+3 Magazin Oktober 2017 | Page 23

+3 Susan Schütze, Leserin Frei gewählt Für mich ist diese Frage derzeit eine ziemlich wichtige und gleichzeitig auch eine ziemlich interessante. Aufgrund meiner derzeitigen beruflichen Situ- ation und aktuellen Zukunftsplänen beziehe ich diese Frage zuerst auf die Zeit, mit der ich den Großteil meines Tages verbringe. Noch bin ich im Öf- fentlichen Dienst angestellt, Sicher- heiten werden hier groß geschrieben, Freiheiten hingegen eher klein – je- denfalls in meinem Fall. Genau das ist auch der Grund, warum ich mich dazu entschieden habe, die Freiheit im kom- menden Jahr wieder wesentlich größer zu schreiben. Ich möchte wieder meine eigenen Entscheidungen treffen, kre- ative Lösungen finden und selbst für mich und meinen Erfolg verantwort- lich sein. Auch auf die Gefahr hin, dass ich steinige Wege beschreiten und für den Erfolg und die Freiheit kämpfen muss. Der erneute Schritt in die Selbst- ständigkeit ist wohl nicht unbedingt die sicherste Entscheidung. Eine gute Planung ist eine Grundvoraussetzung, jedoch keine Sicherheit für ständige Aufträge oder den auf Anhieb gewinn- bringenden Erfolg des Unternehmens. Und dennoch weiß ich schon jetzt, dass die Freiheit, zu tun und zu lassen, was ich entscheide, für mich jede Sicherheit ersetzen wird. Ich möchte die Frage abschließend gerne mit den Worten von Benjamin Franklin beantworten: 23 GEMISCHTE GEFÜHLE BEIM STAATSTROJANER So kommt das Gesetz zur Überwachung digitaler Geräte bei Verdacht auf eine Straftat an § Stimmen Sie der Verwendung des Staatstrojaners beim Verdacht einer Straftat zu? Haben Sie von dem Gesetzesbeschluss gehört? 12% Weiß nicht/ Keine Angabe 15% Stimme überhaupt nicht zu Ja 61% Nein 13% Stimme eher nicht zu 29% Weiß nicht / Keine Angabe 10% 30% Stimme voll und ganz zu 31% Stimme eher zu Umfrage unter 976 Bundesbürgern im Juni 2017 Quellen: YouGov, Statista „Wer bereit ist, wesentliche Freiheiten aufzugeben, um vorübergehend an Si- cherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.“ Luisa Speidel, Leserin Freiheit braucht die Sicherheit zur Selbstentfaltung und -verwirklichung, ohne das eigene Leben oder das Le- ben anderer zu gefährden oder Rech- te Dritter einzuschränken. Freiheit braucht die Sicherheit einer uneinge- schränkten Gewährung aller mensch- lichen Grundrechte. Julian Nida-Rümelin, Philosoph und Kulturstaatsminister a. D. Notwendige Bedingung Die politische Debatte ist von Ge- gensätzen geprägt, die sich bei ge- nauerem Hinsehen auflösen. Der vermeintliche Gegensatz zwischen ökonomischer Effizienz und sozialer Gerechtigkeit: Jede vernünftige Ge- rechtigkeitstheorie befürwortet nur ökonomisch effiziente Verteilungen. Der zwischen Freiheit und Gleich- heit: Vernünftigerweise sollten wir unter Gleichheit die Bedingungen gleicher Autonomie verstehen. Und schließlich der zwischen Sicherheit und Freiheit: Man stelle sich einen maximal unsicheren Zustand vor. Je- der kämpft gegen jeden, jeder muss jederzeit erwarten, mit Gewalt vom Leben zum Tode gebracht zu wer- den. Alles ist von Konkurrenz, Miss- trauen und Ruhmsucht geprägt. Der Mensch ist in einem solchen Zustand „frei“, das zu tun, was er tun will. Es herrscht das natürliche Recht auf al- les. Aber niemand wird sich in einer solchen Situation frei fühlen, denn Freiheit setzt voraus, dass ich das, was mir wichtig ist, auch realisieren kann, dass ich mein Leben nach ei- genen Vorstellungen gestalten und andere daran hindern kann, sich einzumischen. Freiheit setzt Sicher- heit voraus. Die Sicherheit etwa, dass mich niemand mit dem Tode bedro- hen kann, dass ich selbst bestimme, mit wem ich Bindungen eingehe, dass die Umstände meines Lebens planbar bleiben, dass es Polizei, Ge- richte und notfalls Gefängnisse gibt, die mich vor Übergriffen schützen. Freiheit setzt Sicherheit voraus. Si- cherheit ist um der Freiheit willen unverzichtbar. Anzeige HUSKY_+3mag_241x162_DE-DE_bar240%.indd 1 12.10.17 10:04 ›