+3 Magazin November 2015 | Page 15

+3 Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Gott liebt Geschenke Regelmäßig wird an Weihnachten über die Kommerzialisierung dieses so wichtigen religiösen Festes geklagt. Man sagt: Der eigentliche Sinn des Festes geht in der Flut der Geschenke unter. Und es gibt ja auch Gründe für diese Befürchtung. Trotzdem meine ich: Das Schenken darf nicht unter Generalverdacht geraten. Denn wir feiern an Weihnachten, dass Jesus Christus geboren ist, von dem wir Christen glauben, dass in ihm Gott selbst und seine Liebe auf Erden sichtbar geworden ist. Weihnachten sagt: Es gibt ein Licht in der Dunkelheit! Es gibt Hoffnung auch in der scheinbar aussichtslosen Situation. Das ist Anlass zur Freude. Wir bringen diese Freude in Geschenken 15 gegenüber anderen zum Ausdruck und sagen ihnen damit: Du bist mir wichtig. Ich denke an dich und ich freue mich, wenn du dich freust. Wer schenkt, tut es nicht, weil er ein Gegengeschenk erwartet. Er tut es, weil er es einfach will. Es muss nicht immer etwas Teures sein, es kann auch einfach Zeit sein, die wir uns schenken. Und wenn wir selbst alles haben, kann es sogar einfach eine Spende für andere sein, die wir einander schenken. Aber wenn wir ganz auf das Schenken verzichten würden, dann würde an Weihnachten, diesem Fest der Liebe, etwas fehlen. Zeichen der Liebe an andere passen zu Weihnachten! wo und wie viel geben Deutsche für Weihnachtsgeschenke aus? Ausgaben für Weihnachtsgeschenke (pro Person) 300 € Martin Dodenhoeft, Vorsitzender des Deutschen Fundraising-Verbandes Das ewige Rätsel Bei deutschen Spendenorganisationen gilt: Du kannst alles machen – oder alles lassen. Nur eines, das darfst du nicht: Auf einen Weihnachtsbrief an deine Förderer verzichten. Denn in den letzten Monaten des Jahres, und ganz besonders in der Weihnachtszeit, werden die meisten Spenden überwiesen. Ein entfernter Bekannter, der wusste, wo ich arbeite, sagte mir einmal: „Ich spende Euch zu Weihnachten grundsätzlich nie was. Ich weiß doch, was Ihr alle von mir wollt! In dieser Zeit bin ich eher weich gestimmt. Ich weiß, dass ich selber Geschenke kriege. Und ich überlege natürlich, was ich schenken soll. Ich sehe ja auch das Elend überall in der Welt. Eigentlich sollten alle ein schönes Weihnachtsfest haben. Wer hat, sollte deshalb geben. Und dann kommen Eure Briefe und ich denke: Das habt Ihr jetzt schlau abgepasst! Also landen die sofort im Papierkorb.“ Er hat es erklärt, warum viele Menschen gerade zu Weihnachten geben. Über christliche Traditionen hat er vielleicht nicht reflektiert, er kennt sie aber offenbar. Vielleicht gehört er zu der Gruppe, die ihre Spenden wohlüberlegt schon vorher einsetzt. Viele allerdings warten bis zum Dezember. Da hat man vielleicht Weihnachtsgeld, man sieht auch, wie man bis Jahresende auskommt. Nahezu zwei Drittel der Bevölkerung spenden allerdings gar nichts, weder in der Weihnachtszeit noch im restlichen Jahr. Da sucht man, wie mein Bekannter, nur nach einer sozialverträglichen Ausrede. 250 € 200 € 150 € 100 € 50 € 0€ 2011 2012 Fachgeschäft / Fachmarkt 2013 2014 Kaufhaus / Einkaufszentrum Sonstiges 2015 Online / Internet Discounter / Supermarkt Quelle: Ernst & Young Dies