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MITTELSTAND UND STARTUPS
Alles nur Theater ?
haben. Oft gelingt es jedoch nicht, die neuen Ideen
in marktfähige Produkte zu überführen, die eine
messbare Wirkung auf das Unternehmensergeb-
nis haben. So entsteht Innovationstheater mit ei-
ner interessanten Aufführung, die aber letztend-
lich keinen Ertrag bringt. Wie sieht es aber bei
der Zusammenarbeit von mittelständischen Un-
ternehmen und Startups aus? Bei den kleinen und
mittleren Unternehmen (KMU) sind Budgets im
Matthias Wallisch und Kai Morgenstern sind
Mitarbeiter des Fachbereichs Gründung und Innovation
im RKW Kompetenzzentrum
Im Mai 2013 beschrieb Steve Blank in einem Arti-
kel, wie sich nach dem New-Economy-Boom ein
neues Paradigma für den Aufbau von Startups
entwickelt hatte. Davor wurde von Gründern
meist die Ausarbeitung eines Businessplans
verlangt. Unsicherheiten und Risiken sollten so
im Voraus erkannt und Maßnahmen für deren
Überwindung entwickelt werden. Danach kam
es nur noch auf eine detailgenaue Umsetzung
dieses Plans an. In der Praxis zeigte sich jedoch,
dass die meisten Businesspläne den ersten „Kon-
takt“ mit den Kunden nicht überlebten.
Die dazu entwickelten Methoden werden un-
ter dem Begriff „Lean Startup“ zusammenge-
fasst. Zentrale Idee dabei ist, alle Annahmen
zur Geschäftsidee als Hypothesen zu behan-
deln, die von Beginn an mit Hilfe potenzieller
Kunden und anderer Stakeholder systematisch
getestet werden müssen. Ein Tool, solche Hypo-
thesen zu sammeln, ist das Business Model Canvas,
das ein Geschäftsmodell vom Nutzenversprechen
über die Kunden bis zur Erlösmechanik beschreibt.
Alles nur Innovationstheater?
Blank stellte die These auf, dass die Lean-Startup-
Methoden auch in etablierten Unternehmen Inno-
vationsgeschwindigkeit und Markterfolg steigern
können. Im Laufe der Jahre zeigte sich aber, dass
diese Annahme nur zum Teil richtig war. Es ent-
standen zwar Bühnen für Innovation, die bei den
verantwortlichen Managern ein gutes Gefühl er-
zeugen und die Belegschaft als breites Publikum
Wie man es richtig macht
Wir haben uns anhand von drei Beispielen ange-
schaut, wie die Zusammenarbeit zwischen Mittel-
ständlern und Startups umgesetzt wurde:
• In der Entwicklungspartnerschaft zwischen dem
Startup Picavi (Intralogistik und Wearables) und
dem Kosmetikhersteller Babor konnte eine neue Da-
tenbrille für die Lagerhaltung erprobt und der Rei-
fegrad gesteigert werden. Der Zeitaufwand bei der
Kommissionierung wurde um 18 Prozent reduziert.
Die Lean-Startup-Methoden
Nach dem Dotcom-Crash herrschte über einige
Jahre eine ausgeprägte Knappheit an Kapital.
Startups versuchten nun möglichst schnell zu
zeigen, ob ihre Geschäftsidee funktionierte. Das
Risiko für Venture-Capital-Investoren sollte
so reduziert und die Wahrscheinlichkeit ei-
nes Engagements in einem schwierigen wirt-
schaftlichen Umfeld gesteigert werden.
Insgesamt haben etwas mehr als ein Drittel der
befragten Mittelständler mit Startups zusammen-
gearbeitet. In mehr als der Hälfte der Kooperati-
onsfälle handelt es sich um eine Entwicklungspart-
nerschaft oder um ein Zulieferverhältnis.
• Der Berliner Mittelständler Schleicher Elect-
ronic (Automatisierungstechnik) hat im Zuge
der Zusammenarbeit mit Startups sein Ge-
schäftsmodell angepasst und generiert über
das eigene Unterstützungsprogramm sizzl
etwa zehn Prozent der Umsätze durch die Ko-
operation mit Startups.
* KOOPERATION
• Im Rahmen der Forschungs- und Entwick-
lungskooperation zwischen dem Energie-Startup
Entrade und dem Anlagenbauer Spanner entstand
ein innovatives containerbasiertes Biokraftwerk.
Beide Unternehmen haben von der Zusammenar-
beit nachhaltig profitiert.
Die Beispiele zeigen, dass der Business-to-
Business-Bereich für Mittelständler und Start-
ups vielfältige Potenziale bietet. Beide Unter-
nehmensgruppen halten sich jedoch bisher
noch zu häufig nur in ihren eigenen Welten
auf. Kooperationen entstehen in den meisten
Fällen zufällig. Wir unterstützen deshalb den
Austausch zwischen Mittelständlern und Start-
ups und bieten Handlungsempfehlungen für
eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Fazit: „mischen possible“
mischen possible*
Hinblick auf die Innovationsgestaltung häufig en-
ger geschnürt als bei großen Konzernen und lassen
somit weniger Spielraum für Experimente. Wir ha-
ben im Rahmen unserer Studie „Mittelstand meets
Startups 2018“ 250 KMU zu ihren Kooperationser-
fahrungen mit Startups befragt.
10 Tipps für die Zusammenarbeit mit Startups
1. Definieren Sie genau Ihre Ziele, die Sie mit der Zusammenarbeit mit Startups erreichen möchten.
2. Wählen Sie das Programm, das am besten zu diesen Zielen passt.
3. Sichern Sie sich die Unterstützung auf Managementebene.
4. Entwickeln Sie Kennzahlen.
5. Erfassen Sie kontinuierlich Daten zur Zusammenarbeit sowie das Feedback, um das Modell
erfolgreich wiederholen zu können.
6. Lassen Sie die Programme von Mitarbeitern umsetzen, die unternehmerisch denken.
7. Teilen Sie diese Aufgabe einem internen Leistungsträger mit Entscheidungs- und Budgetbefugnissen zu.
8. Sorgen Sie für öffentlich sichtbare und einfach zugängliche Anlaufstellen für Startups.
9. Schauen Sie sich weltweit um, um die besten Startups und Technologien für sich zu gewinnen.
10. Machen Sie es Startups leicht, mit Ihnen zu arbeiten.
Sowohl unsere Befragung als auch die drei Beispie-
le zeigen, dass der Mittelstand Innovationstheater
erfolgreich vermeiden kann. Im Zuge einer Ko-
operation mit Startups sollten Mittelständler im
Vorfeld ihre Ziele klar herausarbeiten. Was der-
zeit noch fehlt, ist ein systematischer Ansatz, den
KMU nutzen können, um vom innovationsgetrie-
benen Geschäftsentwicklungsansatz von Startups
stärker zu profitieren.
Menschen. Unternehmen. Zukunft.
Das RKW Kompetenzzentrum unterstützt kleine und
mittlere Unternehmen in Deutschland dabei, ihre Wettbe-
werbsfähigkeit zu stärken. In der Schnittstelle zwischen
Wissenschaft, Politik und Wirtschaft werden praxisna-
he Empfehlungen zu den Themen Fachkräftesicherung,
Innovation und Gründung entwickelt. Das RKW Kom-
petenzzentrum ist eine gemeinnützige Forschungs- und
Entwicklungseinrichtung des RKW Rationalisierungs-
und Innovationszentrums der Deutschen Wirtschaft e.V.
www.rkw-kompetenzzentrum.de