+3 Magazin Mai 2015 | Page 6

+1 6 › Anton Bachl, Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Sinnvoll investieren Zeit ist das, worüber Strafgefangene im Überfluss verfügen, und so stellt sich die Frage, wofür sie die Zeit sinnvoll nutzen können. Um es vorwegzusagen: Zeit dient im Strafvollzug leider immer noch viel zu wenig der Resozialisierung. Trotzdem gelingt es bereits heute, dass die Mehrheit der Entlassenen entweder „geringfügiger“ oder gar nicht mehr straffällig wird. Doch mehr ist möglich: Jede intensive Betreuung, die eine sinnvolle Nutzung von Zeit ermöglicht, bedeutet einen Zugewinn an Sicherheit während und nach der Haftzeit. Jede verhinderte Straftat birgt keine Opfer und verursacht erheblich weniger Kosten als der Strafvollzug. Derzeit werden die Strafen viel zu statisch verhängt und gehandhabt. Die Strafzeit sollte aus einem festen Sühneteil und einem erfolgsabhängigen, flexiblen Resozialisierungsteil bestehen. Diese Zweiteilung der Haftstrafe ist im Strafgesetzbuch leider so nicht verankert. Gefangene sollten ihre Haftzeit dazu verwenden, sich mit ihren Taten auseinanderzusetzen und an therapeutischen Behandlungsmaßnahmen teilzunehmen. Wenn die Sühnezeit abgelaufen ist und der Gefangene die Zeit genutzt hat, um eine gute Sozialprognose zu erhalten, sollte er entlassen werden können. Denn bei entsprechend guter Prognose ist eine Inhaftierung eher kontraproduktiv. Ich bin überzeugt, dass dadurch der Strafvollzug erfolgreicher als bisher gestaltet werden kann und dadurch insgesamt an Bevölkerungsakzeptanz gewinnt. Karlheinz Geißler, Zeitforscher Zeit ist Honig Der Mensch hat Zeit. Er muss nichts dafür tun. Täglich kommt neue nach. Er muss aber etwas tun, um keine Zeit zu haben. „Zeit ist Geld“ – Benjamin Franklins Erfolgsformel aus seinen „Ratschlägen an einen jungen Kaufmann“ – steht dagegen für die hektische und maßlose Suche nach mehr Tempo und immer mehr Geldund Güterwohlstand. „Verschwende weder Zeit noch Geld, sondern mach das Beste aus beidem“, mahnt dieser in seinem Traktat. Was aber, wenn das Beste gar nicht in Geld verrechenbar ist? Was, wenn „Time“ nicht „Money“, sondern „Honey“ wäre? Dann hätten die wichtigsten Dinge und Zeiten des Lebens keinen Preis, wäre die Zeit, was sie ja auch ist, ein Lebens- und kein Zahlungsmittel. Die Zeiten der Liebe, der Freundschaft, des Genusses und des Geschmacks, die Luft, die Sonne, das Wetter, das Vertrauen, die Zuneigung und viele andere Zeiten mehr, sie alle sperren sich gegen ihre Verrechnung in Geld. Folgt man den „Zeit-ist-Geld“-Imperativen wird die „Liebe auf den ersten Blick“ zur Zeitsparstrategie, die Tiefkühlpizza zur Familienmahlzeit und der Klappentext zum Ersatz für die zeitaufwändige Romanlektüre. Wer in der Zeit ein monetäres Gut sieht, wird blind für die Farben und taub für die Töne der Zeiten, wird diese weder schmecken noch genießen können. Es ist Zeit, die Zeit aus ihrer Umklammerung durch das Geld zu befreien, um ihr ihre honigsüßen Qualitäten wiederzugeben. Evita H., Leserin KINDER, WIE EURE ZEIT VERGEHT Zurück zu den Anfängen ZEIT WIRD VON VERSCHIEDENEN ALTERSGRUPPEN UNTERSCHIEDLICH WAHRGENOMMEN. EINE MÖGLICHE ERKLÄRUNG: JE MEHR NEUES UND EMOTIONALES EIN MENSCH ERLEBT, DESTO MEHR PRÄGT SICH IM GEDÄCHTNIS EIN. UND JE MEHR ZU EINER ZEITSPANNE IM GEDÄCHTNIS ERINNERT WIRD, UMSO LÄNGER WIRD DIESE IM NACHHINEIN WAHRGENOMMEN. sehr