+3 Magazin November 2022 | Page 14

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WIR FRAGEN :

WELCHES POTENZIAL STECKT IM DIGITALEN STAAT ?

Der EU-Mittelwert der Digitalisierung liegt bei 50,7 Punkten , in Deutschland bei 54,1 . Quelle : digital-affin . de
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Ave Lauringson , Geschäftsführerin e-Estonia der Republik Estland
Vertrauen erhalten
„ Weltweit besteht eine enorme Nachfrage nach physischer und digitaler Infrastruktur , die so oder so befriedigt werden wird . Es liegt an uns , dafür zu sorgen , dass demokratische Werte dabei die Richtung vorgeben .“ Diese Botschaft von Estlands Premierministerin Kaja Kallas in ihrer Einladung zum Tallinn Digital Summit 2022 ist klar : Es geht nicht mehr darum , warum wir den digitalen Staat brauchen , sondern bereits darum , wie der Weg dorthin verlaufen wird . Estland hat sich mit seiner Digital-First-Strategie kontinuierlich zu einer der digital fortschrittlichsten Gesellschaften entwickelt
– und hat jetzt höhere Ziele . Die Entwicklung hin zu einem bürgerzentrierten grünen digitalen Staat mit proaktiven Services , die auf Künstlicher Intelligenz aufbauen , ist dabei ein Fokus . Vorangetrieben wird dieser Prozess durch eine datenbasierte Verwaltung , zukunftssichere digitale Infrastrukturen und die mutige Übernahme neuester Innovationen . Ein weiteres Thema ist Konnektivität – sowohl um die Gesetzgebung an zukünftige Anforderungen anzupassen als auch um 5G + -Netzwerke aufzubauen , die die Entwicklung neuer Inhalte und Dienstleistungen ermöglichen . Zudem bleibt die Aktualisierung der landesweiten Cyber-Security-Strategie eine Priorität . Estland möchte das bestehende Vertrauen seiner Bevölkerung in den digitalen Staat weiter rechtfertigen – durch die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen und die Steigerung der Lebensqualität seiner Bürger .
Lena-Sophie Müller , Geschäftsführerin Initiative D21
Digital das Zutrauen stärken
Es dauert nicht mehr lange , bis die Frist für das Onlinezugangsgesetz ausläuft . Die letzten Jahre haben gezeigt : Es wurden einige Maßnahmen zur Modernisierung des Staates angestoßen . Doch die bestehenden digitalen Verwaltungsdienste wirken in der Bevölkerung bisher wenig . Die reine Bereitstellung digitaler Verwaltungsdienste ist zwar notwendig , aber führt nicht automatisch zu einem bürger : innenzentrierten E-Government . Steckt also in der Digitalisierung des Staates kein Potenzial mehr ?
Doch , und es ist groß . Das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial für digitale Dienste liegt bei 57 Prozent . Die Kennzahl aus der Studie „ eGovernment MONITOR 2022 “ der Initiative D21 zeigt eine digitale Nutzungslücke auf . Diese Größe beschreibt die Lücke zwischen dem Bedarf an einer konkreten Verwaltungsdienstleistung und deren bisheriger Online-Nutzung . Viele Bürger : innen sind somit zunehmend frustriert angesichts des schleppenden Tempos der Digitalisierung . Doch die Modernisierung des Staates birgt große Chancen , das Leben der Bürger : innen nachhaltig zu erleichtern . Nicht zuletzt fördern digitale , sichere und einfach verwendbare Verwaltungsleistungen auch das Zutrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates . Es ist nun bedeutend , dass Bund und Ländern gemeinsamen vorangehen , um die digitale Nutzungslücke zu schließen und das Potenzial des digitalen Staats zu heben .