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Eberhart Liesching,
Leser
Das Denken umstellen
Der Bedarf an Energie auf diesem
Erdball wächst stetig. Langsam, aber
sicher wächst sogar der Bedarf an
ihrer Sauberkeit. Das erstgenannte
Bedürfnis könnte ruhig langsamer
wachsen, das zweitgenannte schneller,
überall – allen Bewohnern dieser
Erde zuliebe. Zu bewerkstelligen
ist dies nur mit einer Änderung des
Bewusstseins der meisten Menschen.
Atom-, Kohle- und Ölstrom sind dreckig
und unsicher, das ist eine Tatsache
– das denkt jedoch nicht jeder.
Frank Zichter, Leser
Sichere und bezahlbare Energie muss
fair sein und weder Mensch noch Natur
ausbeuten. Grüne Energie ist leider
ein ausgebrannter Begriff, obwohl
das die Zukunft und die Antwort auf
die Frage ist. Wenn alle anfangen
würden und könnten, sich autark mit
Energie zu versorgen, würde das die
Umwelt zusätzlich entlasten. Wenn
ich mich um meinen eigenen Strom
kümmern muss, dann kann ich diesen
auch sicher und bezahlbar gestalten.
Wasserkraftwerke, Windräder und
Solarstromflächen erzeugen sauberen
Strom. Dass diese jedoch als so hässlich
empfunden werden, liegt hauptsächlich
an der Sichtweise. Um die
kilometerlangen Reihen von Hochspannungsmasten
bis an den Horizont
kommen wir nicht herum, wenn
überall Strom hinsoll. Stromsparen
ist auch effektiv und die sauberste
Stromquelle überhaupt, aber leider
noch nicht stark genug im Bewusstsein
verankert. Für diese Bewusstseinsänderung
sollten sich Menschen
aller Couleur einsetzen: vom einfachen
Arbeiter bis zum Präsidenten.
In allen muss das Bedürfnis nach sauberer
Energie eingepflanzt sein.
Andreas Kuhlmann,
Vorsitzender der
Geschäftsführung
Deutsche Energie-Agentur
(dena)
Mehr Engagement
wagen
Eine sektorenübergreifende Energiewende
funktioniert wie ein umfassendes
Investitions- und Innovationspaket:
Sie setzt Anreize für
Klimaschutztechnologien, kurbelt
Industrie und Dienstleistungen an
STROMMIX Fast die Hälfte kommt aus erneuerbaren Energiequellen
120.00
110.00
100.00
90.00
80.00
70.00
60.00
50.00
40.00
30.00
20.00
10.00
0.00
Gas
52,70
Öl
1,52
Kernenergie
70,99
Braunkohle
101,92
Fossile/Kernenergie: 276,9
und schafft so Beschäftigung entlang
der Wertschöpfungskette. Dabei beschränkt
sich die Investitionsnachfrage
nicht auf die typischen Felder
der Energiewende, sondern setzt
Impulse in verschiedensten Wirtschaftssektoren.
Hier profitiert die
Stahlindustrie von den Bestellungen
der Windindustrie ebenso wie der
Handwerksbetrieb in der Nachbarschaft,
der eine Solaranlage aufs Dach
oder eine Wärmepumpe in den Keller
baut. Erneuerbare-Energien-Technologien
sind zudem ein kontinuierlich
starker Exportfaktor. Klimaneutralität
bis 2050? Wird erreicht, wenn
alle Knöpfe in die richtige Richtung
Steinkohle
49,77
Wasserkraft
19,43
Biomasse
45,48
Wind
127,23
Erneuerbare Energie: 238,7
Solar
46,54
Netto-Stromerzeugung in Terawattstunden;
Nicht abgebildet: Andere Quellen (3,04 Terawattstunden)
Quelle: Fraunhofer ISE
gedreht werden. An den passenden
Rahmenbedingungen hakt es vielfach
noch, was zu unnötigen Kosten führt.
