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Waltraut Pirker,
Bedienung auf dem
Münchner Oktoberfest
Mittendrin dabei
Ich arbeite seit 25 Jahren auf der
Wiesn. Das sind in jedem Jahr 16
Tage sehr harte Arbeit. Aber ich ma-
che sie wahnsinnig gern, sonst würde
ich das wohl auch nicht seit so vie-
len Jahren machen. Die Menschen,
die einmal im Jahr hierherkommen,
wollen den Besuch auf der Wiesn ge-
nießen. Sie freuen sich auf eine gute
Maß, eine Brezn, auf die Musik und
aufs Zusammensein. Das Oktoberfest
ist das größte Volksfest der Welt, mit
einer langen Tradition. Darauf sind
die Leute stolz und kommen in Tracht
und Dirndl. Auch das genießen sie.
Ich habe viele Stammgäste und ver-
suche ihnen die Zeit auf der Wiesn so
angenehm wie möglich zu machen.
Mein Credo ist: Ich bediene so, wie
ich selbst bedient werden möchte.
Mit Freundlichkeit und Spaß. Dann
fällt auch das Warten leichter, wenn
es mit der Maß einmal etwas länger
dauert. Ich selbst genieße auf der
Wiesn die Stimmung, den Trubel und
dass ich dort interessante und ganz
unterschiedliche Menschen kennen-
lerne. Das inspiriert mich. Mein ganz
persönlicher Genuss kommt dann
Dirk Behrends, Leser
Flugmodus an
Ein Blick ins Weite ohne Fokus. Ein
tiefer Atemzug. Normale Dinge, die
bewusst stattfinden – ohne Routi-
ne und Selbstverständlichkeit. Sich
die Zeit nehmen für nichts und nie-
manden und sich nur mit sich selbst
beschäftigen. Das ist mein Genuss.
Einfach nur atmen und sein. Die Welt
dreht sich so schnell. Katastrophen,
Schlagzeilen und Dinge, die uns trau-
rig machen. Alle permanent online
und unter Strom. Wir finden leider
viel zu selten zu uns selbst und schal-
ten wirklich ab. Die Angst, etwas zu
verpassen, und der Zwang, über alles
informiert zu sein, um mitreden zu
können, ist das Problem unserer Zeit.
Die Welt ist bestimmt nicht schlim-
mer als früher, doch ist heute alles nur
einen Klick entfernt. In diesem Sinne:
Handy aus und zurück in die Realität.
Hermann Voigt, Leser
König Fußball
Für mich ist ein gutes Fußballspiel pu-
rer Genuss. Das gilt auch heute noch,
wo man gefühlt jeden Tag und zu je-
der Uhrzeit irgendwo ein Spiel live
verfolgen kann. Doch ich möchte mir
den Genuss nicht durch das Überan-
gebot nehmen lassen. Dafür verzich-
te ich gern auf diese ganzen Freund-
schafts- und Qualifikationsspiele der
nach der Wiesn. Da gönne ich mir ein
paar Tage auf der Alm, mit viel Schlaf,
gutem Essen und Spaziergängen. Ich
habe weder Strom, noch sehe ich ir-
gendeinen Menschen. Es herrscht
totale Ruhe, was ich wahnsinnig ge-
nieße. Einige Tage an diesem Ort rei-
chen mir aus und dann gehe ich gern
wieder unter Menschen. Für mich
macht den Genuss auch die Kombi-
nation von beidem aus: der Trubel
und die Intensität der Wiesn und die
Ruhe danach.
Sebastian Däuwel,
Brotpurist
NATION DER NASCHER Welche Süßigkeiten wir jede Woche essen
16
Tafelschokolade Kaugummi Schokoriegel
32,5% 32,5% 25,8% 25,2% 24,1% 23,3%
Frucht- und
Weingummi Schoko-Knabberartikel Kräuter- und
Hustenbonbons
16,4% 15,8% 15,7% 14,8% 13,2% 13,6%
Pralinen und
andere Spezialitäten Gebäckriegel Müsliriegel
13,1% 12,9% 10,2% 10,1% 7,4%
Kaubonbons Lakritz Marzipan
7% 6,7% 6,8% 3,8% 4,2%
2016
6,8%
7%
2017
Quellen: VuMA, Statista
Das Manna des
Genießers
Brotgenuss fängt bei mir schon in
der Backstube an. Dieser unbe-
schreibliche Geruch, der den ganzen
Raum erfüllt, nachdem die ersten
Sauerteigbrote aus dem Ofen ge-
kommen sind. Wenn diese dann ab-
gekühlt sind, sich auf dem Brotregal
mit ihrer karamell- bis goldbraunen
Farbe zeigen, fangen meine Augen
an zu glänzen. Einfach immer wie-
der aufs Neue ein schöner Anblick.
Von solch einem Roggenbrot eine
deutschen Nationalmannschaft oder
die Gruppenspiele in der Champions
League, in denen es selten ein Tref-
fen auf Augenhöhe gibt. Natürlich hat
punktuell auch mal die Begegnung
von einem haushohen Favoriten und
einem absoluten Außenseiter seinen
Reiz. Aber dafür muss es dann auch
wirklich um etwas gehen, beispiels-
weise um den Einzug in die nächste
Runde oder sogar um einen Pokal.