schnell Quelle: Wittmann & Lehnhoff 2005 Wie schnell verläuft Ihr tägliches Leben? Wie schnell verging das letzte Jahr für Sie? Wie schnell vergingen die letzten 10 Jahre für Sie ? sehr langsam Alter 14-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-94 DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Felix Walchshöfer, Geschäftsführer TEAMCHALLENGE Nehmt euch die Zeit! Zeit ist für einen Selbstständigen immer knapp und deshalb ein kostbares Gut. Trotzdem habe ich mir letztes Jahr die Zeit genommen, an der Triathlon-Veranstaltung DATEV Challenge Roth teilzunehmen. Ich wollte wissen, was die Athleten fühlen, wenn sie über den berühmten Solarer Berg fahren, wollte das Rennerlebnis und die besondere Challenge-Atmosphäre endlich einmal selbst spüren. Ja, ich wollte auch einmal Athlet sein und nicht „nur“ Veranstalter. Das war natürlich mit einem sehr hohen Trainingsaufwand verbunden, denn Triathlon besteht ja aus drei Sportarten: Schwimmen, Radfahren und Laufen. Dabei ist die Organisation des Events, immerhin des weltgrößten Triathlon-Wettkampfs auf der Langdistanz, längst zum Ganzjahresprojekt geworden. Vor allem in den letzten Wochen vor dem Rennen – also genau dann, wenn am meisten trainiert werden muss – steuern auch die Vorbereitungen für den Wettkampf auf ihren Höhepunkt zu. Seither weiß ich, was eine echte Doppelbelastung ist. Aber wenn man einigermaßen strukturiert ist und ein gutes Team hinter sich hat, findet man auch die Zeit – man muss es nur wollen. Jedenfalls bin ich glücklich darüber, mir die Zeit genommen zu haben. Im Nachhinein kann ich sagen: Mit dieser Erfahrung habe ich mir selbst ein wunderbares Geschenk gemacht. Denn ich habe gelernt, wie wichtig es ist, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Für mich war dieser „Time-Out“ Luxus pur! Wer hat noch Zeit? Bei dieser Frage musste ich augenblicklich an den Klassiker „Momo“ von Michael Ende denken und an die grauen Männer, die die Zeit stehlen. Ich denke, dieser Roman ist eine wunderbare Metapher für den heutigen Umgang mit der Zeit. Geht man etwa in ein Schulzentrum, s o sieht man, wie die Kinder bei schönem Wetter in der Pause fröhlich auf dem Schulhof spielen. Betrachtet man aber die Mittelstufe, fällt auf, dass kaum welche auf dem Schulhof sind; viele sind im Gebäude, reden oder machen Hausaufgaben. Doch wo ist die Oberstufe? Die sind allesamt im Gebäude, machen Hausaufgaben, lernen, nur um am Nachmittag noch ein wenig Zeit zuhause zu haben. Mit zunehmendem Alter verlässt nicht nur die Energie unseren Körper, sondern auch die Zeit – erst schnell und dann immer langsamer. Wieso kann sich nicht jede Person auf dieser Welt etwas von den Kindern abschauen? Wir leben in einer solch ernsten Welt ohne Zeit, nur weil wir uns vormachen, dass wir uns mehr auf die Arbeit konzentrieren müssen. Spaß? Nur wenn man Zeit hat! Ich sage nur: Versucht ein Kind zu sein! Geht hinaus und seid Momo! Die grauen Männer, der Alltag, soll euch nicht davon abhalten, mal etwas anderes zu tun, etwas, was vielleicht Spaß machen könnte! Denn die einzigen, die heute noch Zeit haben, sind Kinder. Deshalb sollte man das Kindliche, sei es auch noch so klein, immer in sich bewahren. Randulf Präter, Leser „Willst du was gelten, mach dich selten!“ Stets tun, als hätte man keine Zeit. Und so verbauen wir uns oft genug die Chance auf schöne gemeinsame Momente.