+3 Magazin November 2018 | Page 9

Anzeige MITTELSTAND UND STARTUPS Alles nur Theater ? haben. Oft gelingt es jedoch nicht, die neuen Ideen in marktfähige Produkte zu überführen, die eine messbare Wirkung auf das Unternehmensergeb- nis haben. So entsteht Innovationstheater mit ei- ner interessanten Aufführung, die aber letztend- lich keinen Ertrag bringt. Wie sieht es aber bei der Zusammenarbeit von mittelständischen Un- ternehmen und Startups aus? Bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind Budgets im Matthias Wallisch und Kai Morgenstern sind Mitarbeiter des Fachbereichs Gründung und Innovation im RKW Kompetenzzentrum Im Mai 2013 beschrieb Steve Blank in einem Arti- kel, wie sich nach dem New-Economy-Boom ein neues Paradigma für den Aufbau von Startups entwickelt hatte. Davor wurde von Gründern meist die Ausarbeitung eines Businessplans verlangt. Unsicherheiten und Risiken sollten so im Voraus erkannt und Maßnahmen für deren Überwindung entwickelt werden. Danach kam es nur noch auf eine detailgenaue Umsetzung dieses Plans an. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass die meisten Businesspläne den ersten „Kon- takt“ mit den Kunden nicht überlebten. Die dazu entwickelten Methoden werden un- ter dem Begriff „Lean Startup“ zusammenge- fasst. Zentrale Idee dabei ist, alle Annahmen zur Geschäftsidee als Hypothesen zu behan- deln, die von Beginn an mit Hilfe potenzieller Kunden und anderer Stakeholder systematisch getestet werden müssen. Ein Tool, solche Hypo- thesen zu sammeln, ist das Business Model Canvas, das ein Geschäftsmodell vom Nutzenversprechen über die Kunden bis zur Erlösmechanik beschreibt. Alles nur Innovationstheater? Blank stellte die These auf, dass die Lean-Startup- Methoden auch in etablierten Unternehmen Inno- vationsgeschwindigkeit und Markterfolg steigern können. Im Laufe der Jahre zeigte sich aber, dass diese Annahme nur zum Teil richtig war. Es ent- standen zwar Bühnen für Innovation, die bei den verantwortlichen Managern ein gutes Gefühl er- zeugen und die Belegschaft als breites Publikum Wie man es richtig macht Wir haben uns anhand von drei Beispielen ange- schaut, wie die Zusammenarbeit zwischen Mittel- ständlern und Startups umgesetzt wurde: • In der Entwicklungspartnerschaft zwischen dem Startup Picavi (Intralogistik und Wearables) und dem Kosmetikhersteller Babor konnte eine neue Da- tenbrille für die Lagerhaltung erprobt und der Rei- fegrad gesteigert werden. Der Zeitaufwand bei der Kommissionierung wurde um 18 Prozent reduziert. Die Lean-Startup-Methoden Nach dem Dotcom-Crash herrschte über einige Jahre eine ausgeprägte Knappheit an Kapital. Startups versuchten nun möglichst schnell zu zeigen, ob ihre Geschäftsidee funktionierte. Das Risiko für Venture-Capital-Investoren sollte so reduziert und die Wahrscheinlichkeit ei- nes Engagements in einem schwierigen wirt- schaftlichen Umfeld gesteigert werden. Insgesamt haben etwas mehr als ein Drittel der befragten Mittelständler mit Startups zusammen- gearbeitet. In mehr als der Hälfte der Kooperati- onsfälle handelt es sich um eine Entwicklungspart- nerschaft oder um ein Zulieferverhältnis. • Der Berliner Mittelständler Schleicher Elect- ronic (Automatisierungstechnik) hat im Zuge der Zusammenarbeit mit Startups sein Ge- schäftsmodell angepasst und generiert über das eigene Unterstützungsprogramm sizzl etwa zehn Prozent der Umsätze durch die Ko- operation mit Startups. * KOOPERATION • Im Rahmen der Forschungs- und Entwick- lungskooperation zwischen dem Energie-Startup Entrade und dem Anlagenbauer Spanner entstand ein innovatives containerbasiertes Biokraftwerk. Beide Unternehmen haben von der Zusammenar- beit nachhaltig profitiert. Die Beispiele zeigen, dass der Business-to- Business-Bereich für Mittelständler und Start- ups vielfältige Potenziale bietet. Beide Unter- nehmensgruppen halten sich jedoch bisher noch zu häufig nur in ihren eigenen Welten auf. Kooperationen entstehen in den meisten Fällen zufällig. Wir unterstützen deshalb den Austausch zwischen Mittelständlern und Start- ups und bieten Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Fazit: „mischen possible“ mischen possible* Hinblick auf die Innovationsgestaltung häufig en- ger geschnürt als bei großen Konzernen und lassen somit weniger Spielraum für Experimente. Wir ha- ben im Rahmen unserer Studie „Mittelstand meets Startups 2018“ 250 KMU zu ihren Kooperationser- fahrungen mit Startups befragt. 10 Tipps für die Zusammenarbeit mit Startups 1. Definieren Sie genau Ihre Ziele, die Sie mit der Zusammenarbeit mit Startups erreichen möchten. 2. Wählen Sie das Programm, das am besten zu diesen Zielen passt. 3. Sichern Sie sich die Unterstützung auf Managementebene. 4. Entwickeln Sie Kennzahlen. 5. Erfassen Sie kontinuierlich Daten zur Zusammenarbeit sowie das Feedback, um das Modell erfolgreich wiederholen zu können. 6. Lassen Sie die Programme von Mitarbeitern umsetzen, die unternehmerisch denken. 7. Teilen Sie diese Aufgabe einem internen Leistungsträger mit Entscheidungs- und Budgetbefugnissen zu. 8. Sorgen Sie für öffentlich sichtbare und einfach zugängliche Anlaufstellen für Startups. 9. Schauen Sie sich weltweit um, um die besten Startups und Technologien für sich zu gewinnen. 10. Machen Sie es Startups leicht, mit Ihnen zu arbeiten. Sowohl unsere Befragung als auch die drei Beispie- le zeigen, dass der Mittelstand Innovationstheater erfolgreich vermeiden kann. Im Zuge einer Ko- operation mit Startups sollten Mittelständler im Vorfeld ihre Ziele klar herausarbeiten. Was der- zeit noch fehlt, ist ein systematischer Ansatz, den KMU nutzen können, um vom innovationsgetrie- benen Geschäftsentwicklungsansatz von Startups stärker zu profitieren. Menschen. Unternehmen. Zukunft. Das RKW Kompetenzzentrum unterstützt kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland dabei, ihre Wettbe- werbsfähigkeit zu stärken. In der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft werden praxisna- he Empfehlungen zu den Themen Fachkräftesicherung, Innovation und Gründung entwickelt. Das RKW Kom- petenzzentrum ist eine gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungseinrichtung des RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrums der Deutschen Wirtschaft e.V. www.rkw-kompetenzzentrum.de