Bei Ligaspielen genieße ich eigentlich
nur die Spiele, bei denen der Ausgang
komplett offen ist. Wenn beide Mann-
schaften mit vollem Selbstvertrauen
aufeinandertreffen und an ihrem Li-
mit spielen. Wenn man das Gefühl
hat, dass beide Mannschaften das
Spiel gewinnen können und wollen.
Dabei bin ich am liebsten ganz allein
oder nur mit ganz wenigen Freunden.
Denn ich hasse es so sehr, wenn mir
Leute das Fußballspiel mit unreflek-
tierten Äußerungen über Millionäre
kaputtmachen. Man sollte zumindest
anerkennen können, dass es sich trotz-
dem um Menschen handelt. Mit dieser
Einstellung lässt sich König Fußball
auch heute noch wunderbar genießen.
Sabine Reichelt, Leserin
Alles und immer
Wer bewusst genießen will, braucht
Zeit und Ruhe. Jeder Tag bringt
Glücksmomente, die wir genießen
sollten. So schwer es uns in unserem
Alltag fällt: ohne Ruhe keine Kraft.
fingerdick geschnittene Scheibe –
im Inneren noch leicht warm – zu
verzehren, ist der reinste Genuss.
Vielmehr noch, es ist der pure Ge-
nuss und pure Geschmack. Rein,
unverfälscht und ehrlich. Reduziert
aufs Wesentliche: Mehl, Wasser und
Salz. Puristisch eben. Ach ja, und na-
türlich noch unser selbstgezüchteter
Sauerteig, der für die nötige Frisch-
haltung sorgt. Denn schließlich soll
Genuss auch nachhaltig sein und ein
Brot bis zur letzten Scheibe schme-
cken. Auch am dritten, vierten und
fünften Tag. Ein nicht enden wol-
lender Genuss sozusagen. Genuss
bedeutet aber auch, Momente zu
genießen. Momente, die einem ein
gutes Brot bescheren. Mit Freunden
an einem lauen Sommerabend das
gemeinsame Abendbrot genießen.
Ein Brotkorb in der Mitte, selbst ge-
machte Dips und eine gute Flasche
Riesling. Oder auch zwei. So lässt
es sich stundenlang aushalten. Der
gemeinsame Genuss ist eben immer
noch am Schönsten.
Paul Müller, Leser
Stefan Freund, Leser
Lebe den Moment
Das Wetter lässt mich genießen. So-
wohl bei Sonnenschein, als auch an
trüben Tagen. Wenn die Sonne lacht
und die Temperaturen steigen, freue
ich mich auf ein kaltes Bier. Der Grill
lässt die Farbe feinsten Fleisches von
zartem Rosa zu kräftigem Braun wer-
den und ich genieße den Tag bis in
den späten Abend. Ist der Sommer
vorbei und die Temperaturen sinken,
freue ich mich auf Regen, Wolken
und Wind. Denn auch das lässt mich
genießen. Ein stürmischer Tag im
Kreise der Familie in den heimischen
vier Wänden: auch der ist schön. Der
Kamin wird befeuert, wir sitzen ge-
meinsam und spielen oder kauern
uns unter die Decke und Papa liest
vor. Doch während ich in Erinnerun-
gen schwelge, wird mir allzu sehr be-
wusst, dass Genüsse sich ändern, so
wie das Leben auch. Wichtig ist, so
denke ich, sich des Moments einfach
nur bewusst zu sein.
Ihr Name,
Leserin
Anderes Wort
für Glück
Letztens saß ich mit zwei Freun-
den auf dem Dach der verwilderten
ehemaligen irakischen Botschaft
in Berlin bei Sonne, Bier und guter
Laune. Danach haben wir uns ein
fürchterlich schlechtes Fußballspiel
auf einer Bezirkssportanlage ange-
sehen und den Tag bei Getränken
ausklingen lassen. Ein Tag zum Ge-
nießen. Vor einigen Jahren bin ich
mit Freunden auf einen Stadtspa-
ziergang quer durch Berlin aufge-
brochen. Es folgte der genussvolls-
te Müßiggang meines Lebens und
dauerte 14 Stunden. Ich lache im-
mer noch, wenn ich heute den ein
oder anderen spontan gewählten
Rastplatz von damals sehe. Ansons-
ten denke ich beim Thema Genie-
ßen an den Moment in einem Club,
wenn du auf der Tanzfläche stehst,
die Sonne aufgeht und durch das
einzige kleine orangegetönte Fens-
ter bricht und den Laden in war-
mes Licht taucht. Unbeschreiblich
Was ist Ihre Meinung?
Schreiben Sie uns Ihre Antwort und viel-
leicht erscheinen Sie im nächsten Heft.
für mich. Grundsätzlich ist Genuss
flüchtig wie gute Laune an Mon-
tagen oder Parfüm vom Schwarz-
markt. Er besteht aus Momenten,
die nicht greifbar sind. Er ist nicht
beliebig wiederholbar. Umstände
ändern sich. Man kann den Genuss
des Augenblicks nicht planen. Er ist
eng verbunden mit Glück. Mit glück-
lich sein. Wenn das Zusammenspiel
von sich selbst und dem Moment in
Ausgeglichenheit und innerer Ruhe
mündet. Ich weiß, diese Momente
kann man nicht festhalten. Aber der
Gedanke an dieses Gefühl, von dem
zehre ich auch an vielen grauen Ta-
gen. Glücklich sein ist für mich der
nachhaltigste,
erstrebenswerteste
und schönste Genuss.