Zudem verzögert dies den Umbau auf
die modernen und klimafreundlichen
Technologien und Infrastrukturen.
Die Energiewende muss zusammen
gedacht werden, schließlich bedingt
vielfach das eine das andere. Ein
deutlich engagierterer Ausbau der erneuerbaren
Energien ist grundlegend
– nicht nur für die Stromversorgung
in Haushalt und Industrie. Er wird
auch zunehmend für andere Bereiche
gebraucht: für mehr batterieelektrische
Fahrzeuge, Wärmepumpen und
zur Wasserstoffproduktion.
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DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
WIE DIE USA DIE ENERGIESOUVERÄNITÄT
EUROPAS TORPEDIEREN
Ulrich Lissek,
Head of Communications
and Governmental Relations,
Nord Stream 2 AG
Der US-Senat plant einen erneuten Angriff auf Europas
Energiesouveränität. Nach einem jetzt vorgelegten
Gesetzentwurf sollen nahezu alle Leistungen
zur Verlegung der noch ausstehenden 150 Kilometer
von Nord Stream 2 sanktioniert werden. US-Senatoren
drohen mit „sofortigen und vernichtenden amerikanischen
Sanktionen“ an die Adresse dutzender
Unternehmen aus mehr als zwölf europäischen Ländern,
die am Pipelineprojekt beteiligt sind, was nach
einer aktuellen Umfrage von Zukunft Erdgas von
80 Prozent der Deutschen klar abgelehnt wird.
Energieunternehmen aus Österreich, Deutschland,
Frankreich und den Niederlanden haben zusammen
rund fünf Milliarden Euro in das Projekt
Nord Stream 2 investiert. Diese würden ebenso infrage
gestellt wie Milliardeninvestitionen in Anbindungsleitungen
durch Deutschland und Tschechien.
Der erneute Vorstoß der USA ist eine klare Missachtung
internationalen Rechts und der europäischen
Verbraucher, die mit Milliarden pro Jahr die Zeche
für vor allem teureres Flüssigerdgas (LNG) zahlen,
wenn diese Pipeline nicht fertiggestellt wird (siehe
Grafik). Die europäische Gasproduktion wird sich in
den nächsten 15 Jahren halbieren, der Importbedarf
steigt. Nord Stream 2 kann einen Teil der Lücke füllen,
im Wettbewerb mit anderen Lieferanten und Infrastrukturbetreibern.
Gutachter von Frontier Economics
und dem Energiewirtschaftlichen Institut an
der Universität Köln (EWI) haben jüngst bestätigt,
Mehrkosten für europäische Verbraucher
im Falle der Blockade von Nord Stream 2
Quelle: EWI
dass Nord Stream 2 die Versorgungssicherheit aufgrund
der weiteren Diversifizierung der Transportrouten,
der Vermeidung von Transitrisiken und der
Anbindung neuer Gasfelder stärkt. Zudem fördern
große Mengen kostengünstigen Gases den länderübergreifenden
Wettbewerb. Des Weiteren soll die
Pipeline die emissionsintensive Kohle im Energiemix
ersetzen. Tatsächlich könnten so CO 2 -Emissionen
von 40 Millionen Pkws pro Jahr eingespart werden,
sofern der Strom mit Gas aus Nord Stream 2
statt mit Kohle produziert wird.
EU-Politiker haben die US-Sanktionen gegen
Nord Stream 2 verurteilt und als Verstoß gegen das
Völkerrecht bezeichnet. Die Folgen haben nicht
nur eine wirtschaftliche Dimension, sondern stellen
schon heute eine Beschädigung der transatlantischen
Beziehungen dar. Heute geht es „nur“ um
eine Pipeline, morgen um Autozölle, übermorgen
um Stahl. Europas Souveränität steht mehr denn
je auf dem Spiel. Diese gilt es nun zu verteidigen.
Dazu braucht es ein deutliches Signal aus Europa.
Mehr Informationen unter: www.nord-stream2.com