+3 Magazin Oktober 2013 | Page 14
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oktober 2013
Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist das Ende
dieser Ausgabe nahe. Zeit für einen Rückblick und die Frage:
Was können wir daraus lernen?
© Jessica Prautzsch
Der erste Blick ...
Tabubruch gleich Moralbruch? Ausgestattet mit Urteilsvermögen und Vorurteilen steuern wir durch die engen Gassen
unseres Bewusstseins. Vorurteile sind
gefühlsbetonte, gefühlsgeleitete Ergebnisse unserer Wahrnehmung, die uns im
Kindesalter niemand aus dem Weg geräumt hat. Nun ist es an uns, sie beiseite
zu schieben und hinzuschauen - und dies
ganz ohne bewusstseinserweiternde Mittel. Das wäre sonst unmoralisch.
... zählt!
Unmoralisch bewegt man sich heutzutage nicht nur in der Medienbranche auf
einem nur ganz schmalen Grad. Sowohl
Leser als auch kulturelle und politische
Instanzen nehmen dies sofort wahr und
das jeweilige Medium nicht mehr ernst.
Ganz abgesehen vom finanziellen Schaden, der dadurch entstehen kann – die
Langzeitwirkung, sich ins branchiale
Aus manövriert zu haben, ist verheerend. Die Kugel gibt sich auch Deutschland, oder besser den anderen. Der
Rüstungsexportnation, die mit diesem
Exportschlager an vorderster Front mitspielt, helfen augenscheinlich nur noch
politische Ausweichmanöver. Und hier
schließt sich der Kreis abermals: Politische Entscheidungsträger müss(t)en
transparent und eindeutig arbeiten sowie in den offenen Dialog mit den Menschen dieses Landes treten. So wie es
sich für eine Demokratie geziemt. Unsere Experten sind hinsichtlich dieser
Baustellen fest entschlossen, kritisch
und würden sicherlich lieber ehrliche
und mitzugestalten, bleibt wohl selbst
irgendwann außen vor. Geht nicht, gibt
es nicht. Wenn an australischen Küsten
Barrierefreiheit schon beim Wellengang
und am Sandstrand gelebt wird (INTERNATIONAL, S. 10), sollte es in unseren
Breitengraden zum guten Ton gehören.
Denn Down-under gibt es neben dem
Surfboard auch den geländegängigen, in
dem Fall strandgängigen Rollstuhl, während wir noch immer über Aufzüge in
U-Bahnhöfen diskutieren. Doch es geht
nicht mehr „bloß“ darum, Stufen und
Hemmnisse, Hindernisse und Stoppschilder in unserer alltäglichen Infrastruktur
abzubauen, sondern um die Überzeugungstat. Schubladen liegen nicht mehr
im Trend – offene Systeme lassen durchatmen und garantieren Erfolge (FROMME, TERKESSIDIS, BROKAMP, S. 8-9).
... und Offenheit.
Taten sehen wollen statt endlose Theoriebekundungen (SCHETTER, ERNST,
NOACK, S. 6-7).
Überzeugung ...
Die Zeit der Theorie von Inklusion ist
auch lange vorbei. Wer heutzutage noch
über Moral, Gleichbehandlung, Gleichberechtigung, Tabu-Abbau und Barrierefreiheit ausschließlich nachdenkt,
ohne unvoreingenommen zu handeln
Offene Systeme spiegeln sich auch im
Journalismus wider. Bürger- bzw. Leserbeteiligung wird großgeschrieben. Meinungen sollen zählen und die Zahlen
in den Verlagshäusern wieder schwarz
zeichnen. Aussterben war gestern –
heute zählt neue Wege freizuschaufeln
und selbstbewusst den Lesern kreative
Applikationen anzubieten. Denn weder
die Druckerwalzen bleiben stehen, noch
lässt sich der technische Fortschritt
aufhalten (BRUNEGARD, MILLER, BIGLIEL, S.4-5). Lediglich an den Sprachschrauben sollte gedreht werden. Die
Geschichten handeln von Menschen
mit unterschiedlichen Talenten. Daher,
liebe Kollegen, bewusster, individueller
und menschenfreundlicher formulieren
– der Inklusion zuliebe!
er Verlag kümmert sich um die Anzeigen
und die Redaktion um die Zeitungsinhalte.
Beide sind „strikt getrennt“, wie es täglich so
schön heißt.
Nur: Jeder in der Zeitungsbranche weiß, dass
Verlag und Redaktion nicht wirklich strikt getrennt sind. Das Verhängnisvolle daran ist, dass
aus diesem Grund niemand eine dringend notwendige Diskussion anstoßen kann.
Stellen Sie, werte Leser, sich folgende Situation vor: Seit drei Wochen ist unklar, ob die
nächsten Ausgabe finanziert werden kann, Sie
suchen händeringend nach Anzeigenkunden.
Das Telefon klingelt und ein guter Kontakt teilt
mit, zum Thema XY habe er einen ganzseitigen
Werbeauftrag zu vergeben. Nun kommt dieser
Anruf im Verlag und nicht in der Redaktion an.
Aber auch die Redaktion wird von der finanziell
brenzligen Situation wissen. Und genau an dieser Stelle kommen wir in der heutigen publizistischen Realität an.
Eine subtilere Version: Sie suchen weiterhin
Anzeigenkunden und erfahren, dass bald eine
große Werbekampagne zum Thema XY startet.
Sie könnten ja zumindest dem Kollegen aus
der Redaktion bei einer Zigarette von diesem
für Sie persönlich hoch spannenden Thema erzählen. Nur mal so.
Selbst wenn sicherlich viele Verlage das ein
oder andere klammheimliche Kuppelgeschäft auf dem Gewissen haben, muss eine
Diskussion über Moral stattfinden! Wenn es
aber dabei um das Anprangern einzelner
Missetäter geht, zeigt die Branche leider, dass
weiter gilt: „Lass dich nicht erwischen, merkt
ja keiner, schadet doch nichts.“
Iwan Ittermann
Herausgeber
Robert Willmann
Herausgeber
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N°8
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