+3 Magazin März 2020 | Page 18
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WIR FRAGEN:
WIE FINDEN STARTUPS UND
MITTELSTAND ZUSAMMEN?
... und was ist
Ihre Meinung?
www.plus-drei.de
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Der aktuelle Weltrekord für die größte Freifall-Formation
liegt derzeit bei 400 Springern und wurde bereits 2006 in
Thailand aufgestellt.
Quelle: Fédération Aéronautique Internationale
© iStock./Mauricio Graiki
Olaf Scholz,
Bundesminister
der Finanzen
Fruchtbare Verbindung
Der deutsche Mittelstand ist nach
wie vor das Rückgrat für den Wohl-
stand in unserem Land. In jüngerer
Zeit gewinnen innovative Startups
und neue Geschäftsmodelle infolge
der Digitalisierung an Bedeutung für
die wirtschaftliche Entwicklung. Des-
halb ist es wichtig, dass Startups und
unsere mittelständische Wirtschaft
besser zueinanderfinden, damit wir
in Deutschland und Europa unsere
Innovationsfreude und Wettbewerbs-
fähigkeit erhalten können. Eine sol-
che Verbindung nutzt beiden Seiten:
Startups profitieren von der Erfah-
rung und den Kundennetzwerken der
etablierten Unternehmen – und der
Mittelstand erhält wichtige, frische
Impulse sowie den Zugang zu neuen
Technologien und hochqualifizierten
Fachkräften. Dieses Potenzial sollten
wir stärker nutzen. Die Bundesregie-
rung unterstützt bereits mit verschie-
denen Vorhaben die Kooperation und
Netzwerkbildung von Startups und
dem etablierten Mittelstand. Und
wir wollen die Rahmenbedingungen
für den Mittelstand und für Startups
in unserem Land weiter verbessern.
Hierzu zählen unter anderem erheb-
liche Investitionen in den Ausbau
der digitalen Infrastruktur, attrak-
tive steuerliche Anreize durch das
neue Forschungszulagengesetz sowie
weitere Verbesserungen der Finan-
zierungsbedingungen für Startups.
Gerade sind wir dabei, den im Koali-
tionsausschuss beschlossenen Beteili-
gungsfonds für Zukunftstechnologien
auf den Weg zu bringen und die Mit-
arbeiterbeteiligung zu stärken.
Joël Kaczmarek,
Business-Podcaster
Mit Empathie zum Ziel
Wir sind das Volk der Ingenieure,
arbeiten akribisch und planen lie-
ber einmal zu viel als zu wenig. Kli-
schees, die uns allen geläufig und ein
bisschen wahr sind. Doch was davon
verträgt sich mit der Startup-Kultur,
die auf schnelles Lernen und Weiter-
entwickeln setzt? Startups und Mittel-
ständler halten spannende Potenziale
füreinander bereit – schöpferische
Zerstörung auf der einen und gewach-
sene Prozesse und Lösungen auf der
anderen Seite. Mittelständler können
mit Startups ihre Innovationspipeline
und ihr Geschäftsmodell entwickeln,
Startups demgegenüber erfahren Zu-
gang zu tiefem Marktwissen, Prozes-
sen und einer breiten Kundenbasis.
Wären da nur nicht die Unterschiede
in Kultur, Geschwindigkeit und Expe-
rimentierfreude, die Reibungsverluste
erzeugen. So mancher Mittelständler
setzt auf ein gewachsenes Geschäfts-
modell, das zu disruptieren oft große,
kurzfristige Abstriche bei unklarer
Gewinnchance bedeutet. Startups rei-
ben sich dagegen an den Strukturen
des gewachseneren Partners auf. Am
Ende steht Frust auf beiden Seiten.
Sollen diese Potenziale erschlossen
werden, bedarf es Empathie auf bei-
den Seiten für die Erwägungen und
Eigenheiten des jeweils anderen. Da-
neben die Bereitschaft, sich auf neue
Entwicklungen einzulassen und diese
in möglichst kleinen Portionen anzu-
gehen. Am Ende entscheidet häufig
der Überlebenswille, denn für nahezu
jeden Branchenteilnehmer gilt es, sich
neu zu erfinden oder womöglich von
der Bildfläche zu verschwinden.