+3 Magazin November 2015 | Page 10
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Wie macht man
Karriere?
W i r frag e n :
... und was ist
Ihre Meinung?
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Unter den 100 reichsten Sportlern der
Welt befindet sich kein einziger Segler.
Quelle: Forbes
© Christoph Wilhelm/Corbis
Alexander Sperrmann,
Direktor
Arbeitsmarktpolitik,
Forschungsinstitut
zur Zukunft der Arbeit
Bonn (IZA)
Warte nicht auf Godot!
Karriere machen setzt voraus, dass
man Karriere machen will. Jeder
Schritt auf der Karriereleiter nach
oben hat seinen Preis: Mehr Verantwortung für Menschen und Projekte,
weniger Freizeit, mehr Stress, mehr
Eiertanz, um Privatleben und Beruf
unter einen Hut zu bringen. Wille
alleine reicht natürlich nicht: Ohne
Biss, ohne Durchhaltevermögen, ohne
Frustrationstoleranz, ohne Rückschläge, ohne Umwege geht Karriere
nicht. Das fängt schon bei der Ausbildung an und geht im Berufsleben
weiter. Ansonsten gilt es, jeden Tag
gut zu arbeiten, nicht heute hui und
morgen pfui. Kontinuität zählt. Gut
arbeiten ist das eine, gut kommunizieren wird jedoch immer wichtiger.
Nicht angeben, sondern nüchtern sagen, was man gemacht hat. Wer gut
arbeitet und gut kommuniziert, hat
bereits die halbe Miete auf dem Weg
nach oben in der Tasche. Aber Karriere bedeutet das noch nicht, eher Statusabsicherung.
Frechheit braucht es auch und Offenheit für neue Aufgaben. Das Ziel
fixieren, eine Strategie nach oben
entwickeln und sich dann daran orientieren – das klappt immer seltener,
weil sich die Aufgaben, die Kollegen
und die Chefs immer schneller ändern. Aber die Lücke erkennen, blitzschnell Chancen ergreifen, ins kalkulierte Risiko gehen – das zahlt sich
mittelfristig aus. Warten, bis der Chef
die eigene Genialität erkennt und die
Beförderung vorschlägt, heißt immer
häufiger: Warten auf Godot.
Michael Hecken,
Serial Entrepreneur
Das Produkt ist König
Karriere, das Wort klingt für mich
nach einer Strategie des Aufstiegs.
Ich habe dies immer mit Konzernmitarbeitern verbunden, nicht mit mir
als Unternehmer. Obwohl ich auch
persönliche Ziele verfolgte, speisten
sie sich jedoch aus Innovationen und
Markenpotenzialen, die es damit zu
erobern galt. Es ging um die Positionierung eines Produktes und nicht um
die Positionierung meiner Person in
einer Struktur. Als Unternehmer bin
ich automatisch „Product-Driven“, an
diesem neuralgischem Punkt trennt
sich die Spreu vom Weizen. Gute und
wirklich erfolgreiche Unternehmen,
die sich mit immer neuen Innovationen am Weltmarkt behaupten, konnten diese Denkweise in den Köpfen der
Mitarbeiter verankern. Die Spreu sind
die Firmen, die sich von gigantischen
Cash-Cows ernähren, hier ist der Karrierismus, bei dem die Belange der
eigenen Karriere in den Mittelpunkt
der Entscheidungen gestellt werden,
ein systembedingtes Übel. Die Karriere hat immer das „Geschmäckle“, dass
Entscheidungskriterien nicht mehr
dem Gesamtauftrag dienen, sondern
dem höchsten Prestige und persönlichen Fortkommen. Nur mit hoher
Ego-Zentrierung kann man eine solche „High-End-Ich-AG“ über viele
Jahrzehnte durchzuziehen. Meine
eigene Karriere sehe ich eher als Abfallprodukt eines durch viele Faktoren
gelenkten Weges. Es sind politische,
ökonomische, soziologische und technologische Einflüsse, die das Leben
meiner Unternehmen bzw. mein Leben als Unternehmer bestimmen.