ehemaligen irakischen Botschaft in Berlin bei Sonne, Bier und guter Laune. Danach haben wir uns ein fürchterlich schlechtes Fußballspiel auf einer Bezirkssportanlage ange- sehen und den Tag bei Getränken ausklingen lassen. Ein Tag zum Ge- nießen. Vor einigen Jahren bin ich mit Freunden auf einen Stadtspa- ziergang quer durch Berlin aufge- brochen. Es folgte der genussvolls- te Müßiggang meines Lebens und dauerte 14 Stunden. Ich lache im- mer noch, wenn ich heute den ein oder anderen spontan gewählten Rastplatz von damals sehe. Ansons- ten denke ich beim Thema Genie- ßen an den Moment in einem Club, wenn du auf der Tanzfläche stehst, die Sonne aufgeht und durch das einzige kleine orangegetönte Fens- ter bricht und den Laden in war- mes Licht taucht. Unbeschreiblich Was ist Ihre Meinung? Schreiben Sie uns Ihre Antwort und viel- leicht erscheinen Sie im nächsten Heft. für mich. Grundsätzlich ist Genuss flüchtig wie gute Laune an Mon- tagen oder Parfüm vom Schwarz- markt. Er besteht aus Momenten, die nicht greifbar sind. Er ist nicht beliebig wiederholbar. Umstände ändern sich. Man kann den Genuss des Augenblicks nicht planen. Er ist eng verbunden mit Glück. Mit glück- lich sein. Wenn das Zusammenspiel von sich selbst und dem Moment in Ausgeglichenheit und innerer Ruhe mündet. Ich weiß, diese Momente kann man nicht festhalten. Aber der Gedanke an dieses Gefühl, von dem zehre ich auch an vielen grauen Ta- gen. Glücklich sein ist für mich der nachhaltigste, erstrebenswerteste und schönste Genuss.