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WIE MACHT ARBEIT
MEHR SPASS?
WIR FRAGEN:
... und was ist
Ihre Meinung?
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Nur zwei von zehn deutschen Arbeitgebern bieten ihren Mitarbeitern
Erholungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz an – während sich 90 Prozent
aller Arbeitnehmer das wünschen würden. Quelle: Dr. Grieger & Cie. Marktforschung
© iStock./BraunS
Knut Reinhardt,
ehemaliger
Profi-Fußballer
und heutiger
Grundschullehrer
Begeisterung wecken
Früher kickte ich vor 60.000 Fans im
Dortmunder Westfalenstadion. Das
gab mir einen wahnsinnigen Kick.
Dann aber kam das verletzungsbe-
dingte Aus. Von heute auf morgen
stand ich nicht mehr im Rampen-
licht, sondern stürzte ins Bodenlo-
se, denn ich kannte nichts anderes
als Fußballspielen. Zum Glück hatte
mein Vater mich zum Abitur, wie soll
ich sagen, gezwungen. Ein Freund
meinte, ich müsse Lehrer werden.
Mit Kindern konnte ich immer gut.
Also schrieb ich mich an der Uni
ein, lernte das Lernen und quälte
mich durchs Studium. Als ich den
Abschluss hatte, war ich stolz und
unglaublich motiviert. Das hat sich
später auf meine Schüler übertra-
gen. Dortmunder Nordstadt, sozia-
ler Brennpunkt, großes Konfliktpo-
tenzial. Meine Erfahrungen aus dem
Sport kann ich hier wunderbar ein-
setzen, was ich auch in meinem aktu-
ellen Buch detailliert beschreibe. Es
ist toll zu erleben, wie leicht Kinder
im Grunde zu begeistern sind, wenn
man ihnen vertraut, wie leistungs-
bereit sie sind, wenn man sich ihnen
zuwendet. Ich stelle klare Regeln
auf, widme ihnen meine Aufmerk-
samkeit und fordere Respekt ein. Je-
des Kind erhält bei mir das Gefühl,
eine wichtige Rolle im Klassenteam
zu spielen. Und eigentlich alle zah-
len es doppelt und dreifach mit Liebe
und Lernbereitschaft zurück. Viele
schaffen sogar den Sprung auf eine
weiterführende Schule. Was ich mit
meinen Schülern heute täglich erle-
be, bedeutet mir hundert Mal mehr
als meine sportlichen Erfolge.
Elvira Neundorf,
Leserin
My way
Ich bin ausgebildete Schriftsetzerin
und habe später bei einem Zeitungs-
verlag im Anzeigenverkauf gearbei-
tet. Die Krise in der Zeitungsbranche
führte zu meiner Kündigung Ende
2006. Zeitgleich verließ mein Mann
die Familie. Als Geschiedene, Mut-
ter, Arbeitnehmerin und Arbeits-
lose durchlitt ich nun alles, was das
Leben so bietet. Im Spannungsbo-
gen, Teil einer Gesellschaft sein zu
wollen, die mich akzeptiert mit all
meinen Qualifikationen, Erfahrun-
gen und Fachkenntnissen, war dies
meine härteste Zeit ever. Ich musste
ein Selbstbewusstsein entwickeln,
das jede Arbeit, egal was es war, mir
half, dranzubleiben und zuversicht-
lich nach vorne zu schauen. Pflegear-
beit mit einer Familienangehörigen,
Brötchen schmieren in einer Bäcke-
rei, Sekretärin und Werbebüromit-
arbeiterin, schließlich Briefträgerin
und Redressen-Bearbeiterin. Diese
zehn Jahre haben mich geformt und
zu einer selbstbewussten Arbeitneh-
merin gemacht. Der Schlüssel für
meine Vollzeitberufstätigkeit liegt in
zwei konträren Arbeitswelten. Zu 75
Prozent bin ich als Bodenstewardess
am Flughafen angestellt und die rest-
lichen 25 Prozent darf ich in einem
städtischen Museum mitarbeiten. In
der Praxis bedeutet das für mich, fünf
Tage der Woche auf dem Flughafen
zu sein und die restlichen zwei Tage
im Museum. Dies zaubert mir ein
Lächeln ins Gesicht, weil beide Tä-
tigkeiten versicherungspflichtig sind.
2027 kann ich dann getrost in den
mir dann wirklich verdienten Ruhe-
stand gehen.