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Susan Schütze, Leserin
Frei gewählt
Für mich ist diese Frage derzeit eine
ziemlich wichtige und gleichzeitig auch
eine ziemlich interessante. Aufgrund
meiner derzeitigen beruflichen Situ-
ation und aktuellen Zukunftsplänen
beziehe ich diese Frage zuerst auf die
Zeit, mit der ich den Großteil meines
Tages verbringe. Noch bin ich im Öf-
fentlichen Dienst angestellt, Sicher-
heiten werden hier groß geschrieben,
Freiheiten hingegen eher klein – je-
denfalls in meinem Fall. Genau das ist
auch der Grund, warum ich mich dazu
entschieden habe, die Freiheit im kom-
menden Jahr wieder wesentlich größer
zu schreiben. Ich möchte wieder meine
eigenen Entscheidungen treffen, kre-
ative Lösungen finden und selbst für
mich und meinen Erfolg verantwort-
lich sein. Auch auf die Gefahr hin, dass
ich steinige Wege beschreiten und für
den Erfolg und die Freiheit kämpfen
muss. Der erneute Schritt in die Selbst-
ständigkeit ist wohl nicht unbedingt
die sicherste Entscheidung. Eine gute
Planung ist eine Grundvoraussetzung,
jedoch keine Sicherheit für ständige
Aufträge oder den auf Anhieb gewinn-
bringenden Erfolg des Unternehmens.
Und dennoch weiß ich schon jetzt, dass
die Freiheit, zu tun und zu lassen, was
ich entscheide, für mich jede Sicherheit
ersetzen wird. Ich möchte die Frage
abschließend gerne mit den Worten
von Benjamin Franklin beantworten:
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GEMISCHTE GEFÜHLE BEIM STAATSTROJANER
So kommt das Gesetz zur Überwachung digitaler Geräte bei Verdacht auf eine Straftat an
§
Stimmen Sie der Verwendung des
Staatstrojaners beim Verdacht einer Straftat zu?
Haben Sie von dem
Gesetzesbeschluss gehört?
12%
Weiß nicht/
Keine Angabe
15%
Stimme überhaupt
nicht zu
Ja
61%
Nein
13%
Stimme
eher nicht zu
29%
Weiß nicht / Keine Angabe
10%
30%
Stimme voll
und ganz zu
31%
Stimme
eher zu
Umfrage unter 976 Bundesbürgern im Juni 2017
Quellen: YouGov, Statista
„Wer bereit ist, wesentliche Freiheiten
aufzugeben, um vorübergehend an Si-
cherheit zu gewinnen, verdient weder
Freiheit noch Sicherheit.“
Luisa Speidel, Leserin
Freiheit braucht die Sicherheit zur
Selbstentfaltung und -verwirklichung,
ohne das eigene Leben oder das Le-
ben anderer zu gefährden oder Rech-
te Dritter einzuschränken. Freiheit
braucht die Sicherheit einer uneinge-
schränkten Gewährung aller mensch-
lichen Grundrechte.
Julian Nida-Rümelin,
Philosoph und
Kulturstaatsminister a. D.
Notwendige
Bedingung
Die politische Debatte ist von Ge-
gensätzen geprägt, die sich bei ge-
nauerem Hinsehen auflösen. Der
vermeintliche Gegensatz zwischen
ökonomischer Effizienz und sozialer
Gerechtigkeit: Jede vernünftige Ge-
rechtigkeitstheorie befürwortet nur
ökonomisch effiziente Verteilungen.
Der zwischen Freiheit und Gleich-
heit: Vernünftigerweise sollten wir
unter Gleichheit die Bedingungen
gleicher Autonomie verstehen. Und
schließlich der zwischen Sicherheit
und Freiheit: Man stelle sich einen
maximal unsicheren Zustand vor. Je-
der kämpft gegen jeden, jeder muss
jederzeit erwarten, mit Gewalt vom
Leben zum Tode gebracht zu wer-
den. Alles ist von Konkurrenz, Miss-
trauen und Ruhmsucht geprägt. Der
Mensch ist in einem solchen Zustand
„frei“, das zu tun, was er tun will. Es
herrscht das natürliche Recht auf al-
les. Aber niemand wird sich in einer
solchen Situation frei fühlen, denn
Freiheit setzt voraus, dass ich das,
was mir wichtig ist, auch realisieren
kann, dass ich mein Leben nach ei-
genen Vorstellungen gestalten und
andere daran hindern kann, sich
einzumischen. Freiheit setzt Sicher-
heit voraus. Die Sicherheit etwa, dass
mich niemand mit dem Tode bedro-
hen kann, dass ich selbst bestimme,
mit wem ich Bindungen eingehe,
dass die Umstände meines Lebens
planbar bleiben, dass es Polizei, Ge-
richte und notfalls Gefängnisse gibt,
die mich vor Übergriffen schützen.
Freiheit setzt Sicherheit voraus. Si-
cherheit ist um der Freiheit willen
unverzichtbar.
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