+3 Magazin Mai 2014 | Page 16

RÜCKBLICK 16 MAI 2014 Seit Jahrhunderten herrschen Sultane und Könige in Marokko. Ein traditionelles Land also? König Mohamed VI. trägt Anzug, fährt Jetski und ist Großunternehmer. Ein moderner Monarch? An Feiertagen legt Mohamed VI. die Djellaba an und grüßt vom Pferderücken sein Volk. An der Person des Königs wird deutlich: Marokko ist gespalten zwischen Tradition und Modernität. Traditionelle Regeln bestimmen in vielen Landesteilen die Lebensweise der Menschen. In den Großstädten aber wachsen Wirtschaft und Infrastruktur, das Leben beschleunigt sich und die alten gesellschaftlichen Muster verlieren ihre Bindekraft. Durch Bevölkerungswachstum, Globalisierung und den Arabischen Frühling sind die traditionellen Strukturen unter Druck geraten. Der König hat mit Reformen reagiert, vor allem in der Wirtschaft. Zugleich tragen seine Symbolpolitik und seine Machtfülle als Staatschef und „Führer der Gläubigen“ den traditionellen Kräften in der Gesellschaft Rechnung. Definiert man Modernität als positive Grundhaltung gegenüber Veränderung, und Traditionalität als den Wunsch, an Bewährtem festzuhalten, so sucht der König die Synthese: Bewährtes durch Veränderung erhalten. Dies kann zunächst gelingen, Tradition und Modernität sind keine Gegensätze. Doch das Gleichgewicht ist fragil. Ob Monarchie und Tradition im fortschreitenden Modernisierungsprozess überflüssig werden oder als Stabilitätsanker in Zeiten neuer Unsicherheiten eine veränderte Bedeutung gewinnen, werden die kommenden Jahre zeigen. Katrin Sold, Nordafrika-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) Um ein traditionsreiches Unternehmen erfolgreich zu führen, bedarf es nicht nur dem Mut in die Fußstapfen der Eltern zu treten, man darf beim Erhalt der Grundwerte die Weiterentwicklung und Anpassung des Unternehmens an zukünftige Bedürfnisse des Marktes nicht aus den Augen verlieren. Die Gerüstbau Dostmann GmbH hat ihren Ursprung in einem Zimmereibetrieb, den der Zimmermann Ernst Dostmann um 1645 in Wertheim gründete. Das Außer- Mode ist heute. Das Heute gestaltet die Zukunft. Tradition ist die Mode des Gestern im heute. Solange das Heute keine besseren Ideen zur Mode von Gestern entwickelt, entwickeln kann oder will, bleibt die Mode von gestern unter dem Namen Tradition die Mode von heute und gestaltet Zukunft. Tradition ist also das, was die Mehrheit, ohne die es keine Mode gibt, aus der Vergangenheit mitnehmen will. Ein zutiefst demokratischer Prozess. Und daher höchst modern. gewöhnliche daran ist, dass der Name erhalten blieb und es immer einen Nachfolger in der Familie gab, der die Tradition fortführte. Michael Maresch Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Willy-Peter Dostmann die Zimmerei wieder auf und sah in den 1950er Jahren die Chance im branchennahen Gerüstbau. 1962 erfolgte der Wechsel zum Gerüstbau und entwickelte sich bis heute zu einem der führenden Unternehmen im Industrie- und Sondergerüstbau tätigen Unternehmen der Region. Möglich ist dies nur durch ständige Modernisierung, Weiterbildung und Engagement für die gesamte Branche. Ist in einigen Bereichen ziemlich aus der Mode gekommen, in anderen erleben wir eine Renaissance, wie z.B. Mundart, Karneval oder Oktoberfest. Frank Dostmann Christian Mausbach In unserer modernen Gesellschaft muss sich m. E. nach alles, also auch Tradition, individuell bewähren! Wenn ich selbst den Wert einer Tradition erkannt habe und schätze, wird mir daran liegen, diese Tradition zu erhalten. So beispielsweise im familiären Bereich die Tradition des gemeinsamen Essens und Feierns. Auch so genannte Übergangsrituale, wie etwa die Konfirmation o. ä., sind hilfreiche Brücken, um persönliche Entwicklungsschritte gemeinschaftlich zu unterstützen. Traditionspflege wirkt so einerseits der Vereinzelung entgegen und braucht doch andererseits die Überzeugung des Einzelnen zur Erhaltung. Traditionen müssen individuell auf Sinnhaftigkeit geprüft werden. Bewährtes bleibt! Tradition ist das Weitergegebene. Solange die Anforderungen der Welt gleich bleiben, funktioniert Tradition prima. Wo sich die Welt aber ändert, entsteht immer wieder ein Spannungsverhältnis zwischen Tradiertem, aus der Vergangenheit weitergegebenem Verhalten, und den Anforderungen einer veränderten Gegenwart. In solchen Fällen muss eine Tradition verändert, angepasst oder aufgegeben werden. Die Tradition, Götter mit Menschenopfern zu besänftigen, wurde zum Beispiel weitgehend aufgegeben (auch wenn manche das bezweifeln). Es ist nicht vorher- zusagen, welcher Teil unserer Traditionen morgen noch modern, also der Zeit angepasst ist, und welcher nicht mehr modern ist, weil er keine angemessene Antwort mehr auf die veränderten Anforderungen gibt. Trifft ein Mensch in seinem Lebensvollzug also auf eine neue, ihm noch unbekannte Anforderung, lohnt es sich durchaus zu schauen, ob die Tradition vielleicht eine Antwort, einen Hinweis auf hilfreiches Verhalten gegenüber dieser Anforderung bereithält. Wenn das der Fall ist, kann er sich getrost bei seinen Vorfahren einreihen und sich traditionell verhalten. Hartmut Ayrle